Experten-Interview
Wie gesund ist vegane Ernährung?

Mit einer pflanzlichen Ernährung kann jeder einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Aber es gibt auch Herausforderungen.

07.10.2021 | Stand 16.09.2023, 0:09 Uhr
Auch traditionell mit Fleisch zubereitete Gerichte wie „Himmel und Erde“ lassen sich veganisieren. Hier mit Rote Beete, Apfelchutney und Kartoffelstampf. −Foto: Angelika Sauerer

Ramona Böttinger ist psychologische Psychotherapeutin und ausgebildete vegane Ernährungsberaterin. Sie klärt im Experten-Interview über Vorurteile zur pflanzlichen Ernährung auf.

Hat es Vorteile, sich vegan zu ernähren?

Mit einer pflanzlichen Ernährung kann jeder Einzelne einen großen Beitrag zum Schutz von Klima, Umwelt und Tierwohl leisten. Der Anbau pflanzlicher Lebensmittel verursacht deutlich geringere CO-Emissionen als die Produktion tierischer Lebensmittel. Dazu kommen die Probleme der Massentierhaltung. Was unsere Gesundheit angeht, ist eine vegane Ernährung nicht per se gesund. Wie bei jeder anderen Ernährungsform auch, ist es wichtig, überwiegend auf unverarbeitete, nährstoffreiche Lebensmittel zu setzen.

Dabei kann man beobachten, dass sich vegan lebende Menschen oft besonders kritisch mit ihrer Ernährung auseinandersetzen und sehr gut informiert sind. Ein weiterer Vorteil ist, dass pflanzliche Lebensmittel von Natur aus reich sind an Vitaminen, Mineralstoffen, sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen sowie arm an gesättigten Fettsäuren und sich dadurch positiv auf unsere Gesundheit auswirken.

Was können Nachteile sein?

Ich sehe in einer pflanzlichen Ernährung keinen Nachteil. Herausfordernd kann es allerdings werden, wenn man viel unterwegs ist und auswärts isst. Eine pflanzliche Ernährung erfordert ein höheres Maß an Planung. Vor allem in ländlichen Regionen ist die Auswahl an pflanzlichen Alternativen manchmal noch nicht sehr groß.

Wie kann man präventiv gegen Mängel vorgehen?

Um Mängel vorzubeugen, ist es besonders wichtig, auf eine vielfältige Auswahl und clevere Kombination pflanzlicher Lebensmittel zu achten. Vitamin B12 ist der einzige Nährstoff, den man in der veganen Ernährung supplementieren muss. Weitere kritische Nährstoffe sind Vitamin D, DHA, Calcium, Zink, Jod, Selen und Eisen – übrigens nicht nur in der veganen Ernährung. Es wird empfohlen, alle ein bis zwei Jahre den Versorgungsstatus über ein Blutbild zu überprüfen.

Kann man sich ausgewogen genug ernähren?

Als Hilfestellung für eine ausgewogene Ernährung wurde die Ernährungspyramide und der Ernährungsteller entwickelt, die man auch als vegane Variante finden kann. Der Ernährungsteller veranschaulicht, wie viel von welcher Lebensmittelgruppe pro Mahlzeit auf dem Teller landen soll. Bei einer pflanzlichen Ernährung gilt als Orientierung: eine Hälfte Gemüse und Obst plus ein Viertel Vollkorngetreide, Pseudogetreide wie Quinoa oder Buchweizen oder Kartoffeln und ein Viertel pflanzliche Proteinquelle wie Hülsenfrüchte oder Tofu. Als Ergänzung darf in Maßen ein hochwertiges pflanzliches Öl oder Nüsse und Saaten auf den Teller.

Ist die vegane Ernährung für jeden geeignet?

Fachgesellschaften aus den USA oder Großbritannien sprechen sich für eine gut geplante vegane Ernährung als Alternative aus – in jeder Lebensphase. Deutsche sind noch zurückhaltend. Es ist wichtig im Kindesalter, Schwangerschaft, Stillzeit besonders auf eine bedarfsdeckende Ernährung zu achten.