Natur
Vergessenes Idyll unter Schutz

Die frühere Lieblingspromenade der Regensburger lockt heute nur noch wenige an. Jetzt sind die Pappelreihen ein Naturdenkmal.

04.05.2018 | Stand 16.09.2023, 6:17 Uhr

So verwunschen und idyllisch wie im Märchen: die Pappelallee beim RT-Bad. Jetzt ist sie ein Naturdenkmal. Fotos: Haala

Für echte Regensburger ist das zwar kaum vorstellbar, aber es gab einmal eine Zeit ohne den Alleengürtel um die Altstadt. Den stiftete Fürst Karl Anselm von Thurn und Taxis erst im Jahr 1779. Bis die Baumreihen zu ihrer vollen Pracht herangewachsen waren, mussten damals noch ein paar Jahre ins Land ziehen. Wo aber gingen die Regensburger vor dieser Zeit spazieren? Unter den Schatten welcher Bäume zogen sie sich an heißen Sommertagen zurück? Der Autor Karl Sebastian Hosang gibt in seinem Buch „Aus der sogenannten guten alten Zeit. Kleine Geschichten aus Regensburgs Vergangenheit“ einen Tipp. Ein Kapitelchen hat er dem Oberen Wöhrd gewidmet.

Auf Instagram ist die vergessene Allee der Hit

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Die Donauinsel bezeichnet er als den ehemaligen „Lieblingsspaziergang“ der Regensburger. Die Gesandten, Kaufleute und überhaupt „die ganze schöne Welt“, hätten sich unter diesen Bäumen erquickt. Damals müssen die Winter so hart gewesen sein, dass die Eisstöße in der Donau bisweilen die Bäume beschädigten. Hier gab es Feuerwerke, Fischerstechen und Freilufttheater. Dann aber kam der Alleengürtel und lief der Insel als Freizeitgelände den Rang ab, schreibt Hosang weiter. Die Anlage geriet in Vergessenheit. Hosang schreibt, dass von da an lediglich noch Seilermeister und Schafherden den Schatten dieser Bäume aufsuchten.

Hochwasser in der Pappelallee

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Märchenort Pappelallee

Heute gilt vor allem die Pappelreihe nördlich des Wöhrdbads als Geheimtipp: Drei Reihen Pflastersteine schlängeln sich durch die mächtigen Bäume. Das märchenhaft verwunschene Idyll packt jeden, der es einmal gesehen hat und lässt ihn nicht mehr los. Zum Beispiel 24 besonders und streng geschützte Tierarten wie Spechte, Fledermäuse, Kleiber, Baumläufer, den Waldkauz und Totholzkäfer. Auch Fotograf Rudolf Rinner ist dem Charme dieses idyllischen Plätzchens erlegen.

Seit zehn Jahren schießt er regelmäßig Fotos von der Allee und das Motiv ist ihm noch nie langweilig geworden – im Gegensatz zum Dom. Von dem Regensburger Wahrzeichen braucht er ab und zu eine Pause. „Die Allee sieht immer anders aus“, sagt er. Im Sommer ist sie ein erfrischender, stiller Ort, im Herbst leuchtet sie durch die verwelkenden Blätter, im November hängt der Nebel zwischen den Baumreihen. Vor drei Jahren hat Rudolf Rinner mit einer dieser Fotografien sogar den Sonderpreis des Wettbewerbs „Allee des Jahres“ abgestaubt.

Hier befindet sich die Pappelallee

Neuer Titel, großer Schutz

In dieser Woche hat die Allee nun einen weiteren Titel verliehen bekommen. Sie ist jetzt ein Naturdenkmal. Das beschloss der Umweltausschuss einstimmig. Diesen Titel können laut Bundesnaturschutzgesetz festgesetzte Einzelschöpfungen der Natur oder entsprechende Flächen bis zu fünf Hektar Naturdenkmäler aus verschiedenen Gründen bekommen. Das kann die wissenschaftliche, naturgeschichtliche oder landeskundliche Relevanz sein oder aber die Seltenheit, Eigenart oder Schönheit des Ortes. Die Stadt entschied sich für die Schönheit als Grund. Sie begründete ihren Schritt auch mit dem Alter der Bäume. Die seien gerade einmal 60 Jahre alt und sie könnten noch 80 bis 100 Jahre dort stehenbleiben. Weiterhin sind sie ein wichtiges gestalterisches Element ihrer Umgebung: Sie überragen die Wohnbebauung und sind schon von weitem zu sehen.

Winter in der Pappelallee

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Das Gute an diesem Titel: Der Schutz, den die Pappelallee inzwischen genießt, geht weit über die üblicherweise geltende Baumschutzverordnung hinaus: Kronenschnitte, sonstige Eingriffe am Baumbestand oder deren Wurzeln sind ab jetzt genauso tabu wie Abgrabungen, Bohrungen, Sprengungen, Aufschüttungen oder Bodenverdichtung. Gebäude, Wege, Pfade, Zufahrten, Plätze, Leitungen, Kanäle, Schächte oder sonstige bauliche Anlagen dürfen dort nicht neu errichtet, angelegt oder geändert werden.

Auf Instagram ist die vergessene Allee der Hit

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Dass die Allee jetzt unter diesen Schutz schlüpfen, konnte, hat sie einem Zufall zu verdanken. Die Stadt überprüfte den Umgriff zum benachbarten Naturdenkmal Oberer Wöhrd: eine Allee mit Linden, Rosskastanien, Schwarz- und Pyramidenpappeln, Eschen, Spitzahornbäumen, Bergahornbäumen, Linden und Ulmen nördlich und westlich der Jahnturnhalle. Dabei kam heraus: Die Pappelallee ist überhaupt noch kein Naturdenkmal. Das holte die Verwaltung nun nach. Einer, der sich besonders darüber freut, ist Rinner.

Die Pappelallee hinter dem RT-Bad ist nicht das einzige Naturdenkmal in der Stadt. Es gibt noch 31 weitere. Dazu gehören etwa auch die Tegernheimer Eiche, die Kastanien Am Gries oder die Rosskastanien „Zum Goldenen Löwen“ in Stadtamhof.

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