Afghanistan
Sea-Eye ruft nach sicheren Fluchtwegen

Die Regensburger Seenotretter fordern humanitäre Schutzkorridore für Afghanen. Regensburg will Geflüchtete aufnehmen.

18.08.2021 | Stand 18.08.2021, 16:06 Uhr
Die Luftbrücke aus Kabul ist angelaufen: Ein Rettungsflugzeug der Bundeswehr aus Kabul landete in der usbekischen Hauptstadt Taschkent. −Foto: Marc Tessensohn/dpa

Mehr als 218 000 Menschen fordern in einer Petition an die Bundesregierung und die EU-Kommission die Einrichtung sicherer Fluchtwege aus Afghanistan. Auch abseits der kurzfristigen Evakuierung afghanischer Ortskräfte und anderer besonders gefährdeter Personen müsse es sichere Möglichkeiten geben, vor den Taliban zu fliehen.

„Inzwischen sollen mehr als 550 000 Menschen auf der Flucht sein“, sagte Gorden Isler von der Regensburger Seenotrettungsorganisation Sea-Eye, die die Petition gestartet hat. „Es ist jetzt besonders wichtig, dass die Bundesregierung die Nachbarländer davon abhält, die Grenzen zu schließen“, sagte Isler. Dazu müsse die Bundesregierung diese Länder unterstützen und auch die internationalen Partner auffordern, sich anzuschließen.

Im Rahmen eines neuen Mandates für die Bundeswehr sollte nicht ausschließlich an die kurzfristige Evakuierung von gefährdeten Personen aus Kabul gedacht werden“, führte Isler aus. Die Bundeswehr könnte im Rahmen einer humanitären Mission auch für den Schutz humanitärer Korridore mitverantwortlich sein. „Die Bundeswehr war 20 Jahre zum Schutz der Zivilbevölkerung mandatiert und vor Ort“, sagte der Seenotretter. „Warum soll man die Bundeswehr nun nicht dafür mandatieren, Evakuierungen durchzuführen und die Menschen weiter zu schützen?“

Mehr als 250 Städte in Deutschland seien zur Aufnahme schutzsuchender Menschen aus Afghanistan bereit.„Wenn alle diese Städte und Kommunen 200 Menschen aufnehmen, dann können wir dort 50 000 Menschen rausholen“, sagte Isler.

OB versichert Hilfsbereitschaft

Die Stadt Regensburg würde mitmachen. Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer erklärte: „Die Bilder aus Afghanistan haben mich tief erschüttert. Ohne Frage: Selbstverständlich helfen wir, um geflüchteten Menschen ein sicheres Zuhause zu geben. Regensburg gehört zum Bündnis ‚Sicherer Hafen‘ und wird daher freiwillig auch weiterhin Flüchtlinge aufnehmen.“ Gemeinsam mit dem Verein Space Eye e.V. habe man hier vor Ort viele engagierte Paten, die sich schon jetzt um Geflüchtete aus Krisen- und Kriegsgebieten kümmern.

Luxemburgs Außenminister will Quoten

Auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn forderte die EU-Staaten auf, sich auf Flüchtlingskontingente zu einigen. „Wir brauchen Quoten für Flüchtlinge aus Afghanistan, die auf legalem Weg nach Europa kommen können“, sagte er. „Jeder muss mithelfen. Damit die Menschen nicht wieder in die Hände von Schleusern geraten und um ihr Leben fürchten müssen.“

Angesichts der gewaltigen humanitären Krise in Afghanistan müssten „die EU-Staaten endlich ein Zeichen setzen, dass wir bereit sind, den Menschen zu helfen“, sagte Asselborn: „Das ist eine moralische Verpflichtung.“

Scharfe Kritik übte Asselborn an der Haltung Österreichs, das keine Afghanen aufnehmen will. „Das ist schrecklich. Es ist zum Verzweifeln. Solche populistischen Sätze schüren nur Angst“, sagte er. Die Äußerungen aus Wien „sind das Gegenteil von gemeinsamer europäischer Politik“, so Asselborn weiter: „Wir müssen doch gemeinsam versuchen, das Problem zu lösen. Wir können die Menschen aus Afghanistan doch nicht auf den Mond schießen.“(es/rnd)