Wirtschaft
Solarpionier Iliotec ist insolvent

28.11.2012 | Stand 16.09.2023, 21:04 Uhr

Iliotec hat eine Vielzahl von Großprojekten realisiert, unter anderem am Uniklinikum Regensburg, am Frankenstadion in Nürnberg oder an Autobahnen.

Die Regensburger Iliotec Solar GmbH ist in Bedrängnis: Das Unternehmen stellte am Dienstag einen Eigeninsolvenzantrag beim Amtsgericht Regensburg. Der starke Preisverfall bei Photovoltaikmodulen habe zu einem Umsatzrückgang und zu einem Verfall der Margen geführt, teilten das Unternehmen und der vorläufige Insolvenzverwalter, Dr. Hubert Ampferl, gestern mit. Ziel sei es, mit Hilfe des Insolvenzantrags den Betrieb so schnell wie möglich wieder auf gesunde Beine zu stellen, heißt es weiter.

Entscheidend für den Fortbestand ist es nun, frisches Geld aufzutreiben, sprich einen Investor zu finden. Wie Ampferl am Dienstag auf MZ-Anfrage bestätigte, gebe es bereits erste Interessenten. Die Löhne und Gehälter der aktuell 240 Mitarbeiter seien bis Ende Januar durch das Insolvenzgeld abgesichert.

Iliotec und sein Geschäftsführer Stefan Dobler gelten als Pioniere der Solarbranche, der Betrieb als Regensburger Vorzeigeunternehmen, das dank des Solarbooms binnen weniger Jahre enorm gewachsen ist.

Erstaunter Insolvenzverwalter

Es gibt wenige Vorfälle im Wirtschaftsleben, die Dr. Hubert Ampferl noch überraschen können. Der Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Dr. Beck gilt als renommierter Insolvenzverwalter: Müller-Brot und Schmack Biogas zählen zu seinen „Fällen“. Doch als er am Dienstag den Anruf des Amtsgerichts Regensburg entgegennahm, staunte auch er. Ihm wurde das Mandat für Iliotec angetragen. „Damit hätte ich nicht gerechnet. Das Unternehmen war für mich der Inbegriff für Innovation und Wachstum“, schilderte Ampferl am Mittwoch gegenüber der MZ sein Erstaunen.

Sein positives Bild wurde trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten bis Mittwochnachmittag bestätigt. Ampferl ist „mit acht Mann in den Betrieb eingerückt“, um ihn unter die Lupe zu nehmen. Der erste Eindruck: „Die betrieblichen Verhältnisse sind absolut intakt und höchst strukturiert. Alle Daten lagen sofort wohlgeordnet vor.“ Auch sein Bild von Geschäftsführer Stefan Dobler sei ausgesprochen positiv: „Ein echter Pionier, der bundesweit bekannt ist.“ Überdies genieße er in der Belegschaft „höchstes Ansehen“.

Eine Branche in großen Nöten

Was aber nichts darüber aussagt, wie tief das Unternehmen in Schwierigkeiten steckt. Darüber hat der vorläufige Insolvenzverwalter noch keinen Überblick.

Bestens bekannt sind hingegen die gewaltigen Sorgen, in denen die Branche steckt. Allen voran die Industrie, also die Hersteller von Solarmodulen und Zusatzkomponenten wie etwa Wechselrichtern. Reihenweise mussten in Deutschland Unternehmen wie First Solar, Sunstrom oder Q-Cells Insolvenz anmelden. Selbst die konkurrenzlos billigen Anbieter aus China sind in jüngster Zeit in arge Nöte geraten.

Dies liegt, zumindest aus Sicht der Unternehmen, auch ganz stark an der Politik. Deutschland und Italien haben die Fördergelder massiv gekürzt. Die vormals üppige Subventionierung der Photovoltaik hat den Markt künstlich aufgeblasen. Jetzt pumpen die Regierungen weniger Geld in den alternativen Energieträger – und bei einer ganzen Reihe von Firmen platzen die Geschäftsmodelle wie Seifenblasen.

Mit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000, welches Einspeisevergütungen auf 20 Jahre hinaus garantiert, kam auch für Stefan Dobler der Durchbruch. Fast klingt es aus heutiger Perspektive wie ein Menetekel, was Dobler vor gut einem Jahr in einem Gespräch mit der MZ rückblickend sagte: Als 2004 der große Run auf die Photovoltaik begann, habe er eigentlich auf die Bremse steigen wollen, sobald die Firma die 20-Mitarbeiter-Grenze erreichte. „Jetzt sind wir über 300. Wenn der Stein ins Rollen kommt, kann man das irgendwann nicht mehr stoppen.“ Iliotec verfügte inzwischen über fünf Niederlassungen in Regensburg, Weiden, Augsburg, Passau und Feucht bei Nürnberg.

„Die Großen erwischt es zuerst“

Großprojekte förderten das Renommee. Dazu gehörte etwa das Easycredit-Stadion in Nürnberg mit einer 368.000-Kilowattstunden-Anlage. Doch Großprojekte können zum Fluch werden, meint etwa Josef Rieder, Chef der ungleich kleineren Riesolar GmbH in Furth im Wald (Landkreis Cham). Der Iliotec-Insolvenzantrag sei eine Hiobsbotschaft, die auch ihn überraschte. Einerseits. Andererseits erwarte er schon seit geraumer Zeit, dass „es die Großen zuerst erwischt“, wie er zur MZ sagte. Iliotec zählt zweifelsohne zu den ganz großen PV-Firmen. Der Grund: Solche Unternehmen lebten vor allem von Großprojekten, die aber in jüngster Zeit rar geworden seien. Für riesige Freilandanlagen über einem Megawatt gibt es seit Ende September keine EEG-Vergütung mehr. Damit sei deren Rendite abgesackt.

Nachgefragt würden derzeit kleine Anlagen in der Dimension von 10 kW – davon könnten aber Firmen wie Iliotec nicht leben. Das Geschäft sei schwierig geworden, erklärt Rieder, auch für ihn. In den Boomjahren bis 2011 sei sein Betrieb auf zehn Mitarbeiter angewachsen. „Jetzt sind wir noch fünf, und nächstes Jahr werden wir noch drei sein.“

Wie geht es nun bei Iliotec weiter? Bis Ende Januar braucht das Unternehmen einen neuen Geldgeber. Obwohl der Insolvenzantrag sich in der Szene noch gar nicht herumgesprochen habe, hätten sich erste Interessenten gemeldet. Ampferl prüft, „wie valide die sind“. Er gehe weiter auf Investorensuche, auch international – in dieser Branche unerlässlich. Als unwahrscheinlich gilt in der Branche, dass Iliotec in der heutigen Größe wird fortbestehen können.

Die gute Nachricht für die Kunden: Sowohl die laufenden als auch die anstehenden Photovoltaik-Projekte würden nahtlos weitergeführt. Das Unternehmen leide zwar keineswegs unter Auftragsmangel. Dennoch bemühe man sich um Neuaufträge, um nach der witterungsbedingen Pause im Januar und Februar weiterarbeiten zu können.