Kriminalität
Soko liefert erdrückende Beweise

Nach dem Mord an einer Prostituierten in Regensburg führt die Spur zu einem Asylbewerber. Er hat ein Teilgeständnis abgelegt.

05.09.2017 | Stand 16.09.2023, 6:26 Uhr

Aus Sicht der Ermittler ist das Tötungsdelikt „geklärt“. Theo Ziegler (von rechts), Sprecher der Staatsanwaltschaft, Polizeivizepräsident Michael Liegl, Franz Schimpel, Chef der Kripo Regensburg, und Chef-Ermittler Stefan Halder stellten die aktuellen Entwicklungen in dem Fall vor. Foto: altrofoto.de

Es ist ein sehr schneller Erfolg für die Soko „Alemannen“. Einige Morde an Prostituierten können erst nach Jahrzehnten aufgeklärt werden, manche nie.Im Fall der am 30. August in einer Wohnung Ecke Alemannenstraße/Landshuter Straße getöteten33-jährigen Prostituierten kommt die Polizei wesentlich schneller voran. Nur knapp eine Woche nach der Tat sitzt der mutmaßliche Täter in Untersuchungshaft. Am Montagabend klickten gegen 18.30 Uhr die Handschellen im Stadtgebiet von Weiden. Dem 21-jährigen Asylbewerber aus Mali wird Mord vorgeworfen, sagte Polizeivizepräsident Michael Liegl am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Zusammen mit Franz Schimpel, Chef der Kripo Regensburg, Theo Ziegler, Sprecher der Staatsanwaltschaft, Chef-Ermittler Stefan Halder und Polizeisprecher Marco Müller stellte er die aktuellen Entwicklungen in dem Fall in den Räumen des Polizeipräsidiums Oberpfalz vor. „Aus unserer Sicht ist das Tötungsdelikt (...) geklärt“, sagte Liegl.

Opfer wurde erwürgt

Die Polizei sieht in dem 21-Jährigen den Täter. Er soll nach den Angaben der Ermittler die Frau bestohlen und zur Verdeckung dieser Tat erwürgt haben. Bei dem Tatverdächtigen wurde unter anderem das Handy der Prostituierten gefunden. Wie Liegl bei der Pressekonferenz sagte, seien daher die Mordmerkmale Habgier und Verdeckungsabsicht als Motiv als gegeben zu sehen. Nach derzeitigem Ermittlungsstand starb die 33-Jährige durch „stumpfe Gewalteinwirkung gegen den Halsbereich“. Der Leiter der mit dem Fall betrauten Sonderkomission „Alemannen“, Stefan Halder, sagte, der Mann habe die Frau mit bloßen Händen erwürgt. Die Polizei geht davon aus, dass sich Opfer und mutmaßlicher Täter schon vor der Tat kannten. Dass Verdächtiger und Opfer in der Tatnacht sexuellen Kontakt hatten, wollen die Ermittler nicht ausschließen.

Der Mann hat unter anderem bereits – aufgrund der „erdrückenden Beweislast“ – ein Teilgeständnis abgelegt. Noch am Mittwochvormittag hätten die Ermittler ein für den Fall „entscheidendes Untersuchungsergebnis von DNA-Spuren“ aus der Rechtsmedizin in Erlangen erhalten.Wichtige Spuren ergaben für die Polizeiauch die Auswertung von Videoaufnahmen und Kommunikationsdaten. Dabei könnte auch die Videoüberwachung einer Tankstelle, die sich direkt neben dem Gebäude mit der Wohnung des Opfers in der Landshuter Straße befindet, eine Rolle gespielt haben.

„Wir haben einen Tatort, bei dem es sich nicht um ein Einfamilienhaus handelt (...). Wir haben hier sehr viele Spuren abzuhandeln. Wir haben einen wechselnden Personenkreis, der in diesem Haus verkehrt ist“, beschrieb Halder einige Schwierigkeiten, mit denen die Ermittler zu kämpfen hatten. Zahlreiche Dolmetscher seien benötigt worden, die Vernehmungen hätten „in einem sehr engen Zeitfenster“ durchgeführt werden müssen.

