Ausbildung
„Hauswirtschaft“ als berufliche Chance

Geprüfte Hauswirtschafterin werden und ein zweites Standbein haben: Zwei Frauen erzählen, wie sie das Studium schafften.

13.07.2015 | Stand 16.09.2023, 7:06 Uhr
Angelika Lukesch
In der Prüfung zur Hauswirtschafterin müssen die Prüflinge auch Fertigkeiten in der Textilpflege beweisen. −Foto: Fotos: Lukesch

In diesen Tagen zittern Roswitha Gabler aus Hohenschambach und Sidonia Scheugenpflug aus Regensburg vor der praktischen Prüfung in Hauswirtschaft. Die schriftlichen Prüfungen haben sie erfolgreich hinter sich gebracht, nun teilt der Prüfungsausschuss jeweils an einem Montag eine Aufgabe zu, die sie am Mittwoch in den Räumen des Beruflichen Schulzentrums Regensburger Land in einer vorgegebenen Zeit schaffen müssen. Und was sich so leicht schreibt, ist in der Realität gar nicht einfach. „Die Prüflinge müssen sich zum Beispiel ein dreigängiges Menü für vier Senioren ausdenken, das regionaltypisch sein muss, sowie die Tischdekoration dazu.

Dies alles muss schriftlich niedergelegt sein und begründet werden. „Die Abläufe zur Zubereitung der Speisen und zur Schaffung der Dekoration müssen auf die Minute genau angegeben und dann auch so durchgeführt werden“, sagt Juliane Sichelstiel, Leiterin der Landwirtschaftsschule / Abteilung Hauswirtschaft am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Regensburg. Der Zeitdruck, gibt Sidonia Scheugenpflug an, sei das Schlimmste.

Titel nach einem Semester

Roswitha Gabler und Sidonia Scheugenpflug stehen mit ihrer Prüfung am Ende des so genannten einsemestrigen Studiengangs Hauswirtschaft, den die Landwirtschaftsschule, Abteilung Hauswirtschaft, für die Teilnehmer kostenfrei durchführt. Das Besondere daran: die Ausbildung kann, da sie in Teilzeitform stattfindet, mit Familie, Haushalt und sogar mit einer Berufstätigkeit vereinbart werden. Mit dem Abschluss hat der Teilnehmer schon den Titel „Fachkraft für Ernährung und Haushaltsführung“ erlangt, mit der Prüfung erwerben die Frauen den noch höherwertigen Titel „Staatlich geprüfte Hauswirtschafterin“ dazu. Außerdem haben sie damit auch die Qualifikation für eine Meisterausbildung in der Tasche. Roswitha Gabler (43) hat zwei Kinder (18 und 22, wohnen noch zuhause) und war früher bei Siemens angestellt.

Seit 22 Jahren hat sie sich der Familie gewidmet, ein Einstieg in ihren vorherigen Beruf schien ihr unmöglich. Außerdem wollte die Hohenschambacherin sowieso lieber etwas anderes machen, denn das Kochen und die Haushaltsführung insgesamt machen ihr einfach Spaß. „Ich habe mich auch für die Theorie interessiert, was Lebensmittel betrifft, und ich probiere auch gerne etwas Neues aus. Von dieser einsemestrigen Teilzeitausbildung erfuhr ich aus der Zeitung und dachte mir, dass ich das gerne machen will“, erzählt sie. Ermutigt von Ehemann und Kindern stürzte sie sich in das Abenteuer und „es hat genau dem entsprochen, was ich mir vorgestellt habe. Ich musste mich nur erst wieder daran gewöhnen, mich hinzusetzen und zu lernen.“ Wenn sie die Abschlüsse in der Tasche hat, will sie noch einen Übungsleiterlehrgang in Sport machen und sich dann in Richtung Altenheime orientieren. Dort, so schwebt ihr vor, kann sie als Hauswirtschafterin arbeiten und für die Senioren Sport anbieten.

Hausfrau aus Leidenschaft

Auch Sidonia Scheugenpflug (43), Mutter einer zehnjährigen Tochter, hat früher bei Siemens gearbeitet und wegen der Familie dreieinhalb Jahre Pause gemacht. In ihrer Elternzeit sei ihr Ernährung, vor allem die ihrer Tochter, sehr wichtig geworden und sie habe vieles zu diesem Thema hinterfragt. Außerdem habe sie interessiert, ob die Art ihrer Haushaltsführung eigentlich richtig sei. Im Radio hörte sie von dem einsemestrigen Studiengan und meldete sich dann dafür an, sobald es ging. „Ich war sehr glücklich, als ich genommen wurde und es hat meine Erwartungen übertroffen. Es sind so viele interessante Themenbereiche, auch solche, von denen der Laie meint, dass es gar nichts mit Hauswirtschaft zu tun habe“, erzählt Scheugenpflug. Die vielen Lehrfahrten und Einblicke, die sie als Verbraucher im Laufe dieses Studiengangs machen konnte, hätten ihr sehr viel Wissen eingebracht.

„Ich hatte nur Lieblingsfächer! Deswegen will ich mich nach meinem Abschluss auch weiterbilden. Ich möchte gerne den Lehrgang für die Meisterausbildung machen“, kündigt Scheugenpflug an. Auch sie wurde von ihrer Familie sehr stark unterstützt. Letztendlich habe ihr Mann den Funken entfacht. „Kochen und Haushalt ist deine Leidenschaft, hat er gesagt. Macht doch was draus!“ Roswitha Gabler und Sidonia Scheugenpflug sind von Herzen überzeugt vom einsemestrigen Studiengang zur Hauswirtschafterin. Es gäbe so viel zu lernen, von dem man profitieren könne, und außerdem betonen beide: „Es ist ein wunderbares Gefühl, noch einmal etwas Neues zu lernen und einen neuen Beruf zu ergreifen – auch wenn man schon älter ist.“