Dissertation
Götz wehrt sich gegen Plagiatsvorwürfe

Der Unternehmer soll in seiner Doktorarbeit abgekupfert haben. „Habe ich nicht“, sagt Götz. „Ich kann alles beweisen!“

05.02.2014 | Stand 16.09.2023, 7:24 Uhr
Ein Bild aus der Zeit, zu der Karlheinz Götz seine Doktorarbeit an der Universität Oviedo abgab. Nun ist der Unternehmer wegen seiner Dissertation unter Druck. −Foto: MZ-Archiv, Christian Kober

Seit das Online-Portal „Regensburg Digital“ seine Anschuldigungen erhob, sind die Behauptungen im Raum und ziehen immer größere Kreise: Karlheinz Götz soll bei seiner Doktorarbeit getrickst haben, wissenschaftliche Arbeiten anderer für sein vermeintliches Plagiat ausgeschlachtet, überhaupt eine inhaltlich wie formal völlig unzureichende Promotions-Arbeit abgeliefert haben, den Doktortitel vielleicht sogar gekauft haben, wird da in verschiedenen Presseveröffentlichungen suggeriert. Die medialen Wellen über den „Fall Götz“ erreichten auch die Universität Oviedo in Spanien, bei der Götz im Jahr 2005 promovierte.

Ja, der Fall sei bekannt und es gebe derzeit interne Recherchen, bestätigte erst vor einigen Tagen Señor José Antonio Bron von der Pressestelle der Universität, der die MZ bereits vor Wochen einen Fragenkatalog geschickt hatte. Eine Überprüfung der Doktorarbeit von Karlheinz Götz sei dies allerdings nicht. Die Sache sei sehr komplex und kompliziert, weshalb die internen Recherchen Zeit in Anspruch nähmen.

Währenddessen wird eifrig weiter gegen Götz gefeuert. Der hat inzwischen genug und wehrt sich: Er habe die Arbeit selbst verfasst, acht Jahre (von 1997 bis 2005) berufsbegleitend daran gearbeitet, alle Zitate im Einverständnis mit der Doktormutter nicht mit Fußnoten sondern Klammern gekennzeichnet. Er habe nicht zitiert, ohne die Quelle zu nennen. Er habe nicht abgeschrieben, stellte der Unternehmer per Telefon aus Kanada der MZ gegenüber fest.

Auf die Frage, ob ihm denn bei der Abfassung der Doktorarbeit handwerkliche Fehler unterlaufen sein können, wie eine falsche Zitierweise, ist sich Götz keiner Schuld bewusst. Allerdings: „Ich habe vor fast 18 Jahren mit der Arbeit begonnen, da kann ich mich nicht mehr an jede Einzelheit erinnern.“ Das Gerücht, er habe die Arbeit womöglich gar nicht selbst geschrieben, wischte Götz vom Tisch: „Ich kann alles belegen“, sagte er am Dienstag abschließend zu seiner Autorenschaft und eigenständigen Arbeit. „Ich kann das jederzeit beweisen!“

Unterlagen und Video

Den Beweis anzutreten, scheut sich der ehemalige Chef der auf Gebäudemanagement spezialisierten, weltweit operierenden Götz-Gruppe nicht: Nach seiner Rückkehr aus Kanada im März könne er die in Regensburg gelagerten Notizen, Unterlagen und Manuskriptseiten für die damalige Doktorarbeit zum Thema „Die Entwicklung des Schulwesens in der Oberpfalz und in der Freien Reichsstadt Regensburg bis 1810 sowie in Salzburg bis 1816“ vorlegen. Das Orginalmanuskript nicht, denn das liege bei der Universität in Oviedo.

