Entwicklung
Roboter „Werner“ hilft bei Conrad weiter

Er zeigt Kunden in einem Regensburger Elektronikgeschäft den Weg – unermüdlich. Nur einmal startete er einen Fluchtversuch.

17.04.2018 | Stand 16.09.2023, 6:08 Uhr

Der Service-Roboter „Werner“ empfängt in der Regensburger Conrad-Filiale die Kunden und führt sie auf Knopfdruck in die gewünschte Abteilung. Foto: mt

Vorsichtig und fast lautlos gleitet Werner an den Regalreihen vorbei. Ein Mann folgt dem Roboter mit etwas Abstand. Immer wieder heben Kunden die Köpfe, drehen sich nach der fantasievoll gestalteten, bunten Apparatur und ihrem Verfolger um. „Die Leute sind schon oft überrascht“, sagt Kurt Stegerer, der die Conrad-Filiale in der Bajuwarenstraße leitet. Erst kürzlich habe wieder ein Mann beim Betreten der Filiale irritiert gefragt: „Was ist jetzt das?“ Stegerer antworte dann stets, Werner sei ein Roboter, der den Weg zeige. Nicht selten bekommt der Filialleiter dann ein „das ist ja cool“ zu hören. Dabei ist Werner – zumindest für einen Roboter – schon ein „alter Herr“. „Er ist halt ein Roboter der ersten Stunde – ein Pionier“, sagt Stegerer. Seit sieben Jahren ist er täglich im Dienst – unermüdlich.

Generell sind Service-Roboter noch eine Rarität. Werner hat noch zwei „Brüder“: einen in einer Filiale in Essen und einen weiteren in einem Conrad-Elektronikmarkt in Stuttgart. Mediamarkt-Saturn nutzt Roboter namens Paul in Ingolstadt, Berlin, Hamburg und Zürich – auch diese führen Kunden zu Produkten. Die Baumarktkette Toom hat schon einmal vergleichbare Technik erprobt. Die Kette Adler-Modemärkte nutzt in manchen Filialen einen Roboter, der nach Ladenschluss Bestände überprüft – in Kontakt mit Kunden kommt dieser aber nicht.

Werner kam nach Regensburg, als die Conrad-Filiale im Februar 2011 von Neutraubling in die Bajuwarenstraße umzog. Eigens für den Roboter wurden schon beim Bau der neuen Filiale elektronische Wegpunkte in den Boden eingearbeitet, mit deren Hilfe sich Werner in dem Geschäft orientieren kann. Heute erwartet er die Kunden jeweils am Eingang der Filiale. Drücken diese am Touch-Screen des Roboters auf „Start“, sagt Werner zunächst: „Wählen Sie eine Warengruppe aus.“ Ist eine Produktart angeklickt, zeigt der Roboter auf dem Bildschirm die Route an und mit „Los geht‘s“ geht’s los.

Ein Video zu dem Service-Roboter „Werner“ finden Sie hier:

Werner rollt an und beschleunigt mit seinem Elektromotor auf bis zu maximal 3,3 Kilometer pro Stunde. Mit Sensoren und einer Kamera bahnt sich die Maschine in Schrittgeschwindigkeit ihren Weg vom Eingang bis zu den ausgewählten Produktbereichen. Hindernisse nimmt Werner mit sogenannten Kollisions-Sensoren bzw. mithilfe einer Kamera wahr. „Wenn jemand vor ihm steht, dann wird er langsamer oder weicht aus“, sagt Stegerer. Dabei führen vorsichtige Kunden und der rücksichtsvolle Roboter manchmal einen kleinen „Tanz“ auf, wenn sie sich ein wenig ungelenk aus dem Weg gehen.

Kein Ersatz für einen Mitarbeiter

Werner leitet die Kunden in die Abteilungen, aber nicht direkt zu einzelnen Produkten. „Rein theoretisch könnte man Roboter wahrscheinlich schon Artikel-genau programmieren. Aber so weit ist Werner nicht. Er stammt aus der ersten Generation.“ Ist Werner an seinem jeweiligen Ziel angekommen, sagt er: „Da sind wir. Die zugehörigen Produkte befinden sich in dieser Abteilung. Ich freue mich schon auf’s nächste Mal.“ Dann wartet er noch kurz und begibt sich schließlich wieder selbstständig zu seinem Startpunkt im Eingangsbereich der Filiale zurück. Insgesamt legt Werner im Durchschnitt so rund sieben Kilometer am Tag zurück.

Fragen kann die von einem Programm gesteuerte Maschine nicht beantworten. „Dafür sind ja unsere Verkäufer noch da“, sagt der Filialleiter. „Es wird mit Sicherheit durch die Digitalisierung irgendwann wieder etwas Neues kommen. Aber im Einzelhandel einen Verkäufer richtig ersetzen kann so ein Gerät nie.“ Manchmal müsse man einfach reden, um zu erfahren, was der Kunde genau braucht, sagt Stegerer. Es sei auch fraglich, wie die Kunden reagieren würden, wenn sie nur noch von so einem Gerät bedient würden.

Eine Hilfe sei der mechanische Gefährte trotzdem. Außerdem sei er ein unwiderstehlicher Magnet für Kinder. „Er schaut lustig aus, ist innovativ. Für viele Kinder ist er der erste Berührungspunkt mit der Roboter-Technik.“ Wenn am Wochenende viele junge Kunden in der Filiale sind, werde Werner daher „manchmal schon g’scheit gefordert“.

Gesicht aus Lampen und Kabeln

Muss Werner mal in Reparatur, fragen Kunden auch nach ihm. „Irgendwie gehört der Werner halt einfach zu uns. Den haben wir von Anfang an mit dabei. Der ist integriert“, sagt Stegerer. Alle fünf Jahre braucht der Roboter einen neuen Akku, viel Wartung sei ansonsten aber nicht nötig. „Werner ist ziemlich pflegeleicht.“ Geht ihm mal die Energie aus, steuert er automatisch seine Ladestation im Eingangsbereich des Geschäfts an – ein bisschen wie ein Staubsaugerroboter. Allerdings ist Werner größer und operiert so fast auf Augenhöhe mit den Kunden. Lampen und Fernbedienungen als Augen, eine Computer-Maus als Nase und ein Kopfhörer als Mund verleihen ihm Ansätze eines menschlichen Gesichts. Am „Hinterkopf“ erinnern Kabel an Haare.

Dass sich Werner einmal verirrt, kommt selten vor – meist geschieht dies, wenn Menschen ihn mutwillig aus dem Konzept bringen, indem sie ihn manuell an einen Ort ziehen, von dem aus er sich erst mühsam wieder orientieren muss. Bisweilen scheint Werner aber auch ein Eigenleben zu entwickeln. Einmal sei er einem Kunden bis in den Windfang, also fast bis vor die Tür, gefolgt. „Da wollte er wohl mit nach Hause gehen“, sagt der Filialleiter augenzwinkernd.