Interview
„Wir müssen schneller werden“

Die Verlangsamung des Regensburger ÖPNV durch den Autoverkehr ist ein großes Problem, sagt Stadtwerke-Chef Manfred Koller.

15.05.2017 | Stand 16.09.2023, 6:34 Uhr

Stadtwerke-Geschäftsführer Manfred Koller Foto: Patrick Reinig/Stadtwerke

Wie viele Nutzer hat der öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) in Regensburg?

Wir befördern als Regensburger Verkehrsbetriebe bis zu 90 000 Menschen täglich. Das ist der Spitzenwert. Den erreichen wir, wenn die Schulen und Hochschulen alle in Betrieb sind.

Wie hoch ist der Anteil des öffentlichen Nahverkehrs am Verkehrsaufkommen und wie steht Regensburg damit in Vergleich zu anderen Städten da?

13 Prozent aller Verkehrswege legen die Regensburger mit dem ÖPNV zurück. Im Vergleich zu anderen Städten dieser Größenordnung und mit ausschließlich Busbetrieb liegt unser System wirklich gut im Rennen.

Wie hoch sollte dieser Anteil in fünf, in zehn Jahren sein?

Diese Vorgabe wird von den Verkehrsplanern der Stadt noch gemacht – und hängt im Wesentlichen damit zusammen, welches System wir in Regensburg etablieren; da läuft ja jetzt die Studie. Bleibt es bei einem reinen Bussystem, werden die Steigerungszahlen moderater ausfallen. Bekommen wir ein höherwertiges System wie eine Straßenbahn, können wir auch deutlich zulegen.

Was ist Ihre persönliche Zielvorstellung?

Mein Wunsch wäre, dass wir zumindest das Verkehrswachstum im ÖPNV abfangen. Im Moment ziehen fast 3000 Menschen jährlich nach Regensburg – das entspricht gut zwei Prozent Zuwachs. Ich glaube, dass wir das nur abfedern können, wenn wir ein höherwertiges System etablieren. Mit den Bussen allein werden wir an unsere Grenzen kommen.

Wo liegen die größten Probleme?

Im Moment beschäftigt uns am meisten die Verlangsamung des ÖPNV. An ein paar Stellen haben wir schon eigene Busspuren. Aber hauptsächlich fahren unsere Busse mit den Autos mit. Und wenn es sich staut, und das haben wir inzwischen fast jeden Tag, stehen wir auch im Stau. Dadurch wird der ÖPNV wesentlich teurer, wir brauchen mehr Fahrzeuge, wir brauchen mehr Busfahrer, und wir können unseren Kunden weniger bieten, weil wir langsamer unterwegs sind. Wir müssen aber schneller werden als der Individualverkehr.

Wir sind auf der Linie 6 mitgefahren. Hier lesen Sie den Artikel dazu.

Haben dann wesentliche Verbesserungen noch so lange Zeit, bis das höherwertige ÖPNV-System kommt – falls es kommt?

Definitiv nicht. Falls wir uns dafür entscheiden, vergehen zwölf, vierzehn Jahre, bis das umgesetzt wird. In der Zwischenzeit müssen wir dafür sorgen, dass der ÖPNV schneller wird: etwa durch noch deutlich mehr eigene Spuren für Busse, Bevorrechtigung an den Ampeln.

Wo sind eigene Busspuren schnell zu realisieren?

Dazu haben wir Vorschläge eingebracht und diskutieren die mit der Stadt. Auf der Achse von der Galgenbergbrücke Richtung Dachauplatz und zum Kolpinghaus brauchen wir dringend eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs, eventuell auch an der Donauparallele und an der Nibelungenbrücke stadtauswärts. Wünschenswert wäre, wenn das innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden könnte.

Welche Verbesserungen sind noch kurzfristig möglich?

Wir überprüfen, ob wir an manchen Stellen die Taktung verdichten müssen. Dazu können wir Ende dieses Jahres Aussagen treffen. Wir prüfen auch, ob der Bedarf für Schnelllinien, etwa direkt zu großen Arbeitgebern, da ist.

Braucht Regensburg eine Stadtbahn?

Ich glaube, Regensburg wäre reif für die Tram. Wir wissen auch aus vielen Untersuchungen, dass dieses System von den Fahrgästen am besten angenommen wird.

Hier sehen Sie unser Umfrage-Ergebnis zum Thema Stadtbahn.

Unsere Umfrage zeigt, dass sich 58 Prozent der Bürger mehr E-Busse wünschen. Wann könnten Sie sie flächendeckend einführen?

Wir planen, eine große Linie umzustellen. Aber kein Hersteller kann uns im Moment zuverlässige Fahrzeuge dafür anbieten. Und wenn, dann sind sie unbezahlbar und Einzelanfertigungen. Ich glaube, dass man vor 2020 dieses Thema nicht ernsthaft anpacken kann.

Falls ein höherwertiges System kommt, wird der ÖPNV dann wesentlich teurer?

Nein, das darf damit nichts zu tun haben. Das Defizit im ÖPNV, das jetzt bei etwa zwölf Millionen Euro im Jahr liegt, wird dann höher sein. Ein gutes ÖPNV-System kostet Geld, nützt aber allen.

Diese Verbesserungen im ÖPNV wünschen sich die Regensburger.