Und auch, dass er ein ordnungsgemäßes Promotionsverfahren mit mündlicher Prüfung durchlaufen hat, lässt sich beweisen, sagte sein Rechtsanwalt, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht a.D., Dr. Ralf Seidl im MZ-Gespräch: Denn Götz’ Familie war 2005 extra nach Oviedo gereist. Und Sohn Alexander Götz habe mitgefilmt, als sein Vater einen 50-minütigen Fachvortrag zum Thema der Dissertation in spanischer Sprache hielt und sich, mit Hilfe eines Übersetzers, der etwa zweistündigen Befragung durch die fünf Prüfungskommissionsmitglieder stellte. Auch dieses Video könne als Beweis beigebracht werden.

„Es ist so, dass ich mich wahnsinnig geärgert habe,“ sagte Götz über die Veröffentlichungen zum vermeintlichen Plagiats-Fall. Er habe bis dahin gar nicht gewusst, dass das genannte Online-Portal existiert. Aber die Vorgehensweise des Autors empfindet Götz als unseriös. So habe sich der Autor der vermeintlichen Enthüllungsstory, Robert Werner, bei ihm kurz vor Weihnachten als Heimatforscher vorgestellt, der deshalb an seiner Doktorarbeit interessiert sei. Werner habe einen Fragenkatalog geschickt – aus dem Götz seiner Einschätzung nach unschwer die Absicht herauslesen konnte, dass seine Doktorarbeit diskreditiert werden sollte. „Ich habe das so interpretiert: Die Sache stinkt!“

Dies kann der Autor, Diplom-Ingenieur Robert Werner, ein glühender Hobbyhistoriker, nicht nachvollziehen. Er habe bereits beim ersten Telefonat deutlich gemacht, dass er die Doktorarbeit besprechen wolle. Für welches Medium, habe er damals möglicherweise nicht gesagt, das sei aber auch nicht relevant, weil er zu der Zeit noch gar nicht gewusst habe, ob er in dem Online-Portal etwas über Götz veröffentlichen werde. „Ich bin ein freier Mitarbeiter. Ich sehe mich als unabhängiger, wissenschaftlicher Autor.“

Über die Motive des Autors kann Götz nur spekulieren: Als ihm die Stadt auf Vorschlag der SPD im November 2013 die Matthäus-Runtinger-Medaille verlieh, sprachen sich die beiden Stadträte Irmgard Freihoffer und Richard Spieß der Partei „Die Linke“ vehement in einer Pressemitteilung gegen den früheren Chef des K.-Götz-Blitz-Blank-Imperiums aus, den sie aus verschiedenen Gründen, unter anderem mit Verweis auf arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen, für nicht preiswürdig hielten. Götz mutmaßt nun Zusammenhänge zwischen dem Bericht des Online-Portals und der Haltung der Linken-Politiker. Auch Anwalt Seidl sieht die Verleihung der Runtinger-Medaille als Auslöser für die Vorwürfe. „Götz gilt als reich und sozialfeindlich. Ich halte das Ganze für eine Neidkampagne.“

Kein Geld für Uni Oviedo

Institutionelle Verflechtungen seiner Person mit der Universität Oviedo gibt es laut Götz nicht. Er habe als Beirat einer Wirtschaftsgesellschaft in Madrid, für die er in den 70er und 80er Jahren tätig war, zwei Professoren aus Oviedo getroffen, die ihm von der Universität vorschwärmten und ihm rieten, sich diese anzusehen. Das habe er getan, und die Uni habe ihn sehr beeindruckt. Später habe ihm die damalige und inzwischen verstorbene Vizepräsidentin der Uni vorgeschlagen, bei ihr zu promovieren. Die Universität Oviedo wird und wurde von ihm in keiner Weise finanziell unterstützt, betonte Götz: „Es ist kein Geld geflossen!“

Gerade wegen der wirtschaftlichen Verknüpfungen mit heimischen Universitäten, die häufig Kunden des Götz’schen Gebäudereinigungsunternehmens sind und im Fall der Uni Regensburg auch Nutznießer der finanziellen Unterstützung des Stifters Götz, habe sich der damalige Firmenchef ja entschlossen, nicht in Regensburg oder einer Uni in der Nähe zu promovieren, erklärte Anwalt Seidl.

