Regensburg
Fotos aus der Zeit um 1900

Einem Zufall ist es zu verdanken, dass die Fotografien von Auguste Städele im Allgäu gefunden wurden.

19.11.2021 | Stand 15.09.2023, 22:56 Uhr
Tino Lex
Dr. Andreas Kuhn (li.) und Dr. Albrecht A. Gribl erläuterten die Ausstellung. −Foto: TINO LEX

Auf einem Speicher entdeckten Studenten der Universität München in einer Holzkiste rund 530 Fotografien auf verschiedenen Formaten gebannt. Schon etwas früher waren die professionellen Fotografien der Gebrüder Fritz und Eugen Heimbucher im Keller des Familienbesitzes gefunden worden.

Die Bäuerin Städele war Autodidaktin und setzte ihre Familie – meist die Mutter –, Freunde, Dorfbewohner und Kinder ein ums andere Mal gekonnt in Szene. Die Zeit um 1900: Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Kunst stürmen ungeahnten Neuerungen entgegen. Das Alte lebt noch, gerade in Dorf und Kleinstadt. Aber Strom, Motoren und Mode verbreiten sich rasch bis in die Alpentäler.

Im Allgäu halten Fotopioniere das noch Gewohnte, lieber aber schon das Neue fest; in Missen die Bäuerin Auguste Städele, im Marktflecken Sonthofen die Fotografen-Brüder Fritz und Eugen Heimhuber. Das aufstrebende Medium Fotografie wird zum Zeitzeugen.

Doch zu fotografieren war damals ein harter Job: Jede Aufnahme musste wohl überlegt werden, denn man hatte nur einen Schuss und der musste in der Regel sitzen. Zwar konnte man die Bildaufnahmeplatte drehen, doch dazu musste erst eine Holzplatte die belichtete Glasplatte vor Licht schützen.

Heute zückt man das Handy, drückt mehr oder weniger gedankenlos drauf und das war’s. Gefällt es, wird es gespeichert, wenn nicht: löschen – so einfach. Und leider auch nichts mehr Besonderes.

Das Haus der Bayerischen Geschichte lud im Foyer des Museums zum Presserundgang mit Dr. Andreas Kuhn, verantwortlicher Referent für das Projekt, und Dr. Albrecht A. Gribl, der das Haus der Bayerischen Geschichte bei der Konzeption der „Fotopioniere im Allgäu“ maßgeblich unterstützt hat. Die Sonderausstellung, die noch bis 20. März geöffnet hat, widmet sich dem ungleichen Paar: der vermutlich ersten fotografierenden Bäuerin und den beiden Sprösslingen eines „Königlich Bayerischen Hofphotographen“.

Obwohl sie nur 15 Kilometer Luftlinie getrennt voneinander tätig sind, könnten die Unterschiede kaum größer sein. Zu sehen sind lustige, bewegende Fotodokumente in allen Lebenslagen – von Wintersport über inszenierte Portraits bis hin zu Bildern aus dem Leben der Menschen mit ihren Tieren (Hunde oder Kühe). Die „Bayerischen Fotopioniere“ verstehen sich als Ergänzung zur Bayerischen Landesausstellung „Götterdämmerung II – Die letzten Monarchen“, die noch bis 16. Januar 2022 im Museum am Donaumarkt zu sehen ist. Im Gegensatz zur großen politischen Bühne bilden die beiden Fotobestände eine vermeintlich beschauliche Welt ab, in die das Neue hineinplatzt. Den Direktor Dr. Richard Loibl freut es, dass mit der Fotoausstellung quasi eine Tradition begründet wird. Nach der Ausstellung „Zeitlang – Erkundungen im unbekannten Bayern“ der SZ-Redakteure Sebastian Beck und Hans Kratzer ist sie die zweite Werkschau, die im Foyer des Museums kostenlos zugänglich ist. (xtl)