Bayernwerk-Vorstandschef
Wird Strom im Winter knapp? Heizlüfter könnten zum Problem werden

17.09.2022 | Stand 15.09.2023, 3:39 Uhr
Ein öftlicher Stromausfall kann passieren. Flächendeckend sei es unwahrscheinlich, sagt der Energieexperte Egon Westphal. −Foto: Paul Zinken/dpa

Die Energiesysteme befinden sich im Krisenmodus. Bayernwerk-Vorstandschef Egon Westphal zeichnet in Worten ein Dreieck: Es besteht aus den Komponenten Sicherheit (der Versorgung), Nachhaltigkeit und Preiswürdigkeit.



Dieses Dreieck ist aus dem Gleichgewicht geraten. Alle drei Ecken befinden sich zurzeit weit oder etwas weniger abseits der gewünschten Position. Dennoch will der Herr eines großen Teils des Energienetzes in Bayern keine Krisenängste befeuern. In absoluter Sicherheit kann er die Menschen aber auch nicht wiegen .

Westphal weiß um teils dramatische Situationen. Er verweist bei seinem Auftritt am Donnerstagabend im Regensburger Presseclub auf Unternehmen, denen die Stromtarife vervielfacht wurden. Andere erhalten nicht einmal mehr Angebote. Es sei eine enorm wichtige politische Aufgabe, erreichbare Preise für Wirtschaft und Haushalte zu ermöglichen. Der Plan der EU, einen Preisdeckel bei Erzeugern einzuziehen, „scheint sinnvoll zu sein“. Die Abschöpfung von Übergewinnen hält Westphal in der Praxis für schwierig. Wichtig sei aber wohl das psychologische Signal an die Unternehmen.

Kein langanhaltender Blackout

An den Energiemärkten herrscht fraglos eine Krise. Dennoch mag Westphal den „inflationären Touch“ nicht, mit dem dieses Wort gebraucht wird. In aller Munde ist derzeit die Gefahr eines Blackouts, eines Zusammenbruchs der Stromversorgung. Ob diese Gefahr real ist, will auch der Energieexperte nicht eindeutig beantworten. Nur so viel: „Wir sollten vorsichtig sein, solche Szenarien an die Wand zu malen. Man sollte aber generell auf Krisen vorbereitet sein.“ Ob er selbst im Keller Vorräte für 14 Tage hortet, wie vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfohlen, lässt Westphal unbeantwortet. Ein Stresstest der Bundesnetzagentur habe ergeben, dass es unter sehr ungünstigen Bedingungen „gewisse Unsicherheiten“ gebe – aber nicht einen langanhaltenden Ausfall, sondern eher im Stundenbereich.

Und was geschieht, wenn all die neu angeschafften Heizlüfter eingeschaltet werden? Immerhin haben sich laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur elf Prozent der Bundesbürger unlängst ein Heizgerät gekauft, das mit Strom betrieben wird. Weitere fünf Prozent der Wahlberechtigten geben an, die Anschaffung eines solchen Geräts zumindest zu planen. Westphal zeichnet ein Extrem-Szenario: Falls jeder zweite Haushalt sich so ein Gerät mit zwei Kilowatt Leistung kauft und alle gleichzeitig einschalten, dann würde der Strombedarf um 20 Gigawatt steigen. Das sei mehr als ein Viertel eines Durchschnittstages. Die Folge? Dann wären örtliche Überlastungen des Netzes möglich, sprich Stromausfälle. Aber warum sollten die Verbraucher das tun? Der Betrieb der Heizlüfter ist immer noch deutlich teurer als der sich abzeichnende hohe Gaspreis. Also müsste die Gasversorgung ausgegangen sein.

Atom: Nutzen, was man hat

Inwieweit diese auf sicheren Beinen steht? Auch da gilt laut dem Bayernwerk-Manager: Es reicht – außer der Winter wird sehr kalt, dann könnte es knapp werden. Selbst in Bayern seien die Gasspeicher nun zu über 70 Prozent gefüllt, bundesweit sind es 89 Prozent.

Zur Atomkraft will Westphal die Emotionen heraushalten. Nur so viel: Wenn man knapp sei mit seinen Energiequellen, dann solle man alles nutzen, was man hat. Das sei auch wichtig, um die irrealen Preisspitzen, die es auf den Strommarkt gebe, zu verhindern.

Hoffnung auf E-Autos

Immerhin sind die Erneuerbaren Energien mittlerweile der entscheidende Pfeiler. 70 Prozent des Stroms im Bayernwerk-Netz stammen aus regenerativen Quellen, bayernweit sind es 50 Prozent. Langfristig setzt Westphal auf hohe Investitionen ins Netz, sein Unternehmen baue es in den kommenden Jahren für drei Milliarden Euro aus. „Wir investieren viel in Kupfer.“ Und in Intelligenz dank Digitalisierung. Verbrauch, Erzeugung, Speicherung müssten aufeinander abgestimmt sein. Hilfreich seien auch die sich durchsetzenden Elektroautos, deren Batterien als Speicher im Netz eine wichtige Rolle übernehmen sollten. „Elektroautos sind Bestandteil des Energiesystems von morgen.“