Menschen
„Crample“ rockte die 80er-Jahre

Günter Krempl gab der Band den Namen. Sie wollte eine ganz neue Musik machen. Die betrauert Formation ihren Saxophonisten.

26.03.2015 | Stand 16.09.2023, 7:10 Uhr
Helmut Wanner
Die E-Gitarre hat einer Ukulele Platz gemacht: Günter Krempl in seinem Haus in Zeitlarn. Auf der Piano-Bank sitzt Markus Mayer. Er war der Bassist der 1977 gegründeten Formation. −Foto: Wanner

Günter Krempl sitzt am sonnigen Fensterplatz mit Blick auf den renaturierten Wenzenbach. Es wird Abend in Zeitlarn, und plötzlich geht da dieser Zwölfjährige durchs Bild, ganz allein pirscht er am Bachlauf entlang, mit Pfeil und Bogen wie damals die Kinder spielten. „Flashback“ nennt man so ein Wiedererleben früherer Gefühlszustände. Das geht auch mit Capuccino.

Bei Günter Krempl begegnet einem die Jugend, obwohl der ehemalige Leadgitarrist das einst lange goldene Haar längst kurz und grau trägt. Mit Herbert Schwarzfischer von „Sacco&Mancetti“ ist er in der Pestalozzischule, Pestalozzistraße, eingeschult worden. Schwarzfischer und Krempl haben ein Stück Regensburger Musikgeschichte geschrieben. Aber Günter Krempl kam zuerst.

Der heutige IT-Stratege beim Stromriesen „e-on“ hat vor fast 40 Jahren der Band „Crample“ den englischen Namen gegeben. Ursprünglich kam die Gruppe beim dritten Bier im „Studentenkeller“ auf „Dr. Krempls Knattercombo“, aber das blieb halt bei den Leuten hängen. Ihr Grafikdesigner Hilmar Stoiber, so was hatten die schon, machte daraus „Crample“. Aus einem Urlaubsfoto seines Bruders und Bandmitglieds Eberhard, einem Glockenturm aus Kreta, gestaltete er das bekannte „Crample“-Logo.

Auftritt in der Westfalenhalle

In ihren besten Zeiten hatten sie 30 Gigs im Jahr. Crample brachte mit „Right in time“ und „In your hand“ zwei Vinyl-LPs heraus, von denen sich eine über 2000 Mal verkaufte. Die bis zu acht Musiker füllten mit einem eigenen bläserverstärkten Sound, der an „Chicago“, „Foreigner“ und „Crosby, Stills, Nash and Young“ erinnerte, 1978 das Audimax, gewannen 1979 den WOCHE-Wettbewerb. 1981 traten sie sogar in der Westfalenhalle auf, beim Jugendtag der Sozialistischen deutschen Arbeiterjugend (SDAJ), bekannt aus den Rote-Punkt-Aktionen. Damals stand die Mauer, erschien das „Neue Deutschland“ in Millionenauflage, und die Freundschaft mit der Sowjetunion war „unverbrüchlich“.

Drei Jahre vor dem Mauerfall löste sich Crample endgültig auf. Crample war nie politisch. Aber die Erinnerung an die achteinhalb bis neun Jahre ihrer Existenz ist eine Zeitreise ins spannendste Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts, als es noch gesellschaftliche Utopien gab und alles noch möglich schien.

Hier startete Pritschet

Als seinen Co-Piloten hat Günter Krempl noch Markus Mayer an Bord geholt. Die zwei stammen aus dem Albrecht-Altdorfer-Gymnasium (AAG). Der unvergessene Zeichenlehrer Alfons Maria Bauer hat Krempl für die Kunst begeistert. Otto Vielberth brachte Markus Mayer zur Musik. Der Bassist von Crample war damals auch noch ihr Kassenwart. Heute ist er das Gedächtnis der Band. Crample hat bekannte Namen hervorgebracht wie den Kirchenmusiker Dr. Hans Pritschet (Renner-Ensemble), den Komponisten und Tonmeister Bernhard Kreuzer („P und P“-Tonstudio) und – den jüngst verstorbenen Uwe Hoffmeister. Der Geschäftsführer der Promotec-Fensterbau-Firma in Maxhütte-Winkerling war die lyrische Stimme von Crample, ihr Saxophonist und Frontmann. Um sich von seinem harten Manager-Job zu entspannen, sang er in einem Gospelchor und betrieb bis zu seinem Tod in Viehhausen ein eigenes Tonstudio.

Beim Abschied in der Trauerhalle am Bergfriedhof sang Petra Soden, begleitet von Stefan Nierwetberg einen Titel, den Carole King für James Taylor geschrieben hatte. „You’ve Got a Friend“ mit dem bekannten Refrain: „You just call out my name, And you know wherever I am, I’ll come running to see you again.“

Sie blieben Freunde bis zuletzt. Seit 1990 waren sie regelmäßig zusammengekommen. Zu jedem runden Geburtstag wollten sie es noch einmal wissen, probten ein paar Wochen und stiegen mit zwei, drei Nummern auf die Bühne wie „just with you“ und „no respect“.

1997 machten sie bei 20 Jahre WOCHE-Wettbewerb im Villapark letztmals auf sich aufmerksam. Ein Revival wird es nicht geben. Günter Krempl wollte immer mehr mit seiner Band. Er wollte eine Musik, die es so noch nie gab. Nach seinem Ausstieg 1981 machte der studierte Elektroingenieur noch eine Zeit lang Lichttechnik und tourte mit Leuten wie „Donovan“ und „Desmond Decker“ durch deutsche Clubs.

Heute nimmt er statt der E-Gitarre die Motorsäge in die Hand und verwirklicht sich in Holzplastiken. In einem Atelier am Ostbahnhof heulen die Läufe seiner Kettensäge. „Irgendetwas Kreatives muss ich tun, sonst platze ich“, sagt er.

Markus Mayer dagegen reicht der lebenslange Ausweis fürs „Zap“ und die Freude, noch heute hin und wieder am Trottoir auf sein vergangenes Band-Leben angesprochen zu werden, wenn er mit dem Zug von seiner Arbeit nach Hause kommt. „Einmal im Leben sich aus der Masse erheben und aus der Anonymität treten. Das war’s für mich wert“, sagt er. Mayer arbeitet in der EDV-Abteilung des internationalen Hosenherstellers „Hiltl“ in Sulzbach-Rosenberg.

Die meisten Bandmitglieder sind jetzt so zwischen 50 und 60 Jahre alt. Sie dachten, das würde noch eine Zeit lang so weitergehen mit ihren jährlichen Treffen an Weihnachten und im Sommer. Da kam mit dem Tod ihres einstigen Frontmanns, Uwe Hoffmeister, der Paukenschlag. „Es ist der erste Todesfall. Damit hat keiner gerechnet“, sagt Günter Krempl. (wa)