Geschichte
Sisis Schwester: Das Glück in Regensburg

Der Kaiser entschied sich gegen Nené. Dafür eroberte sie das Herz eines Thurn-und-Taxis-Prinzen. Heute hätte sie Geburtstag.

04.04.2017 | Stand 16.09.2023, 6:39 Uhr

Das Gemälde von Fritz Steinmetz-Noris aus dem Jahr 1898 zeigt Helene, Erbprinzessin von Thurn und Taxis und Herzogin in Bayern. Sie wurde am 4. April 1834 in München geboren und wohnte viele Jahre im Schloss Thurn und Taxis in Regensburg. Foto: Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv

Herzogin Ludovika in Bayern freut sich noch wie ein Wiener Schnitzel; ihre Schwester Sophie, Erzherzogin von Österreich, aber schaut schon ganz grantig. Sie weiß bereits, was gleich passiert, auf dem Ball in Bad Ischl zu Ehren des Geburtstags ihres Sohnes, Kaiser Franz Joseph I. von Österreich, im Jahr 1853. Der will nämlich Sissi heiraten und nicht, wie es die Mütter im gleichnamigen Ernst-Marischka-Film eigentlich vereinbart hatten, ihre Schwester Helene mit dem Spitznamen Nené.

Der verschmähten Braut fällt das Gesicht zusammen, als sie von der Wahl des Kaisers erfährt, sie wird von Mama Ludovika getröstet und avanciert fortan zu einer Nebenfigur, von der am Ende des erstens Teils der Sissi-Trilogie aber noch zu erfahren ist, dass sie einen Prinzen Thurn und Taxis heiraten wird. Heute vor 183 Jahren wurde die Wittelsbacher Prinzessin Helene in Bayern geboren, die nach ihrer Heirat mit Erbprinz Maximilian Anton von Thurn und Taxis nach Regensburg zog. Zu ihrem Geburtstag haben wir uns im Schloss auf Spurensuche begeben und nachgefragt, wie es der Schwester der Kaiserin von Österreich in der Domstadt erging.

„H“ steht für Helene

Im fürstlichen Haus gibt es noch einige Spuren von Helene in Bayern zu sehen. Beispielsweise die Zierbuchstaben am Zaun um den Park: An einigen Stellen findet sich ein bekröntes „H“ in einem verschlungenen Oval. „Das ,H‘ steht für Helene“, sagt der Wittelsbacher-Experte Dr. Bernhard Graf. Die Buchstaben wurden auf Veranlassung ihres Sohnes, Fürst Albert I. von Thurn und Taxis, angebracht und sollen an seine Mama erinnern.Wer an einer der Führungen durch das Schloss teilnimmt, bekommt außerdem ein Kaffee-Service Helenes zu sehen, ihren Schreibtisch mit einem Schreibset und einigen Briefen.

„Sie führte von allen ihren Schwestern die glücklichste Ehe“, sagt Graf, der die Geschichte der Wittelsbacher besser kennt, als die seiner eigenen Familie. Deswegen erklärt er zunächst, wo Regisseur Marischka den Pfad der historischen Fakten verlassen hat: So ist die Verlobungs-Szene zwar einer der Höhepunkte in dem Kult-Streifen, aus historischer Sicht aber entspricht sie nicht den Fakten. Helene galt laut Graf keinesfalls als kaiserliche Braut, die Mütter der beiden hatten die Ehe nicht in dieser Form arrangiert.

Flitterwochen mit dem Kaiserpaar

Kaiser Franz entschied sich im August 1853 eben für ihre jüngere Schwester, die gerade einmal 15 Jahre alte Elisabeth. Ein Drama war das für die 19-jährige Helene aber nicht. Deswegen glaubt Graf auch nicht an einen Konflikt zwischen den Schwestern. Im Gegenteil: Helene war die Lieblingsschwester Sisis – die historische Figur schreibt sich im Gegensatz zu der im Film mit nur einem „S“.

Nachdem Helene wenige Jahre später einem Neffen des Kaisers Napoleon einen Korb gegeben hatte, hielt 1858 Erbprinz Maximilian Anton von Thurn und Taxis aus Regensburg um ihre Hand bei ihrem Vater, Herzog Max in Bayern, an. Zwar war der sofort angetan von seinem zukünftigen Schwiegersohn, allerdings stellte nun der König Maximilian II. von Bayern Bedingungen. „Die Thurn und Taxis waren in den Augen des Königs nicht standesgemäß für eine Tochter aus dem Hause Wittelsbach“, sagt Graf. Deswegen sollte Helene ihren Titel als Herzogin in Bayern weiterführen und zeitlebens als „königliche Hoheit“ angesprochen werden.

Nach diesen Zugeständnissen an den bayerischen Monarchen heiratete Helene den Regensburger Erbprinzen im August 1858 in Possenhofen. Die Flitterwochen verbrachten sie laut Dr. Peter Styra, Leiter der Fürst Thurn und Taxis Hofbibliothek, zusammen mit Sisi und Franz in Ischl.

Wenige Tage vor Weihnachten im gleichen Jahr zog das frisch vermählte Paar in die Domstadt. Styra beschreibt diese ersten Tage in Regensburg. So wurden die beiden von 50 berittenen Bürgern empfangen. Am Heiligen Abend besuchten sie eine Festvorstellung im Stadttheater, bevor sie an einem Fackelzug und einem Serenaden-abend teilnahmen.

Das fürstliche Schloss war eine Baustelle, solange Helene dort lebte, ebenso der Dom, dem zu dieser Zeit die Spitzen aufgesetzt wurden. Trotzdem fand Helene in Regensburg ihr ganzes Glück. So gingen aus ihrer Ehe vier Kinder hervor: Luise (1859), die einen Hohenzollern-Prinzen heiratete, Elisabeth (1860), die Teil des portugiesischen Königshauses Braganza wurde, Maximilian Maria Lamoral (1862) und Albert (1867). Wenige Wochen nach der Geburt Alberts starb Helenes Ehemann. Das stürzte sie in eine schwere Krise. Styra berichtet von einem Brief, in dem sie ihr stilles, eintöniges Leben voller Herzenseinsamkeit und Trübsal beklagt.

Sie zog die Strippen im Schloss

Trotz allem hatte sie sich zu einer fähigen Regentin gemausert, der es gelang, die Land- und Forstwirtschaften des fürstlichen Hauses bedeutend zu erweitern. Zweimal zog sie die Strippen im Hause Thurn und Taxis. Diese Verantwortung kam aber beide Male nach einem Trauerfall auf sie zu. Denn sie überlebte auch ihren älteren Sohn, bevor sie selbst am 16. Mai 1890 im Alter von 56 Jahren starb.

Helene in Bayern war für ihren tiefen Glauben bekannt, sagt Graf. Außerdem hat sie wohltätige Einrichtungen gegründet. Zum Beispiel engagierte sie sich für Kriegsversehrte. Schon in ihren Kinderjahren hatte die Wittelsbacher-Prinzessin ihren eigenen Kopf. „Sie galt als ein schwieriges Kind“, sagt Graf. Deswegen wurde sie von der englischen Nurserygoverness Miss Mary Newbold erzogen. Ihren eigenen Kopf bewies sie auch als Teenager. So soll sie im Jahr 1848, als die Märzrevolution in München tobte, aus dem Fenster des Palais in der Ludwigsstraße geschrien haben „Brüder gegen Brüder“.

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