Stadtentwicklung
Neues Leben im alten Schlachthof

Wo früher Regensburger Metzger ihrem Beruf nachgingen, wird ab April getagt und getanzt. Noch laufen die Sanierungsarbeiten.

01.03.2018 | Stand 16.09.2023, 6:18 Uhr

Ein Blick in das neue Marina-Forum: Wo bis 2007 ein Fleischproduzent ansässig war, beginnt im April der Veranstaltungsbetrieb. Foto: Hans Bauer/RTG

Bis Mitte der 1990er-Jahre haben an der heutigen Johanna-Dachs-Straße im Ostenviertel Metzger Vieh geschlachtet. Ein paar Jahre vorher hatte die Stadt ihren Schlachthof an ein Privatunternehmen aus der Branche verpachtet, das dort noch bis 2007 Fleisch verkaufte. Nun ist klar: Ab April beleben unter anderem Tagungen und Kulturveranstaltungen das denkmalgeschützte Ensemble, das seit 2015 saniert wurde. Das neue Veranstaltungszentrum Marina-Forum eröffnet Mitte April mit dem Festival-Wochenende „Marina Furiosa“, wie der Betreiber Regensburg Tourismus GmbH (RTG) die Mittelbayerische informierte.

Das Marina-Forum bietet auf etwa 4600 Quadratmetern Raum für verschiedenste Veranstaltungen: von Seminaren über kleine Messen und klassische Konzerte bis hin zu Galas und Bällen. Auch für private Termine wie Hochzeiten stehe es offen, sagt RTG-Sprecher Michael Vogl. Neben einem großen Saal, in dem bis zu 750 Personen sitzend Platz finden und bei Stehempfängen bis zu 1100, gibt es auf zwei Ebenen ein „kleines Forum“ mit bis zu 150 Sitzplätzen und sechs kleinere Seminar- und Workshopräume. Für Rockkonzerte dagegen sei das Veranstaltungszentrum nicht gedacht, versichert Vogl. Dafür ist das Areal zu dicht bebaut. Der Zollingerhalle direkt gegenüber liegen Wohnungen.

Metzger gingen ein und aus

Das Gebäude, in dem sich nun mit dem „großen Forum“ das Herzstück des Veranstaltungszentrums befindet, wurde 1928 vom Architekten Friedrich Zollinger als „Verkehrshalle“ für den 1888 gebauten Schlachthof errichtet, erläutert Hansjörg Hauser. Der Agraringenieur und Gästeführer bringt Besuchern den ehemaligen „Bauch von Regensburg“ in Spezialführungen näher. „Das war die Zu- und Abfahrt für die Metzger, die ihre Ware geholt haben“, erklärt er zur Zollingerhalle. Das angrenzende, u-förmige Schlachthofgebäude aus dem Jahr 1888 ist ebenfalls Teil des Marina-Forums.

Vom Ergebnis der Sanierung ist Hauser „total beeindruckt“. Während er das neue Wohnviertel etwas glatt findet, „als wäre es fast ein bisschen peinlich, dass da ein Schlachthof war“, sei im Veranstaltungszentrum die Vergangenheit des Areals schön erkennbar. Erhalten blieb die hölzerne Zollingerdecke mit ihren charakteristischen Lamellen in Rautenform, die damals wegen ihrer materialsparenden Bauweise bekannt wurde. Auch alte Keramikfliesen an einer Wand im Foyer und gusseiserne Säulen in der Garderobe stellen einen Bezug zur ehemaligen Nutzung her.

Die 1082 Quadratmeter große siebenschiffige Halle im Westen des Areals hat das Immobilien-Zentrum Mitte Februar als Bürofläche vermietet, gibt Vorstandsvorsitzender Reinhard Griebl Auskunft; eingezogen ist die Wirtschaftsberatungs- und Steuerprüfungskanzlei Rödl und Partner. Auf der Ostseite entstehen in ebenfalls denkmalgeschützten Mauern 90 Wohnungen mit insgesamt 2660 Quadratmetern Wohnfläche, die letzten sollen laut Griebl im August fertig werden.

Rund 250 Anfragen kamen

Da im Marina-Forum noch letzte Sanierungsarbeiten laufen, wird die Eröffnung für die Stadttochter RTG ein Kaltstart. Sie mietet das Gebäude von Eigentümer und Bauherr Thomas Dietlmeier. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Immobilien-Zentrums hat es für rund 22 Millionen Euro saniert, 9,2 Millionen Euro davon übernimmt die Stadt. Im Dezember war bekannt geworden, dass sich die zuletzt für Ende des Jahres 2017 geplante Übergabe des Veranstaltungszentrums an die RTG verschiebt. Der vorhergesehene Probebetrieb muss ausfallen. „Wir hätten uns eine frühere Übergabe gewünscht“, sagt Sprecher Vogl. „Das hätte uns die Möglichkeit gegeben, manches auszuprobieren.“ Gefragt sei das Marina-Forum jetzt schon, berichtet Vogl: „Rund 250 Anfragen sind für die Jahre 2018, 2019 und 2020 derzeit in Bearbeitung.“

Zu den Gründen für die Verzögerung erklärt Stadtsprecherin Juliane von Roenne-Styra, es sei „nicht ungewöhnlich, dass es bei der Generalsanierung von Baudenkmälern, zumal in der Dimension des ehemaligen Schlachthofs, zu unvorsehbaren Verzögerungen kommt“. Hinzu kämen, dem Bauherrn zufolge, „nachfragebedingte Lieferengpässe bei Lieferanten“ wegen der florierenden Baukonjunktur. Mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Bauherrn habe die verlängerte Bauzeit nach Kenntnis der Stadt nichts zu tun, sagte Sprecher Rolf Thym bereits im Dezember.

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