Coronavirus
Gäste stürmen Regensburger Biergärten

Das Leben kehrt in die Stadt zurück: Regensburger ließen sich nach der Wiedereröffnung eine Halbe im Freien schmecken.

18.05.2020 | Stand 16.09.2023, 4:48 Uhr

Es läuft perfekt“: Das Wirtsehepaar Conny und Anton Sperger ist sehr zufrieden mit der Wiedereröffnung im Spitalgarten, auch wenn nur 350 der 800 Plätze belegt werden dürfen. Foto: Koller

Auf diesen Tag habenRegensburgs Café- und Restaurantbesitzerlang gewartet: Sie dürfen ihre Betriebe wieder öffnen – sofern sie über einen Außenbereich verfügen. Darunter fallen auch Biergärten.

Die Anzahl der Gäste ist begrenzt, die Betreiber müssen sicherstellen, dass Gäste und Personal 1,5 Meter Abstand voneinander halten können. Familien und Angehörige zweier Hausstände dürfennäher beieinander sitzen. Beim Herumlaufen gilt eine Mundschutz-Pflicht, am Tisch selbst dürfen Gäste die Schutzmaske absetzen. Jeder Gastronom muss ein Hygiene-Konzept für sein Lokal vorweisen können.

Deutlich weniger Sitzplätze

Die bayerische Gemütlichkeit, wie es sie nur in den Biergärten gibt, hat den Regensburgern sichtlich gefehlt. Hunderte genießen am Montag nach der Wiedereröffnung in der „Alten Linde“, im Spitalgarten oder im Kneitinger Keller eine Halbe und einen Braten. „Die Arbeit der letzten Tage hat sich gelohnt“, sagt Anton Sperger, der stellvertretende Kreisvorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA). In Tracht und mit Mundschutz steht er zusammen mit seiner Frau Conny am Eingang des gut besuchten Spitalgartens und weist den Gästen die Plätze zu. Wegen der Abstandsregelung dürfen nur 350 statt 800 Menschen zugelassen werden.

Seit Mitte März waren die Lokale wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Zumindest in die Biergärten und Café-Freisitze ist am Montag wieder Leben eingezogen.

Vor dem Neustart haben Anton und Conny Sperger ein Hygienekonzept erarbeitet und das Personal geschult. Die Leute hätten bis auf wenige Ausnahmen verständnisvoll reagiert, sagt die Gastwirtin vom Spitalgarten.

Ein Gast lehnt die Maske ab

Nur ein Mann will keinen Mund-Nasen-Schutz tragen. Ihn belehrt sie eines Besseren. Am Tisch darf er die Maske ohnehin abnehmen. Nach den Daten der Gäste fragen die Bedienungen erst beim Bezahlen. „Wir versuchen, es den Leuten so gemütlich wie möglich zu machen“, sagt Anton Sperger. Erheben muss er die Daten, damit man im Fall der Fälle die Ansteckungskette nachverfolgen kann.

Uwe Winkler trinkt im Kneitinger Keller in Kumpfmühl ein Bier. „Das ist mir abgegangen“, sagt der 56-jährige Maurer. „Es gibt nichts Schöneres als im Sommer im Biergarten zu sitzen.“ Der Kneitinger Keller ist am Montagmittag voll. Ständig treffen neue Gäste ein. Beim Eingang bildet sich immer wieder eine kleine Schlange. Wolfgang Petzold und Lisa Weindl, die den Gasthof Steidle in der Innenstadt betreiben, warten. „Wir wollen was trinken und schauen, wie die das handhaben“, sagt das Ehepaar. Steidle, der keinen Freisitz hat, darf erst am kommenden Montag öffnen. Petzold und Weindl finden die Corona-Vorschriften, besonders die Datenaufnahme, zeitaufwändig. „Aber es hilft nichts.“ Als unter den Bäumen im Kneitinger Keller ein Tisch frei wird, lassen sie sich nieder.

