Medizin
Schönheits-OP: Billigtarife sind riskant

Nachbesserungen von Eingriffen werden von den Krankenkassen nicht bezahlt. Im Ausland ist die Beratung oft mangelhaft.

02.04.2018 | Stand 16.09.2023, 6:11 Uhr
Angelika Lukesch

Eine Schönheitsoperation im Ausland ist oft nur auf den ersten Blick günstig. Die Haftungsfrage ist oft ungeklärt. Foto: Jens Schierenbeck/dpa

Katja P. (Name von der Redaktion geändert) aus dem nördlichen Landkreis Regensburg gefiel sich nach der Geburt ihrer Zwillinge nicht mehr. Ihre Bauchdecke war schlaff geworden. Die Frau wollte ihre alte Bikinifigur wieder: „Ich war immer schlank gewesen und das wollte ich wieder sein“, sagt sie im Gespräch mit unserem Medienhaus. Daher entschied sie sich für eine Bauchstraffung. Den Eingriff ließ sie vor zwei Jahren in Prag durchführen. Für diese Operation (OP) musste Katja P. nur 2700 Euro bezahlen. In Deutschland hätte derselbe Eingriff durchschnittlich etwa 5500 Euro gekostet (Quelle: Statistikportal Statistica, 2017). Privatdozent Dr. Marcus Spies, Chefarzt der Abteilung für Plastische und Wiederherstellende Chirurgie am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, bestätigt dies auf Anfrage unseres Medienhauses.

Das Angebot entdeckte Katja P. im Internet. „Alles ging per Mail und Telefon“, erzählt sie. Lediglich zur Voruntersuchung sei sie in Prag gewesen. Die Operation ist – für sie sehr überraschend – gleich am nächsten Tag eingeplant gewesen. „Die OP ist gut verlaufen, aber die Narbe lag viel höher, als ich es wollte. Sie lief praktisch mitten am Bauch“. Für Katja P. war dies eine große Enttäuschung, da diese Narbe, wenn sie einen Bikini trug, komplett zu sehen war. Als sich die Frau bei ihrer behandelnden Ärztin in Prag über die große Narbe knapp unterhalb des Bauchnabels beschwerte, bekam sie zur Auskunft, dass man hieran jetzt nichts mehr ändern könne.

Professor Dr. Marita Eisenmann-Klein, langjährige Chefärztin der Abteilung für Plastische und Ästhetische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Caritaskrankenhaus St. Josef und frühere Präsidentin der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen, warnt vor Ärzten, die sich als „Schönheitschirurgen“ ausgeben: „Kaum ein Land weltweit hat es bisher geschafft, Ärzten, die die qualifizierte Weiterbildung zum plastischen Chirurgen nicht durchlaufen haben, die Durchführung dieser Operationen zu verbieten!“

Nachbesserungen sind teuer

Viele Menschen aus der Region lassen sich wie Katja P. der geringeren Kosten wegen im Ausland operieren. Bei Problemen nach der OP kommen sie dann in Regensburger Krankenhäuser. Nach Auskunft von Dr. Spies schlagen mindestens einmal im Monat solche Patienten mit Problemen nach einer Schönheits-OP im Ausland bei den Barmherzigen Brüdern auf. Den wenigsten ist dabei klar, dass die Krankenkassen Nachbesserungen von Schönheitsoperationen nicht bezahlen.

Auch die AOK fährt einen strengen Kurs, wie Dieter Reisinger von der AOK Regensburg erklärt: „Schönheitsoperationen sind von der Patientin beziehungsweise dem Patienten selbst zu finanzieren, denn sie sind medizinisch nicht notwendig. Die erforderlichen Nachbehandlungen, zum Beispiel wegen Komplikationen oder Nachbesserungen, sind selbst verschuldet und können daher von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden.“ Muss ein Patient wegen gesundheitlicher Komplikationen aufgrund einer Schönheits-Operation auf die Intensivstation, wird es richtig teuer. „So was kann schnell in die Zehntausende gehen“, weiß Dr. Spies.

Für Katja P. ging die Geschichte am Ende noch einmal gut aus. Dr. Spies konnte mit einer zweiten OP helfen. Jetzt ist ihre Bauchdecke so, wie es sich Katja P. immer gewünscht hatte. Die Nachbesserungen musste sie selber bezahlen. Katja P. hatte vor der OP in Deutschland eine private Zusatzversicherung abgeschlossen, die die Kosten dann übernahm.

Doch wie sieht es mit der Haftung im Ausland aus? Die Verbraucherzentrale Bayern macht keine Hoffnungen: „Bei im Ausland durchgeführten Schönheitsoperationen gilt nicht automatisch deutsches Recht. Misslingt eine Operation im Ausland, können Patienten die Klinik nicht automatisch dafür haftbar machen und es kommen hohe Folgekosten auf sie zu.“

Haftungsfrage ist schwierig

Der Regensburger Fachanwalt für Medizinrecht, Rainer Beer, sagt zwar, dass eine Haftung grundsätzlich möglich sei, fügt jedoch an: „Im Einzelfall muss aber jeweils stets geprüft werden, nach welcher Rechtsordnung eine Haftung beziehungsweise deren jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen sowie deren Geltendmachung zu beurteilen sind: entweder dem deutschen Recht oder dem Recht des Behandlungslandes.“ Die Verbraucherzentrale rät in jedem Fall zu einem privaten Behandlungsvertrag (nach deutschem Recht) mit Ärzten oder Kliniken im Ausland.