Umwelt
Lastenrad-Prämie reizt Regensburger

Grüne wollen sauberes Fahren fördern und ernten Häme. In der Domstadt sind E-Bikes beliebt, doch die Infrastruktur fehlt.

27.08.2021 | Stand 16.09.2023, 0:54 Uhr
Florian Schmidt hat am Donnerstag in Prüfening ausgeliefert. −Foto: TINO LEX

Auch am regnerischen Donnerstag fahren Florian Schmidt und Anselm Schmack das Gemüse der Ökokiste Kößnach mit dem Lastenpedelec aus. Bei Nässe kleiden sie sich eben wetterfest. Schmidt rollt in Prüfening von Haustür zu Haustür und Schmack ist gerade in der Alten Nürnberger Straße unterwegs. Der 17-jährige Schüler nutzt das E-Bike gerne. Herbert Stolz, ein Regensburger Fotograf, hat das Lastenfahrrad ebenfalls für sich entdeckt. Er packt sein schweres Equipment ein: Kameratasche, Lampen und Stative. „Das ist perfekt“, sagt er. „Ich muss keine Sekunde darüber nachdenken, wo ich parke und ob ich einen Strafzettel bekomme.“

„Ich muss keine Sekunde darüber nachdenken, wo ich parke.“Herbert Stolz

Die Grünen im Bund wollen den Kauf der Räder mit je 1000 Euro Zuschuss unterstützen und damit zur Verkehrswende beitragen. Schließlich sind die umweltfreundlichen Fahrzeuge mit Preisen zwischen 3000 und 8000 Euro nicht billig. Bisher existiert – anders als beim E-Auto – keine flächendeckende Förderung für Privatleute. Für ihren Vorstoß muss sich die Umweltpartei viel Kritik gefallen lassen. Die CDU etwa sagt, die Grünen seien „weltfremd“.

Klima mit kleinen Schritten retten

Ulrich Schmack, der Lastenfahrräder mit Batterie verkauft und an einigen Standorten in Regensburg vermietet, hält dagegen. Die Förderung lenke die Aufmerksamkeit auf die Fahrzeuge. „Das Klima werden wir nur mit vielen kleinen Schritten retten“, ist der Ökopionier überzeugt. Die Anschaffung eines E-Rads sei ein echter Beitrag. „Es ist schwer verständlich, dass über den Grünen-Vorschlag so heftig diskutiert wird und nicht darüber, dass wir eine fahrradgerechte Infrastruktur aufbauen.“

Schmack betreibt das Fahrradgeschäft Feine Räder und ist allein deshalb ein Befürworter. Doch saubere Mobilität ist ihm wichtig. Der 48-Jährige schätzt die Lastenräder auch privat. „Ich bin ein Fan geworden, weil ich gesehen habe, wie leicht es in Regensburg ist, mit dem Lastenfahrrad unterwegs zu sein.“ Schmack und viele seiner Kunden wollen Autokilometer ersetzen. Seinen Verleihservice hat er auf Gemeinden im Speckgürtel wie Sinzing oder Regenstauf ausgeweitet. Herbert Stolz fragt sich heute, warum er nicht früher auf das E-Bike gekommen ist. „Ich bin in der ganzen Innenstadt schneller als mit dem Auto. Das Lastenrad möchte ich nicht mehr missen.“

Michael Heberl, wissenschaftlicher Mitarbeiter der OTH-Forschungsstelle Energienetze und Energiespeicher von Prof. Michael Sterner, findet die Zuschüsse sinnvoll. „Die eine Lösung wird es in der Mobilität nicht geben.“ Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen existiere schon eine Vielzahl an Technologien, die eine bestimmte Rolle nachhaltiger als bisher erfüllten – E-Autos, -Scooter und -Bikes. Lastenfahrräder könnten ein relevanter Baustein der Verkehrswende werden. Heberl sagt, Eltern könnten damit einkaufen und die Kinder in die Kita bringen. „So werden kurze Strecken ohne Auto bewältigt.“ In Städten wie Berlin, Hamburg und Düsseldorf sei eine Förderung angeboten und immer schnell ausgeschöpft worden. Auch Regensburg unterstützt die Räder. 2020 hat die Stadt 258 Lastenpedelecs und fünf Lastenräder mit bis zu 1000 Euro (bzw. 400 Euro) bezuschusst. Wegen der hohen Nachfrage wurde das Programm verlängert.

Schmale Wege, wenig Abstellplätze

Doch bei der Infrastruktur hinkt die Stadt hinterher. Ulrich Schmack fordert wie viele andere Fahrer breite Radwege, Über- und Unterführungen von großen Kreuzungen, Radparkhäuser, Ampelschaltungen, die den Verkehrsfluss für Biker beschleunigen. Vieles davon plant Regensburg, zum Teil zusammen mit den Organisatoren des Radentscheids.

An 13 Standorten sollen Radboxen und Sammelschließanlagen für Räder aufgestellt werden. Die Hälfte der 200 neuen Stellplätze wird am Hauptbahnhof entstehen – allerdings erst 2022. Wegen des Gewerbesteuereinbruchs ist laut Radentscheid-Organisatoren auch unklar, ob die angepeilten Hauptradrouten kommen werden. Immerhin wurden neun Fahrradstraßen eingerichtet.

Zuschuss:Verlängerung:
Regensburg fördert die Anschaffung von Lastenfahrrädern und -pedelecs. Lastenpedelecs sind batterieelektrische Fahrzeuge mit Tretunterstützung. Sie werden mit 25 Prozent des Nettokaufpreises gefördert, bis zu einem Höchstsatz von 1000 Euro. Auch Lastenräder ohne Akku werden mit 25 Prozent bezuschusst, der Höchstsatz liegt bei 400 Euro. Der gewerbliche Anteil beträgt bei den Lastenpedelecs etwa 15 Prozent. Lastenpedelecs und -fahrräder zählen zum Programm Elektromobilität, mit dem auch Fahrradanhänger, E-Roller und weitere Maßnahmen gefördert werden.Das Förderprogramm wurde 2020 wegen der starken Nachfrage um weitere vier Jahre verlängert. Pro Jahr stehen 250 000 Euro zur Verfügung. Im Vergleich zu 2019 sind im Jahr 2020 fast 20 Prozent mehr Anträge eingegangen.