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Mit dem Smartphone in der Hand hetzt Pächter Frank Gebhard hin und her. Er schaut, wo er neue Gäste unterbringen kann. Statt der üblichen 850 Plätze werden nur 225 vergeben.

Dazwischen nimmt Gebhard am Handy Reservierungen entgegen. Sein Biergarten ist für die kommenden Tage gut gebucht. „Heute Nachmittag geht nichts mehr“, sagt er zufrieden. Doch wegen der Abstandsregelung lohne sich das Geschäft lediglich, „wenn die Leute richtig essen und trinken“. Nur die Hälfte der 40 Mitarbeiter arbeitet wieder, viele sind in Kurzarbeit.

Am Montag öffnen auch einige Cafés zum ersten Mal seit Beginn der Krise ihren Außenbereich. Ein Ansturm ist nicht zu spüren. Karl von Jena ist Inhaber des Café Anna in der Gesandtenstraße und Sprecher der Altstadt-Gastronomen. „Wir freuen uns, dass es wieder losgeht“, sagt er – obwohl er aufgrund der staatlichen Regelungen auf rund 60 Prozent der Freisitze verzichten muss. Der Gastronom ist im Gespräch mit der Stadt, um mehr Plätze anbieten zu dürfen. „Wir haben Hoffnung, dass von der Stadt noch mehr kommt“, erklärt er. Die Gäste müssen Meldezettel ausfüllen, maximal sechs Personen können an einem Tisch sitzen.

Branche fordert Rettungsfonds

Der Start nach der langen Pause fühlt sich für von Jena wie eine Neueröffnung an. „Uns ist es noch nie passiert, dass wir so lang zusperren mussten“, sagt der Gastronom. Anders als das Café Anna hat das „Goldene Kreuz“ bereits gegen 9.30 Uhr aufgesperrt. Sechs Genießer gönnen sich bei strahlender Sonne Kaffee und Kuchen.

Erste Besucher empfängt auch Isak Hajzeraj von der Moccabar. Sieben Personen schlemmen dort. Normalerweise stehen vor dem Café acht Tische, wegen der Beschränkungen sind es nur vier. Hajzeraj ist dennoch froh, dass er wieder seiner „Berufung und Leidenschaft“ nachgehen kann.

DEHOGA-Kreisvorsitzender Florian Mascarello befürchtet, dass die meisten Gastronomen wegen der Abstandsregelung nicht profitabel arbeiten können. Der Chef des Dechbettener Hofs fordert einen Rettungsfonds. Zum Glück komme zumindest die von 19 auf sieben Prozent reduzierte Mehrwertsteuer, doch erst im Juli.

Zwar hätte der Gasthof Walba in Unteraiding bei Pentling eigentlich am Montag Ruhetag gehabt. „Aber wir haben geöffnet und die ersten Gäste waren auch schon da“, sagt Wirtin Evi Menzl der Mittelbayerischen. Gegen Mittag hatte sich eine Handvoll Besucher an den Biertischen niedergelassen. Und das Telefon ging im Minutentakt.

Biertische weiter auseinander gerückt

„Uns persönlich ist es in den letzten Wochen nicht schlecht gegangen. Aber natürlich mit dem Blick aufs Geschäft war das nicht ideal“, sagt Menzl. Der Walba-Biergarten bietet an normalen Tagen Platz für rund 250 Gäste. „Die brauchen wir auch nicht reduzieren – wir haben viel Fläche und mussten von unserer regulären Bestuhlung nichts einbüßen.“ Menzl und ihr Team rücken die Biertische einfach entsprechend auseinander.

Liste für Gäste liegt aus

Zwei Regensburger kamen zur Feier des Tages in Tracht nach Mariaort. „Es ist traumhaft, wieder hier sein zu können“, sagten sie. Als es noch kühl war, hätten sie den Biergarten nicht so sehr vermisst, mit dem warmen Wetter sei die Sehnsucht jedoch gewachsen. „Die zwei, drei kleinen Umgewöhnungen wegen der Auflagen nehmen wir gerne in Kauf“, waren sich die beiden Gäste einig.

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