Jubiläum
Erfolgreiche Bergwacht – ganz ohne Berge

Die Bergwacht Regensburg feiert 90-jähriges Bestehen. Die Gruppe war von Beginn an eine Erfolgsgeschichte.

11.06.2018 | Stand 16.09.2023, 6:08 Uhr
Ralf Strasser

In unwegsamen Gelände wird das Abseilen einer verletzten Person geübt. Foto: msr

Sie retten und versorgen Patienten, suchen Vermisste, bergen Verunglückte. Sie setzen sich für die Natur ein und kämpfen gegen Umweltverschmutzung, und das unwegsame Gelände ist ihre Heimat. Der Name: Bergwacht Regensburg. Derzeit kümmern sich 22 aktive Einsatzkräfte und zehn Bergwachtanwärter ehrenamtlich um Menschen in Not.

Das tut die Bereitschaft Regensburg nun schon seit 90 Jahren. 1928, also nur acht Jahre nach der Gründung der Bergwacht Bayern in München, folgte eine kleine Gruppe Männer des Skiclubs Regensburg und des Waldvereins dem Beispiel aus Oberbayern und gründete unter der Leitung von Erich Hofmeister die Regensburger Abteilung der Bergwacht in der Oberpfalz. Der Startschuss für eine Regensburger Erfolgsgeschichte, vom einfachen Versorgedienst bis zum modern aufgestellten Rettungsdienst.

Weites Arbeitsfeld

Doch was macht eine Bergwacht ohne Berge? In einer Stadt, die allenfalls den Keilberg vorzuweisen hat? Die Erklärung hat Dieter Nikol. Der 76-jährige Regensburger war 24 Jahre selbst Leiter der Bereitschaft Regensburg und ist immer noch aktiv. „Vor 90 Jahren konnten sich nur wenige leisten, zum Skifahren in den Bayerischen Wald zu fahren. Die, die es konnten, kamen meistens aus Regensburg, während der Waidler den Winter gar nicht gebraucht hat. Also haben die aus der Stadt ihre eigene Bergrettung organisiert und die Bergwacht gegründet.“

„Vor 90 Jahren konnten sich nur wenige leisten, zum Skifahren in den Bayerischen Wald zu fahren. Die, die es konnten, kamen meistens aus Regensburg, während der Waidler den Winter gar nicht gebraucht hat. Also haben die aus der Stadt ihre eigene Bergrettung organisiert und die Bergwacht gegründet.“Dieter Nikol, ehemaliger Leiter der Bereitschaft Regensburg

Und es war bis in die 60er Jahre ein fast schon elitärer Kreis: „Damals war das noch ganz streng“, erinnert sich Nikol. „Nur mit einem polizeilichen Führungszeugnis und mit einem Bürgen konnte man aktives Mitglied werden.“

Der Naturschutz gehörte zur Gründungsaufgabe. Der Run auf die Berge war nach dem Krieg dermaßen hoch, dass auch die Umwelt arg unter dem Boom litt. „Der Gramminger Ludwig hat sich gesagt, da muss man was machen, und hat deshalb die Bergwacht Bayern gegründet, acht Jahre später kamen dann wir“, erklärt Nikol.

Ein Interview mit Gerd Pfannenstiel, Bereichsleiter Bergwacht, lesen Sie hier!

Heute gibt es den Schwerpunkt Natur und Umwelt immer noch. Mit Aufklärung, die sich gerade an die Jugend richtet und das Bewusstsein für die Schönheit und die Wichtigkeit der Natur fördern soll. In den 30er Jahren hatten die Regensburger aber vor allem den Skisport im Fokus, auch wenn es sich vor 90 Jahren meist um Tourengänger handelte. „Damals gab’s nur den Einserlift am Arber, das war der einzige Lift weit und breit.“

Ski-Zug in den Bayerischen Wald

In der unmittelbaren Region galten Kürn und Schneitweg als Skigebiet. Mit dem Zug nach Wenzenbach und zu Fuß zum Skifahren. „Und wir haben aufgepasst, dass nichts passiert, Verletzungen wurden vor Ort versorgt, mit einfachen Mitteln“, erinnert sich Nikol. „Später hat es den Skizug in den Bayerischen Wald gegeben und die Bergwacht hatte einen eigenen Salonwaggon, in dem wir Verletzte nach Regensburg transportiert haben. Erst wenn die Bergwacht da war, fuhr auch der Zug wieder retour in die Domstadt.“

„Das gibt’s heute nicht mehr“, schmunzelt Gerd Pfannenstiel, der seit dem März 2017 die Bereitschaft Regensburg leitet. „Dafür haben wir jetzt hochmodernes Gerät und die Möglichkeit, Hubschrauber zur Rettung anzufordern.“ Auch die Ausbildung hat sich geändert. Genügte früher Fitness und mit einer kurzen Unterweisung das Urteil „den können wir gebrauchen“, ordnet Pfannenstiel den Nachwuchsunterricht als anspruchsvoll ein.

„In der Regel spricht man von einem bis drei Jahren, aber in einem Jahr schafft man das straffe Programm nicht“, sagt der Bereichsleiter. Nach einem Gesundheitscheck folgt ein Eignungstest Sommer/Winter, dazu Notfallmedizin-, Naturschutz- und Luftrettungsausbildung. Alles in der Freizeit, versteht sich, und „sehr zeitintensiv“.

„Wir sind 24 Stunden am Tag alarmierbar, 365 Tage im Jahr“, betont der junge Bergwachtler. Im Winter sind die Regensburger jedes zweite Wochenende am Arber oder am Hohen Bogen im Einsatz, „in Absprache mit den Kollegen und Kolleginnen aus Lam, Cham, Zwiesel und Ruhmannsfelden.“ Im Sommer stehen Wanderer, Mountainbiker und Kletterfreunde in den Waldgebieten und an den Kletterfelsen rund um Regensburg und im Altmühltal und Weltenburg im Fokus.

Die Bergwacht Regensburg hat einen guten Ruf. Einen, den man sich auch verdient. Beispiel: Bei der Rettungsaktion in der Riesending-Schachthöhle wurde der Höhlenforscher Johann Westhauser im Juni 2014 aus der Höhle gerettet. Die Aktion dauerte 14 Tage. „Das war natürlich spektakulär“, sagt Nikol, „Doch solche Aktionen laufen im Kleinen bei uns überall ab.“

Festakt in der RT-Halle am Samstag

Gefeiert werden darf selbstredend auch. Im kleinen Kreis unter Kollegen oder eben ganz groß zum 90. Geburtstag. Das macht die Bergwacht Regensburg mit einem Festakt zur Gründungsfeier in der RT-Halle am Schopperplatz in Regensburg. Die Veranstaltung findet am Samstag statt und beginnt um 11 Uhr (Einlass ab 10 Uhr) mit einem Festakt.

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