Dass die zweite Doktormutter von Karlheinz Götz, Maria del Rosario Piñeiro Peleteiro, gar nicht für sein Fachgebiet zuständig gewesen sei, weil sie nur Didaktik der Geografie gelehrt habe, stimme so nicht, sagte Seidl. Als Sozialwissenschaftlerin sei die gut Deutsch sprechende Professorin auch für Geschichte und Bildungsthemen zuständig und außerdem eine Kennerin der deutschen und österreichischen Geschichte. Auf interessante Parallelen des Schulwesens in Regensburg und Salzburg habe erst Piñeiro Peleteiro ihren Doktoranden gebracht.

Was den Plagiats-Vorwurf angeht, so sind sich Götz und sein Anwalt ihrer Sache sicher. „Wir hätten nichts dagegen, wenn das überprüft wird. Aber wir rechnen nicht damit,“ sagte Seidl. Der frühere Dekan habe ihm signalisiert, die Vorwürfe seien „Unsinn“, sagte Götz. Er sei dagegen sehr erstaunt über die Aussage des emeritierten Professors für Geschichtsdidaktik, Hans-Michael Körner, der seine Arbeit in der Süddeutschen Zeitung als „grenzenlosen Stuss“ bezeichnet hatte. Seine Arbeit sei schließlich von fünf Professoren, darunter einem Österreicher, geprüft worden.

Die Bezeichnung „grenzenloser Stuss“ sei wohl etwas flapsig gewesen, sagte am Mittwoch der emeritierte Professor Hans-Michael Körner der MZ. Er habe einfach einen dicken Hals bekommen, als er die Götz’sche Arbeit zu Gesicht bekommen hatte, gerade wenn er daran denke, dass sich „normale“ Doktoranden ein bis zwei Jahre ohne Urlaub beim Quellenstudium quälen.

Professor findet Arbeit „zu dünn“

Er urteile nicht über das Promotionswesen in Spanien, betonte Körner. Auch den Begriff Plagiat hätte er nicht benützt. „Auf diese Dimension habe ich mich nicht bezogen.“ Er stellte lediglich Defizite fest, wenn man die im deutschen und bayerischen Promotionswesen üblichen Standards anlege. Und da sei das Ergebnis: Götz’ Arbeit „ist von der Sache selbst her zu dünn“.

Der quantitative Umfang entspreche nach diesen Standards vielleicht einer Magisterarbeit, aber keiner Doktorarbeit. „Das Thema selbst ist eher eine Karikatur eines Themas“, sagte Körner. Denn das Schulwesen in einem Zeitraum von den Anfängen des Christentums bis ins 19. Jahrhundert zu untersuchen, sei viel zu weit gefasst, um eine „erhebliche Tiefenbohrung mit dem erforderlichen Quellenstudium“ zu erlauben.

Seinen Ruf vom Plagiatsvorwurf reinzuwaschen, wird dennoch schwierig werden für Karlheinz Götz. Akribisch werden im Internet Überschneidungen seiner Arbeit mit anderen aufgelistet. Für den aus Regensburg stammenden emeritierten Professor Walter Fürnrohr ist klar: Götz hat von einem seiner Aufsätze und auch der Arbeit eines Kollegen passagenweise abgeschrieben – „schamlos“, bestätigte Fürnrohr am Mittwochabend gegenüber der MZ.

Was Werner an Kritikpunkten aufgeführt habe, sei richtig. „Herr Götz hat es sich sehr einfach gemacht.“ Eine Überprüfung würde wohl „plagiathafte“ Absätze offenbaren, vermutete Fürnrohr. Er selbst wolle sich dieser Aufgabe nicht mehr widmen, sagte der Wissenschaftler und verwies auf sein hohes Alter von 88 Jahren. „350 Seiten Götz zu lesen, das ist seelische Grausamkeit“, meinte der Historiker.

Eine Überprüfung der Doktorarbeit durch die Universität Oviedo könnte Klarheit schaffen. Doch in Spanien sieht man bisher keine Veranlassung.