Freizeit
Spielplätze: Kinder dürfen mitplanen

In Regensburg redet der Nachwuchs mit, wenn Spielplätze gestaltet werden. Wie es funktioniert, zeigt ein gelungenes Beispiel.

21.08.2018 | Stand 16.09.2023, 6:07 Uhr

Auf dem liebevoll und naturnah gestalteten Spielplatz rund um das „magische Schloss“ in Prüfening gibt es viel zu entdecken: Valentin und Greta haben sichtlich Spaß. Foto: Lex

Lena läuft durch das Bambuslabyrinth. „Schau, hier geht’s lang“, ruft sie. Plötzlich ist sie weg – verschluckt vom grünen Dickicht. Sekundenlang hört man an diesem Sommertag nur die Bienen summen und die Vögel zwitschern. Dann – plötzlich: „Hier bin ich!“ Lena springt aus einem Unterschlupf im Gesträuch hervor. Sie lacht über das ganze Gesicht. Dass man sich hier überall verstecken kann, findet die Sechsjährige toll. Und nicht nur das. Auch der Hingucker des Spielplatzes „An den Klostergründen“ in Prüfening ist in den Augen des Mädchens prima: eine riesige Holzkonstruktion, eine Mischung aus Baumhaus und Burg, die den Spielplatz überragt.

Kinder ab sechs Jahren im Fokus

Wie aufwendig diese Beteiligungsverfahren sein können, in die in der Regel Kinder aus nahegelegenen Horten oder Grundschulen einbezogen werden, zeigt das Prüfeninger Beispiel. „Hier haben wir das Spielplatzkonzept mit Kindern aus einem Hort entwickelt“, erzählt Anna Schledorn vom Amt für kommunale Jugendarbeit. Das keine Kinder aus Kindergärten einbezogen werden, hat übrigens einen Grund: „Die Spielplätze in Regensburg sind schwerpunktmäßig für Kinder ab sechs Jahren konzipiert“, erklärt Schledorn. Denn in Bayern schreibe die Bauordnung vor, dass bei Wohngebäuden mit mehr als drei Wohnungen ein Kinderspielplatz auf dem Grundstück oder in unmittelbarer Nähe errichtet werden muss. „Diese kleinen Spielplätze im Nahbereich sind sehr wichtig, gerade auch für die kleineren Kinder“, sagt Schledorn. „Wir wollen die privaten Anbieter hier nicht aus der Pflicht nehmen.“ Nichtsdestotrotz gibt es auf allen öffentlichen Spielplätzen in Regensburg natürlich auch Sandkästen oder Wipptiere für jüngere Spielplatzbesucher.

Schauen Sie sich auf dem Spielplatz „An den Klostergründen“ um: Klicken Sie einfach in das 360-Grad-Bild, um zu starten, und nutzen Sie dann ihre Maus (oder ihren Finger, wenn Sie ein mobiles Endgerät nutzen), um sich im Bild zu bewegen.

Spielplatz An den Klostergründen - Spherical Image - RICOH THETA

Planungen fingen bei Null an

Bei den Planungen für den Spielplatz „An den Klostergründen“ fing man mit den Hortkindern bei Null an. Zunächst gestalteten sie Plakate, auf denen sie Sätze vervollständigen konnten, wie etwa „Im Sommer spiele ich am liebsten..“ oder „Mit Freunden spiele ich gerne...“. „Außerdem haben wir die Kinder gefragt, was ihre Wünsche wären, wenn sie einen Spielplatz planen dürften“, erzählt Schledorn. Alle Antworten und Ideen wurden danach systematisiert. „Die Kinder haben unglaublich kreative Ideen“, sagt Schledorn. „In diesem Fall hätten die Einfälle für zehn Spielplätze gereicht.“

Bei der Systematisierung wurde bereits deutlich, welche Wünsche und Bedürfnisse bei den Kindern gehäuft auftraten. Außerdem wurde geschaut, was sich Mädchen und was sich Buben wünschen. Denn da gibt es – aller Gender-Diskussionen zum Trotz – Unterschiede, wie Anna Schledorn aus den Beteiligungsverfahren in Regensburg weiß. „Mädchen wünschen sich ganz oft einen Rückzugsort, irgendwas, wo man rumfläzen und andere beobachten kann. Das kann zum Beispiel ein Hochsitz sein, auf dem man einen guten Überblick über das Spielplatzgelände hat.“ Und Jungs? „Die wünschen sich immer häufiger Bewegungs- und Parcourselemente, auf denen man seine Muskeln und die Geschicklichkeit trainieren kann.“ Beide Gruppen sollen sich am Ende auf dem verwirklichten Spielplatz wiederfinden. Deshalb achten die Mitarbeiter des Amts für kommunale Jugendarbeit darauf, dass weder Mädchen noch Buben zu kurz kommen.

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Zwei Lager unter den Kindern

Bei dem Projekt in Prüfening wurde schon früh deutlich, was den Kindern wichtig ist: „Etwas zum Klettern und Hangeln, Tunnel, Spinnennetze und Labyrinthe fanden viele ganz toll. Außerdem haben wir festgestellt, dass den Kindern eine naturnahe Gestaltung wichtig ist. Viele wollten Holz, Steine oder Felsen“, erinnert sich Schledorn. Allerdings kristallisierten sich zwei Lager unter den Kindern heraus. Die eine Gruppe wünschte sich neben anderen Geräten ein großes Baumhaus, die andere eine Burg. „Weder vom Platz noch vom Budget her hätte es für beides gereicht“, sagt Schledorn. In anderen Städten würde nun vielleicht ein Architekt ins Spiel kommen und entscheiden, was geht und was nicht. Nicht so in Regensburg. „Die Enttäuschung der Kinder wäre dann groß. Wir haben uns für ein anderes Vorgehen entschieden“, erklärt sie.

Die Kinder bekamen Pläne von der Fläche des Spielplatzes ausgedruckt. Zudem wurden die Spielgeräte, die sich die Kinder gewünscht hatten, aus der Vogelperspektive und in etwa maßstabsgetreu auf transparenten Folien abgebildet. Darüber hinaus wurden sie mit unterschiedlich vielen Klebepunkten versehen – so wurde symbolisch dargestellt, wieviel die Geräte schätzungsweise kosten würden. Und dann ging es los mit dem „Puzzle-Spiel“: In Kleingruppen fingen die Kinder an, den Spielplatz zu gestalten. Da wurden Geräte hin- und hergeschoben, Präferenzen gewichtet, Geräte wieder aussortiert. „Die Kinder haben so ganz konkret gesehen: Wenn ich das so mache, muss ich vielleicht auf etwas anderes verzichten, weil es zu viel Platz braucht oder ich über mein Budget komme“, sagt Anna Schledorn und fügt hinzu: „Wenn man es methodisch gut entwickelt, sind Kinder selbst dazu fähig, Pläne zu entwickeln, Kompromisse zu finden und Entscheidungen zu treffen.“

Aus der Vision wurde Wirklichkeit

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