Insgesamt seien weit über 40 Vernehmungen durchgeführt worden, sagte Franz Schimpel, Leiter der Kripo Regensburg. „Es war eine Vielzahl von Personen abzuklären: Im Umfeld der getöteten Rumänin, im Bereich der Prostituierten allgemein, die in diesem Gebäudekomplex ihre Dienste anbieten – deren Bezugspersonen und eine Vielzahl von Personen, die sich zur Tatnacht in dem Gebäude aufgehalten hat.“ Schließlich habe sich ein Verdachtsmoment gegen mehrere Asylbewerber herauskristallisiert, die in Regensburg gewohnt hatten, aber am 1. September in Richtung Nordoberpfalz – nach MZ-Informationen in eine Asylbewerberunterkunft in Neualbenreuth (Landkreis Tirschenreuth) – verlegt wurden. Den Hinweis auf diese Personengruppe habe die Polizei durch die Auswertung von Kommunikationsdaten erhalten. Auf die Frage, ob das Handy der Getöteten geortet wurde, antwortete Chef-Ermittler Halder: „Wir nutzen natürlich die Mittel der Strafprozessordnung“. Halder bestätigte, dass der Verdächtige noch vor seiner Festnahme eine italienische Sim-Karte in das Handy eingelegt hatte.

Laut den Angaben der Staatsanwaltschaft gebe es „eine gute Beweislage“. Theo Ziegler, Sprecher der Staatsanwaltschaft, wies in diesem Zusammenhang trotzdem noch einmal darauf hin, dass erst in einem Gerichtsverfahren verbindlich geklärt wird, was der Beschuldigte getan hat und warum er es getan hat. „Bis dahin gilt selbstverständlich auch für ihn die Unschuldsvermutung.“

Bei dem 21-Jährigen handelt es sich laut Angaben der Polizei um einen ausreisepflichtigen Asylbewerber aus Mali in Westafrika.Er war laut den Angaben der Polizei am 30. März nach Deutschland eingereistund hatte einen Tag später bei der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Heidelberg den Wunsch nach Asyl geäußert. Er wurde dann nach Regensburg in die Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) in der Zeißstraße verlegt, wo er am 21. April einen formellen Antrag auf Asyl stellte – die EAE befindet sich in Sichtweite des Gebäudes mit der sogenannten Modellwohnung des Mordopfers.

Verdächtiger und Opfer waren „Nachbarn“

Das Asylverfahren wurde am 20. Juni eingestellt. Damit erlosch am selben Tag seine Aufenthaltsgestattung, er erhielt einen Abschiebebescheid. Die Abschiebung musste aber ausgesetzt werden, weil der 21-Jährige keinen Pass hat. „Die Person hat lediglich die Kopie einer Geburtsurkunde vorgelegt“, sagte Liegl. Die Ersatzpapierbeschaffung laufe nun auf Hochtouren.

Polizeilich auffällig geworden war der Mann schon einmal wegen einer Schlägerei in einer Asylbewerberunterkunft in Regensburg. Hier müsse noch geklärt werden, wie die individuelle Tatbeteiligung ausgesehen hat.

Am Dienstag war der Mann auf Antrag der Staatsanwaltschaft dem Ermittlungsrichter am Amtsgericht vorgeführt worden. „Der Richter sah einen dringenden Tatverdacht als gegeben und erließ Haftbefehl gegen den 21-Jährigen wegen des Verdachts des Mordes“, sagte Liegl. Seither sitzt der Mann in einer JVA.

Die Pressekonferenz in voller Länge können Sie hier in unserer Aufzeichnung sehen. Darunter finden Sie außerdem unseren Liveblog von der Pressekonferenz zum Nachlesen.

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