Klasse informiert!
Spangen sorgen für ein schönes Lächeln

20.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:20 Uhr
Wie läuft die Arbeit in einer kieferorthopädischen Praxis ab? Die Schüler durften das selbst ausprobieren. −Foto: Fotos: Marion Unger/Vanessa Faber/Sandra Pfeffer

Von Kieferorthopädin Prof. Dr. Mirjam Berneburg erfuhren Schüler viel darüber, wie Zahnspangen funktionieren.

Am Ende der Grundschulzeit stehen viele Veränderungen an. Nicht nur der bevorstehende Schulwechsel, sondern auch körperliche Entwicklungen betreffen die heranwachsenden Kinder. Dazu gehört beispielsweise das Ausfallen der Milchzähne und das gleichzeitige Nachwachsen der bleibenden Zähne. Einige Mädchen und Buben erhalten schon ab der dritten Klasse eine Zahnspange, anderen wurde vielleicht von Seiten des Zahnarztes zu einem Besuch beim Kieferorthopäden geraten.

Die Klasse 4d der Grundschule Prüfening wollte sich daher umfassend zu diesem Thema informieren. Zu diesem Zweck besuchten 20 Schülerinnen und Schüler der Klasse 4d und einige Gastschülerinnen aus der Klasse 4a die Kieferorthopädische Praxis von Prof. Dr. Mirjam Berneburg.

Die Kinder wollten unter anderem herausfinden, was ein Kieferorthopäde macht, wie die Behandlung aussieht und welche Arten von Spangen es gibt. Dazu interviewten sie Prof. Berneburg. Anschließend durften die Schüler selbst in die Rolle eines behandelnden Arztes schlüpfen und einfache Handgriffe ausprobieren.

Seit wann gibt es eigentlich Kieferorthopäden?

Prof. Dr. Mirjam Berneburg: Kieferorthopäden gibt es schon sehr lange. Ganz genau kann man das aber nicht sagen, weil es dazu kaum Dokumente gibt. Man weiß nur, dass man sich bereits 400 v. Chr. mit den Zähnen beschäftigt hat. Damals wurden bereits zum ersten Mal Unregelmäßigkeiten im Gebiss festgestellt.

Worin unterscheidet sich ein Kieferorthopäde von einem Zahnarzt?

Das ist eine gute Frage. Zuerst einmal ist jeder Kieferorthopäde zugleich auch ein Zahnarzt. Die vierjährige Weiterbildung zum Kieferorthopäden kommt dann noch dazu. Generell kümmert sich der Zahnarzt um die Gesunderhaltung der Zähne. Der Kieferorthopäde beobachtet und reguliert das Wachstum von Kiefer und Biss. Und korrigiert die Zahnstellung.

Warum braucht man eigentlich eine Zahnspange?

Nicht jeder Mensch benötigt eine Zahnspange. Etwa 60 Prozent aller Menschen brauchen eine kieferorthopädische Behandlung. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn einer oder mehrere Zähne zu weit nach vorne stehen. Die Zähne haben dann ein erhöhtes Risiko bei einem Zusammenprall ausgeschlagen zu werden. Darum muss da korrigiert werden. Ein anderer Grund ist, wenn Menschen wegen Kiefer- und Zahnstellung nicht zubeißen können („offener Biss“). Dann können sie nicht beißen und kauen. Die Folge wären eine schlechte Ernährung und eventuelle Probleme. Zu eng stehende Zähne kann man zudem nicht richtig putzen.

Wie sieht eine Zahnspange aus?

Man unterscheidet zwischen einer festen und einer herausnehmbaren Spange. Die herausnehmbaren Spangen kann man in verschiedenen Farben gestalten, so macht es den Kindern vielleicht ein bisschen Spaß, die Spange auch regelmäßig zu tragen. Über Nacht und eventuell bei den Hausaufgaben sollte sie fleißig eingesetzt werden. Weil man mit so einer Zahnspange im Mund schlecht sprechen kann, muss sie nicht unbedingt in die Schule mitgenommen werden. Eine feste Spange ist häufig silbern und die einzelnen Bestandteile werden direkt an den Zähnen angebracht. Am Anfang muss man sich etwas an die Spange gewöhnen. Nach ein paar Tagen fällt einem aber das Essen und Sprechen damit gar nicht mehr schwer.

Ab welchem Alter kann man eine Zahnspange bekommen?

Eine kieferorthopädische Behandlung ist bereits ab dem ersten Lebensjahr möglich. Sobald ein Mensch Zähne besitzt, man sie regulieren. In der Regel bekommen Kinder ihre erste herausnehmbare Spange aber erst zwischen 9 und 10 Jahren. Die meisten bekommen ab 12 Jahren anschließend eine feste Spange.

Wie lange dauert es, mit einer Zahnspange die Zähne zu begradigen?

Das ist ganz unterschiedlich. Je nachdem wie stark die Fehlstellung der Zähne ist. Manchmal braucht man eine Zahnspange nur für ein paar Wochen, in anderen Fällen dauert es mehrere Jahre.

Was passiert mit den Zähnen, wenn man eine Zahnspange trägt?

Mit Hilfe einer Spange kann ein zu eng gewachsener Kiefer erweitert werden. Bei diesem Prozess wird Knochen an der einen Stelle am Kiefer abgebaut und an anderer Stelle wieder aufgebaut. So kann man langsam, aber sicher die Zähne verschieben.

Wie stellt man eine Zahnspange her und wie lange dauert das?

Es kann bei simplen Spangen einige wenige Minuten dauern, komplizierte Spangen dagegen benötigen auch gerne mal eine Herstellungsdauer von mehreren Wochen. Zuerst macht man einen Abdruck vom Gebiss des Patienten. Dazu muss er auf eine puddingähnliche Masse beißen. Wenn die Masse ausgehärtet ist, gießt man Gips in die Form. Das so entstandene Gipsgebiss kommt dann ins Labor, wo der Zahntechniker in langwieriger Handarbeit Drähte um die Zähne biegt und Schrauben einsetzt. Anschließend werden die Drähte mit Kunststoff fixiert. Bevor der Patient die fertige Spange in den Mund nehmen kann, muss aber noch überschüssiger Kunststoff weggeschliffen werden. Jede Spange ist also ganz individuell an den jeweiligen Patienten angepasst.

Vielen Dank für Ihre ausführlichen Antworten.

Im zweiten Teil des Besuches durfte jedes Kind an drei Stationen die Arbeit eines Kieferorthopäden kennenlernen. Am Anfang steht die Anamnese. Dabei nimmt der Arzt die Krankheitsgeschichte des Patienten und seinen aktuellen Gesundheitszustand auf. Die Kinder durften sich gegenseitig in den Mund schauen, die Anzahl der momentanen Milchzähne und bleibenden Zähne auf einer Karteikarte eintragen und mögliche Fehlstellungen registrieren.

An der nächsten Station übten die Kinder das Entfernen und Anbringen von Gummis an einer festen Spange. Die feine Handarbeit erforderte viel Geduld. An der dritten Station sollten anhand von Fotos am Computer Fehlstellungen der Zähne erkannt werden. Dazu durften die Kinder auch Röntgenbilder und dazugehörige Spangenarten betrachten.