Personalmangel Stadt kapituliert vor vollen Mülleimern
Eine CSU-Stadträtin fragt nach, warum die Mülleimer in Regensburg überquellen. Die Antwort: Das Personal fehlt.

Regensburg.Nach sonnigen Wochenenden bietet sich in und um die Regensburger Altstadt immer das gleiche Bild: Die Mülleimer quellen über. Der Müll verteilt sich am Boden, auf Wiesen, unter Sitzbänken. Die Plastikbecher türmen sich, die Pappschachteln der Fastfood-Restaurants und Pizzerien gesellen sich dazu. Kurzum: Wer nach lauen Sommernächten durch Regensburg spaziert, hat den Eindruck, als hätten die Klimaschutz-Debatten der letzten Monate gar nicht stattgefunden.
Stadträtin Bernadette Dechant ist eine von denjenigen, die sich über die überquellenden Mülleimer richtig ärgern kann. „Wenn ich täglich an der Bushaltestelle am Dachauplatz aussteige, dann sehe ich die Hinterlassenschaften der letzten Nacht“, sagt die CSU-Politikerin. Jeden Morgen, wenn sie zur Arbeit ins bischöfliche Ordinariat geht, steigt sie um 6.45 Uhr am kürzlich neu gestalteten Dachauplatz aus. „Die Umgestaltung des Platzes mit Sitzbänken hat dazu geführt, dass dort über Nacht nun noch viel mehr Müll abgeladen wird“, findet Dechant. Sie sehe dann immer den Straßenkehrer, der die Müllberge wegschaffen muss. „Das ist ja ein Elend, wie der städtische Mitarbeiter kaum hinterher kommt, die nächtlichen Hinterlassenschaften zu beseitigen. Und jeden Morgen sieht es wieder so aus“, sagt Dechant.
„Diese Zustände sind eine Schande für das Weltkulturerbe.“
Wegen dieser Zustände hat sich die CSU-Stadträtin an die Stadtverwaltung gewandt. Wie kann es sein, dass die Mülleimer gerade nach den Wochenenden so voll sind? Jetzt hat Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer persönlich geantwortet – und eingeräumt: Angesichts der Situation müsse man nach Feiertagen vor den Müllbergen kapitulieren. Wörtlich heißt es in dem Schreiben, das der Mittelbayerischen vorliegt: „Auf Initiative des örtlichen Personalrats wurde vor einiger Zeit mit der Amtsleitung vereinbart, dass kein Mitarbeiter mehr als sechs Tage pro Woche eingesetzt werden darf und zudem der Ausgleichstag für einen Zusatzdienst in der laufenden Woche eingesetzt werden muss“, schreibt Maltz-Schwarzfischer.
Personalmangel: Feiertage teils nicht mehr abgedeckt
Nach wie vor seien 14 Straßenkehrer jeweils samstags und sonntags zwischen 6 und 9 Uhr morgens in der Stadt unterwegs. Doch gerade Feiertage kann die Stadt nicht mehr abdecken mit dem vorhandenen Personal: „So ist beispielsweise die Altstadtreinigung am Ostermontag und an Christi Himmelfahrt ausgefallen“, schreibt Maltz-Schwarzfischer weiter. Und auch die Straßenreinigung weist zwischenzeitlich Lücken auf: Etwa am Pfingstmontag konnte die Stadt aufgrund des Personalmangels lediglich die Mülleimer leeren. Die Straßenreinigung fiel aus.
An Fronleichnam war die Personalsituation so eng, dass nurmehr die Hälfte der üblichen Belegschaft die Straßen reinigen und die Mülleimer leeren konnte. Gerade außergewöhnliche Ereignisse in der Altstadt bringen laut Maltz-Schwarzfischer auch die Straßenreinigung an ihre ohnehin knappen Kapazitätsgrenzen: „Da am Bürgerfestwochenende für die Reinigung der betroffenen öffentlichen Bereiche 35 Mitarbeiter der Straßenreinigung benötigt wurden, jedoch die Vereinbarung mit dem örtlichen Betriebsrat beachtet werden musste, standen für die Reinigung am Wochenende vor und nach dem Bürgerfest jeweils nur sechs Mitarbeiter sowie das Müllsammelfahrzeug zur Verfügung“, schreibt die Bürgermeisterin. Kritik an den Zuständen auf den Straßen und an den Mülleimern weißt die Bürgermeisterin vehement zurück: Die Stadt habe als Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht, es sei „vertretbar, dass es vereinzelt zu Einschränkungen bei der Altstadtreinigung kommt.“
Fridays for Future-Aktivistin vermeidet Müll
Bernadette Dechant ist entsetzt angesichts der Fülle von Müll, der sich nach den Sommernächten auf Straßen und um die Mülleimer verteilt findet. „Jeder sollte seinen Müll mitnehmen oder ihn, noch besser, gar nicht erst entstehen lassen“, findet die Stadträtin.
Das sieht auch Malin Horstmann so. Die Studentin ist aktiv bei Fridays for Future. Eine Position zum Thema Müll gibt es bei der Jugendbewegung bislang noch nicht. Doch bei der Mahnwache der Bewegung vergangenen Freitag habe ein Vertreter von „Cleanup Regensburg“ gesprochen, einer Organisation, die immer wieder mit Müllräum-Aktionen für mehr Sauberkeit sorgt. „Ich lebe in einer Zweier-Wohngemeinschaft und wir haben im letzten Semester nur zwei volle gelbe Säcke mit Verpackungsmüll weggetragen“, sagt die Studentin.
Sie selbst lebe vegan, deshalb sei es für sie ohnehin keine Option, sich mal schnell irgendwo eine Pizza zu holen und dann den Karton in die übervollen Mülleimer zu stopfen. Und sie kaufe auch im Füllgut ein, einem Geschäft in der Oberen Bachgasse, das Waren völlig ohne Verpackung anbietet. „Mein Umfeld ist ohnehin ökologisch geprägt. Wir versuchen, uns das vorzuleben“, sagt Horstmann.
Für Stadträtin Dechant führt kein Weg daran vorbei, dass die Stadt den Müll beseitigen muss. „Diese Zustände sind eine Schande für das Weltkulturerbe“, schließt die CSU-Politikerin.
Zahlen und Fakten:
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Straßenkehrer:
109 Straßenkehrer hat die Stadt beschäftigt, sie sind durch ihre orange Arbeitskleidung gekennzeichnet.
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Mülleimer:
1200 Abfallbehälter gibt es in der Stadt Regensburg. Doch die Zahl ändert sich ständig. Kleine Eimer werden durch große ersetzt.
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Müllmenge:
4,6 Tonnen Müll fallen an, wenn die Mülleimer im gesamten Stadtgebiet bis oben hin voll sind. Das kommt aber nicht so oft vor.
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Kommentar
Den Müll nicht einfach abwälzen
Die braven Straßenkehrer können nichts dafür. Sie machen einen Job, der gesellschaftlich nicht den Stellenwert hat, den er haben sollte: Es ist ein Dienst...