Urteil
Unternehmer muss drei Jahre in Haft

Schuldig wegen besonders schwerer Untreue: Ein Regensburger hat eine Bekannte um 600 000 Euro geprellt.

12.06.2018 | Stand 16.09.2023, 6:07 Uhr

•Der Angeklagte (links) mit seinem Anwalt Jörg Meyer Foto: Boeselager

Drei Jahre Gefängnis wegen besonders schwerer Untreue lautete am Dienstag das Urteil des Landgerichts für einen Regensburger Unternehmer. Die 5. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Georg Kimmerl sah es als erwiesen an,dass der Angeklagte eine Bekannte aus Mallorca um 600 000 Euro prellte, indem er ihr hohe Gewinne durch Investitionen in eine geplante „Komaklinik“ in der Domstadt in Aussicht stellte. Das Projekt scheiterte jedoch. Die 59-jährige Frau sah ihr Geld bis heute nicht wieder.

Die Kammer ging zwar zugunsten des bereits einschlägig vorbestraften Geschäftsmannes davon aus, dass dieser zunächst tatsächlich eine solche Einrichtung in der Domstadt errichten wollte. Als sich das Projekt jedoch nicht wie geplant verwirklichen ließ, habe er die Gelder dem Zugriff der Geschädigten „vorsätzlich und treuewidrig entzogen“ und ins Ausland geschafft. Die Einlassung des 56-Jährigen, er habe Investitionsgelder in Höhe von 436000 Euro in bar in seinem Wohnmobil versteckt – auf einer Urlaubsreise durch Südeuropa sei ihm die Summe von Unbekannten gestohlen worden – bezeichnete der Vorsitzende Richter als „Schutzbehauptung.“ Das Geld sei wahrscheinlich „irgendwo in England verschwunden“.

Angeklagter erzählte „Märchen“

„Das schönste Märchen bleibt nun mal ein Märchen“ hatte der Staatsanwalt zuvor die Einlassung des Angeklagten zusammen gefasst. Sein Antrag: vier Jahre und drei Monate Haft. Wie das Gericht ging auch er davon aus, dass sich die Vorwürfe der Anklage „voll bestätigt“ hätten. Danach hatte der 56-Jährige die Geschädigte 2014 auf Mallorca über eine Internet-Kontakt-Börse kennengelernt. Aus Freundschaft wurde eine sexuelle Beziehung. „Die Geschädigte war verliebt.“

„Eine typische Betrugstat. Ein Mann macht sich an eine Dame ran, saugt sie aus und verzockt das Geld.“Der Staatsanwalt

Als der Angeklagte, der ein früheres Verwaltungsgebäude im Besitz seiner Familie in Regensburg in eine Intensiv-Pflege-Klinik umwandeln wollte, erfuhr, dass die Frau über Geld verfügt, überredete er sie, in das Projekt zu investieren. Er forderte immer höhere Summen: insgesamt 600 000 Euro. Laut Kooperationsvertrag sollten sich ihre Einlagen binnen zwei Jahren verdoppeln – laut Zeugen „eine Utopie“.

Doch Anfang Dezember erteilte die Stadt Regensburg dem Umbau eine Absage. Wenige Tage später transferierte der Geschäftsmann alles Geld seiner Bekannten vertragswidrig zunächst auf ein Konto in Liechtenstein, dann nach London. „Er riss sich ihr Geld unter den Nagel“, folgerte der Staatsanwalt. Der Angeklagte teilte der Investorin zwar die Absage mit, erklärte ihr jedoch wahrheitswidrig, das Projekt könne auf einem anderen Grundstück in Regensburg verwirklicht werden. Es ändere sich nichts. Ihr Geld sei „sicher auf einem Anwaltskonto“. Dies und weitere Aktivitäten hätten aber nur „der Verschleierung“ des wahren Sachverhalts gedient.

Stattdessen tauchte der Angeklagte gleich darauf ab und war für die Geschädigte nicht mehr erreichbar. Die Frau versuchte vergeblich, auch auf anwaltlichem Wege, ihr Vermögen zurückzubekommen. Die 59-Jährige hatte für die Investition einen Kredit aufgenommen und Geld bei Verwandten geborgt. Heute sei sie „finanziell ruiniert“. „Eine typische Betrugstat“, meinte der Staatsanwalt. „Ein Mann macht sich an eine Dame ran, saugt sie aus und verzockt das Geld“, so der Staatsanwalt weiter. Völlig anders sah Verteidiger Jörg Meyer den Fall.

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Er forderte Freispruch für den Angeklagten. Das Projekt „Koma-Klinik“ sei nicht gescheitert, so der Anwalt. Daher bestehe bis heute noch kein Rückzahlungsanspruch der Beteiligung. Das Abheben des Geldes der Geschädigten und das Verstauen in einem Wohnmobil sei „grob fahrlässig“ gewesen. Sein Mandant habe sich aber nicht der Untreue schuldig gemacht.

„Vermögensschaden zugefügt“

Das Gericht sah den „Treuebruch“ des Angeklagten indes sehr wohl als erwiesen an. Das Geld sei ihm nur für dieses, schließlich gescheiterte, Projekt ausgehändigt worden, und „nicht für einen beliebigen Zeitraum“. Die 59-Jährige habe ihm die Summe „vielleicht leichtfertig“ zur Verfügung gestellt. Er habe ihr jedoch „vorsätzlich einen Vermögensschaden großen Ausmaßes zugefügt“, indem er ihr Geld „irgendwohin schaffte“, wo sie keinen Zugriff mehr darauf hatte.

Die vom Angeklagten behauptete Drohkulisse, die die Geschädigte angeblich aufgebaut haben soll und dasvon ihr auf seine Ergreifung ausgesetzte „Kopfgeld“,habe sich in der Verhandlung nicht bestätigt, so die Kammer. Zu Lasten des Angeklagten wertete das Gericht neben dem extrem hohen Schaden für die Geschädigte auch seine teilweise einschlägigen Vorstrafen, zu seinen Gunsten dagegen eine „posttraumatische Belastungsstörung“, die er nach einem schweren Motorradunfall davon getragen habe. Deshalb hatte der Verteidiger im Vorfeld des Prozesses ein psychiatrisches Gutachten beantragt.

Doch der Sachverständigte bescheinigte dem Angeklagten „volle Schuldfähigkeit.“ Auch Zeugen hatten erklärt, der Mann habe sich stets „wie ein versierter Verhandler“ verhalten. Den vom Staatsanwalt beantragten Haftbefehl erteilte die Kammer allerdings bis zur Rechtskraft des Urteils nicht. Seit der Außer-Vollzug-Setzung eines früheren Haftbefehls hätten sich „keine neuen Erkenntnisse“ ergeben. Der Angeklagte habe seine Auflagen erfüllt. Der Unternehmer ist heute nach eigenen Worten „ohne Arbeit“ und hat noch keinen Cent zurück gezahlt–keine rosigen Chancen für die Geschädigte.

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