Entwöhnung
Ein Keuschheitsgürtel für Raucher

Ein Regensburger sagt dem Rauchen den Kampf an. Seine Erfindung: ein Käfig um die Schachtel. Erste Erfolge gibt es bereits.

22.07.2019 | Stand 16.09.2023, 5:32 Uhr
Tobias Maydl

Noch gut drei Minuten bis zur nächsten Zigarette: Andreas Unsicker präsentiert seine C-Boxx. Foto: Maydl

Andreas Unsicker hat das Raucher-Hirn im Visier. Denn das Gehirn ist der Hauptfeind eines Rauchers. Es schreit ständig nach neuem Nikotin. Bleiben die Rufe unerhört, stellen sich schnell Entzugerscheinungen ein. Unsicker glaubt, eine Methode gefunden zu haben, wie man diese vermeidet. Er selbst ist Raucher, braucht aber jede Woche weniger Zigaretten – ganz ohne Zittern, ohne schlechte Laune. Verantwortlich dafür sei seine Erfindung, für die er gerade erst erfolgreich ein Patent anmelden konnte: die Cigarette-Boxx, kurz: C-Boxx.

Ob er schon mal versucht hat, die Box aufzubrechen? Unsicker lacht, gibt sich aber überzeugt: „Nein. Jeder Raucher weiß ja, dass es nicht gut ist, was er macht. Die C-Boxx ist letztendlich dein gutes Gewissen.“ Und das hatte der Erfinder bitter nötig. Vor Monaten stand er wie alle Nichtrauch-Willige vor der Frage: Wie stell ich’s an?

Ab in den Käfig

Unsicker fand heraus, dass er gut damit fuhr, den Griff zur Zigarette sich nicht grundsätzlich zu verbieten, ihn jedoch hinauszuzögern. Das Verlangen nach dem Rauchen ebbte dann ab und manchmal konnte er so Zigaretten einsparen. Das Problem: „Ich hatte super Vorsätze, doch beim nächsten Bier war es schon schwieriger, sich daran noch zu erinnern.“ Eine weitere Schwierigkeit war die Sensibilisierung. Der Handgriff in die Zigarettenschachtel laufe unterbewusst ab. So ist es umso schwieriger, dieser Routine etwas entgegenzusetzen. Ein Blockademechanismus musste her oder, wenn man so will: ein Keuschheitsgürtel light.

„Es geht darum, in den kritischen Situationen zu lernen, dass man nicht unbedingt rauchen muss.“Andreas Unsicker, Unternehmer und Erfinder

Unsicker ersann eine Käfigkonstruktion, in die seine Zigarettenschachtel perfekt hineinpasste. Wann immer er das Verlangen verspürte, musste er am Käfig auf eine Taste drücken. Dann begann die Zeit zu ticken. Anfangs waren es 30 Sekunden, jetzt sind es schon drei Minuten. So lang muss er warten, bis sich das Schloss des Käfigs entriegelt und den Weg zur Zigarette freigibt. Wie oft man am Tag Zugriff habe, hänge vom individuellen Tageslimit ab. Dieses verkleinert sich dann sukzessive.“ Bei Unsicker seien es vor drei Monaten 25 Glimmstängel am Tag gewesen. „Jetzt sind es zehn, die mir das System freigibt über den Tag verteilt.“ Natürlich ist Unsicker ein Sonderfall. Als Geschäftsführer und Erfinder habe er eine besondere Motivation.

Das Gehirn umerziehen

Aber mit ihm erfolgreich seien drei weitere Personen. „Einer hat drei Schachteln am Tag geraucht, 50 Zigaretten.“ Jetzt nach drei Monaten sei er bei 22. „Das alles muss man freilich noch validieren.“ Daher plant Unsicker eine wissenschaftliche Studie zusammen mit einer Universität und Probanden. Von den Erfolgschancen seiner C--Boxx ist er schon heute überzeugt. Auch wenn durch sie bisher noch keiner zum Nichtraucher geworden ist. Aber das sei kein Problem. Zum einen möchte er auch die 75 Prozent der Raucher ansprechen, die erstmal nur weniger rauchen wollten. Zum anderen handle es sich um eine Verhaltenstherapie. „Da zeigen Studien ganz klar: Sechs Monate braucht es mindestens, um ein Verhalten erfolgreich zu löschen.“

Gesundheitsexpertin Karin Germann-Bauer von der AOK Regensburg urteilt: „Es ist definitiv eine interessante Idee. Rauchen ist meist Affekthandeln. Da hilft es sicher, wenn man gezwungen wird, es zu reflektieren.“ Online-Verkauf und Vermarktung der C-Boxx starten trotzdem schon in diesen Tagen. Unsicker hat sogar ein Hintertürchen eingebaut, einen ‚Cheat-Day’: Es gebe ein „Plus-Fünf-Lager.“ Da lagerten die fünf Not-Zigaretten: „Es geht darum, in den kritischen Situationen zu lernen, dass man nicht unbedingt rauchen muss. Dafür braucht es natürlich Zigaretten, um zu üben.“ In den Folgetagen muss man das Not-Lager durch Einsparungen wieder auffüllen. Das Tageslimit verringert sich dann. Umsonst gibt es beim Rauchen also auch nur eins: den Tod.

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