Justiz
Netto-Überfall: Glatter Freispruch

Am Tatort in Neutraubling wurde zwar die DNA des Angeklagten gefunden. Aber dafür hatte der 39-Jährige eine Erklärung.

04.02.2019 | Stand 16.09.2023, 5:50 Uhr
Wolfgang Ziegler

Die Strategie von Rechtsanwalt Alexander Greithaner (r.) ging auf. Fotos: Ziegler

Mit einem Freispruch ging am gestrigen Montag der Prozess um denRaubüberfall auf den Netto-Getränkemarkt in Neutraublingim April vergangenen Jahres zu Ende. Obwohl am Tatort eine DNA-Spur des Angeklagten, einem 39-jährigen Mann aus Köfering, gefunden worden war, gab es letztlich Zweifel an seiner Beteiligung an dem Überfall. Darin waren sich sowohl die Vertreterin der Anklage als auch der Verteidiger des vermeintlichen Räubers, Rechtsanwalt Alexander Greithaner, und letztlich auch die 5. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Georg Kimmerl einig.

Die Version des Angeklagten, die Rechtsanwalt Greithaner zu Beginn der Hauptverhandlung im Namen seines Mandanten verlas, klang an den Haaren herbeigezogen. Demnach stehe der 39-Jährige seit vielen Jahren einem überregional agierenden Rockerclub nahe, der ihm für seine selbstständige Tätigkeit ab dem Jahr 2013 Aufträge versprochen habe – und dafür eine Gefälligkeit verlangte. Der Köferinger sollte den schweren Jungs mit den schweren Maschinen Platz in seinem Kellerabteil zur Verfügung stellen. Dort wollten sie immer wieder verschiedene Kisten deponieren, deren Inhalt ihm verborgen bleiben sollte. Er sei lediglich von einem Kontaktmann jeweils darüber informiert worden, wenn eine neue Kiste gebracht oder eine vorhandene geholt werden sollte.

Rocker liehen sich Handschuhe

Von den Rockern sei er nach seinen Worten deshalb als Lagerhalter ausgesucht worden, weil er der Vereinigung zwar gewogen, aber kein Mitglied gewesen sei. So wäre die Polizei im Falle eines Falles nicht automatisch auf ihn gekommen, so jedenfalls die Meinung der Motorradfahrer. Die Leute, die Kisten bei ihm angeliefert und abtransportiert hatten, habe er daher auch nicht alle gekannt.

Anfang 2018 habe er dann seine damalige Wohnung – trotz der Kundschaft aus der Rocker-Szene – aus finanziellen Gründen aber aufgeben müssen. Deshalb habe er seinem Kontaktmann mitgeteilt, dass alle Kisten abgeholt werden müssten. Die beiden Typen, die dazu Mitte April bei ihm vorbeigekommen seien, habe er zum ersten Mal gesehen. Sie wollten allerdings nicht nur die Behältnisse, einer habe ihn überdies nach einem schwarzen Pullover und schwarzen Handschuhen gefragt.

Er habe zwar weder das eine noch das andere gehabt, habe dem Unbekannten aber seine gebrauchten Arbeitshandschuhe angeboten, die dieser auch genommen habe. Nur so und nicht anders könne die DNA des 39-Jährigen an den Tatort gekommen sein, so Rechtsanwalt Greithaner. „Mein Mandant war jedenfallsam Tag des Überfalls nicht am Tatortund hat mit dem Verbrechen auch nicht das Geringste zu tun.“

Diese These stützte auch die Sachverständige, Dipl.-Biologin Theresa Seider, von der Rechtsmedizin Erlangen. Sie hatte die DNA-Spur, die innerhalb des Tresors gesichert worden war, untersucht und zweifelsfrei dem Angeklagten zuordnen können. Allerdings hielt sie gleichzeitig die Darstellung des 39-Jährigen für möglich. „Wenn sich an den überlassenen Arbeitshandschuhen viel DNA-Material befunden hat, kann es zu einer Sekundärübertragung gekommen sein“, so die Expertin. Mit dieser Aussage war die Strategie der Verteidigung aufgegangen.

Begründete Zweifel

Das spiegelte sich unmittelbar danach im Plädoyer der Staatsanwältin wider, die ihren Schlussvortrag mit den Worten „Dem Angeklagten lag zur Last...“ begann. Danach folgt immer der Antrag auf Freispruch – so auch diesmal. Die Tat habe dem Mann nicht nachgewiesen werden können, der Haftbefehl sei aufzuheben, Haftentschädigung zu leisten.

Das war Wasser auf die Mühlen von Rechtsanwalt Greithaner. Nach seinen Worten komme es oftmals zu schnell zu dem Rückschluss, dass am Tatort gefundene DNA direkt zum Täter führe. In diesem Fall zumindest gebe es „erhebliche Zweifel an der Tatbeteiligung meines Mandanten“.

Das sah letztlich auch die Strafkammer so. Die nahm dem Angeklagten seine Geschichte mit den Kisten des Rockerclubs zwar nicht ab – Richter Kimmerl wörtlich: „Das ist vollkommen unglaubwürdig.“ –, wollte und konnte aber nicht ausschließen, dass der 39-Jährige die von ihm getragenen und mit seiner DNA versehenen Arbeitshandschuhe tatsächlich einem der Netto-Räuber geliehen habe. „Es bleiben begründete Zweifel“, so der Kammervorsitzende.

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