Stattdessen Steinplätze?
Wieder weniger Freisitze in Regensburg - Diese Orte sind betroffen

28.06.2022 | Stand 15.09.2023, 4:34 Uhr
Während hinzugekommene Freisitze auf Plätzen wieder wegfallen sollen, können sie am Kornmarkt bleiben — weggefallene Parkplätze will man nicht mehr rückwidmen, so steht es jedenfalls im Referenten-Entwurf für den Stadtrat. −Foto: Eckl

Der von der Mittelbayerischen veröffentlichte Referentenentwurf über die Freisitz-Satzung sorgt für Zündstoff in der Koalition.

Am Montag traf sich der Koalitionsausschuss und debattierte darüber, ob der Entwurf von Wirtschaftsreferent Georg Barfuß unverändert in den Stadtrat eingebracht werden soll.Zahlreiche Gastronomen haben sich über Kernaussagen des Entwurfsvergangene Woche entsetzt gezeigt.



Kern ist, dass die Gastronomen nicht wie während der Pandemie nur 15 Prozent der anfallenden Gebühren zahlen sollen, sondern wieder den vollen Satz. Zusätzlich während der Pandemie gewährte Freisitze auf den Plätzen sollen wieder wegfallen, aber nur dort, wo sie nicht anstatt von Parkplätzen neu geschaffen wurden. So soll deren Zahl am Haidplatz, Neupfarrplatz, Domplatz, Kohlenmarkt, Rathausplatz und Bismarckplatz ab kommenden Jahr wieder auf die Flächen vor der Pandemie beschränkt werden. Nicht genannt ist beispielsweise der Kornmarkt, denn dort fielen Parkplätze für die Freisitze weg.

Bunte Möbel als Ausnahme

Auch nicht mehr erlaubt werden sollen Heizpilze. „Es kann doch nicht sein, dass der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck die Gasnotlage auslöst, wir aber erlauben, dass Energie in die Luft geblasen wird“, sagte Bürgermeister Ludwig Artinger (Freie Wähler) zur MZ. Gleichzeitig wehrte er sich aber gegen den Eindruck, „dass wir alles wieder grau machen wollen: Wir haben diese Buntheit überhaupt erst zugelassen“.

SPD-Fraktionschef Thomas Burger war „irritiert, dass auch aus Teilen der Gastronomie über etwas diskutiert wird, was noch gar keine Grundlage“ habe. Burger wolle „möglichst viel von dem beibehalten, was wir schon ermöglicht haben“. Doch da hakt es: Im Entwurf steht beispielsweise, dass die Möblierung wieder auf zwei Fabrikate von Stuhl-, Tisch- und Schirmmodellen beschränkt werden soll. Allerdings folgt in dem Entwurf dann der Satz, dass Ausnahmen einer Genehmigung bedürfen.

FDP-Stadtrat Horst Meierhofer kann nachvollziehen, „dass es konsumfreie Räume auf den Plätzen, und den Parks geben muss“. Meierhofer sagte, man habe die Fläche für die Freisitze etwa im Stadtpark verdoppelt, weil damals noch Abstandsregeln galten. „Wir können jetzt doch nicht sagen, dass der Wirt plötzlich doppelt so viele Freisitze bekommt, weil diese Abstandsregeln nicht mehr gelten.“

Lehner: Freisitz-Flächen haben Flair der Stadt eher gefördert

Gleichzeitig ärgerte sich Meierhofer „über die CSU, die auf Facebook jetzt so tut, als sei man der Retter der Gastronomie“. Laut Satzung sind solche Erweiterungen wie die im Stadtpark nicht mehr möglich. Auch für CSU-Kreischef Michael Lehner kommt die vom MZ-Bericht ausgelöste Debatte zur Unzeit. „Mir wäre lieber gewesen, wir hätten das erstmal in der Koalition diskutieren können“, sagt der CSU-Politiker. Sicher sei für ihn, dass esnoch erheblichen Verbesserungsbedarf bei der Freisitz-Satzunggibt.

„Das Argument, die historischen Plätze würden erlebbarer mit weniger Freisitzen, halte ich einfach für falsch“, sagt Lehner. Natürlich müssten auch Sitzbänke ohne Konsumzwang zur Verfügung gestellt werden. „Aber das unglaubliche Flair unserer Stadt, die viele als nördlichste Stadt Italiens bezeichnen, haben die erweiterten Freisitz-Flächen eher gefördert“, so der CSU-Kreischef.

Denkwürdig findet Lehner auch, dass die Gastronomen wieder gezwungen werden sollen, bestimmtes Mobiliar zu verwenden. Dehoga-Chef Anton Sperger vom Spitalgarten hatte das gegenüber der MZ als „Regensburger Stuhlmodell“ bezeichnet, das von einem Hersteller unter der Ägide von Hans Schaidinger in der Vergangenheit angeboten wurde. „Regensburg kann ruhig etwas vielfältiger werden, was die Bestuhlung der Freisitze anbelangt. Besonders eine Möblierung aus nachhaltigen Material wie Holz fehlt“, findet Lehner.

„Hat man uns angelogen?“

Die Brücke ist über den durchgestochenen Referenten-Entwurf so verärgert, dass sie sogarRechtsaufsichtsbeschwerde bei der Regierung der Oberpfalzeinreichen will. „Es ist ein starkes Stück, dass nur bestimmte Stadträte, nämlich die der Koalition, diesen Entwurf bekommen haben, alle anderen aber nicht“, sagte Brücke-Fraktionschef Joachim Wolbergs. „Das halte ich für rechtswidrig.“ Bedenklich findet Wolbergs aber auch noch etwas anderes: Dehoga-Vorsitzender Anton Sperger hatte behauptet, dass die Städte München und Augsburg in der Corona-Pandemie den Wirten die Gebühren für die Freisitze ganz erlassen haben. „Wenn das stimmt, dann hätte man uns angelogen - uns wurde gesagt, das sei rechtlich gar nicht möglich.“

Für Wolbergs gehe es jetzt doch nur um eine Frage: „Mir gefällt es so, wie es jetzt ist mit den Freisitzen, viel besser als zuvor. Und ich glaube, da spreche ich für eine Mehrheit der Regensburger. Wieso sollte man das jetzt wieder ändern?“ Die Brücke-Fraktion habe mehrere Anträge gestellt, die hinzugekommenen Freisitze zu erhalten. Und auch die Beschränkung auf nur zwei Modelle für die Bestuhlung sowie eine Einschränkung der sonstigen Gestaltung hält Wolbergs für falsch: „Klar, wir wollen keine Marlboro-Schirme. Aber wir würden alles wieder mit dem Lineal nachmessen – das ist doch Unsinn!“

Kommende Woche wird ein Runder Tisch stattfinden, an dem Gastronomen, aber auch IHK und Altstadthändler sitzen. Dann wird man in der Koalition nochmals diskutieren. Konsens haben alle Koalitionäre, dass die Freisitze in der Wahlen- und Gesandtenstraße bleiben sollen. Im Entwurf heißt es, es muss einen „direkten räumlichen Zusammenhang zwischen Lokal und Freisitz geben“. Ausnahmen sind möglich, wenn diese nicht weiter als zehn Meter entfernt sind, hieß es zunächst. Das hat Barfuß nun auf 15 Meter erhöht. Wohl auch wegen Gesandten- und Wahlenstraße.