Entwicklung
Stadtamhof reift zum Künstlerviertel

In dem Regensburger Stadtteil siedeln sich verstärkt Kreative an. Mit Veranstaltungen wollen sie auf sich aufmerksam machen.

09.05.2019 | Stand 16.09.2023, 5:36 Uhr
Martina Groh-Schad

Stadtamhof im Wandel: Im unteren Teil der Ladenstraße mieten sich verstärkt Künstlergruppen ein, um ihre Werke zu präsentieren und zu verkaufen. Foto: Martina Groh-Schad

Am Brückenbasar in Stadtamhof mit Blick auf die Dreifaltigkeitskirche steht ein Schild für Fußgänger und Radfahrer. „Ende“ ist darauf zu lesen. Jemand hat einen Aufkleber angebracht. Es wirkt, als ob das Wort verschwinden soll.

Vermutlich wusste derjenige nicht, dass er damit symbolhaft den Nerv etlicher Ladeninhaber trifft, die entlang der Straße auf Kunden warten. Während kurz nach der Steinernen Brücke noch lebhaftes Treiben herrscht, wird es im unteren Teil ruhiger. Viele wissen wohl gar nicht, dass sich am anderen Ende in den vergangenen Jahren mehrere kleine Geschäfte angesiedelt haben, die von Künstlern, Designern und Kunsthandwerkern betrieben werden. Bereits drei Mal feierten sie ein Fest unter dem Motto „Ein Stelldichein in Stadtamhof“, um auf sich aufmerksam zu machen.

Sichtbarer werden

„Wir wollen sichtbarer werden“, erklärt Mitorganisatorin Dagmar Reinecke vom Kunsthaus KUSS, das von vier Künstlerinnen betrieben wird. Neun Geschäfte und kreative Dienstleister beteiligten sich zuletzt an dem Fest. Angrenzende Gastronomie-Betriebe zogen mit. Die Läden sollen immer von außen mit vielen bunten Luftballons geschmückt werden. „Man soll schon von der Steinernen Brücke aus sehen, dass da unten was los ist“, ergänzt die Diplomdesignerin Renate Wegmann, die das Porzellanstudio und den Laden „12achtzig“ betreibt, in dem weitere Künstlerinnen ausstellen. Die Künstler wollen auf der Straße präsent sein und mit Menschen ins Gespräch kommen. „Wir wollen in den Köpfen der Leute ankommen“, sagt Wegmann und sieht sich als Teil einer Künstlervereinigung im Viertel.

Das „Stelldichein“ ist als regelmäßige Veranstaltung geplant. Aber die Künstler wollen noch mehr und stoßen damit bei Alexander Irmisch-Hergert, dem Vorsitzenden des Vereins „Pro Stadtamhof“, auf offene Ohren. „Das Viertel hat sich in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt“, urteilt der Inhaber des „Café Schierstadt“. Das Künstlerhaus Andreasstadel, das viele Ateliers von Künstlern beherberge, begünstige die Entwicklung hin zu einem Künstlerviertel ebenso wie die Kirchenmusikschule. Nun habe auch eine Tanzschule eröffnet, ergänzt Reinecke.

Die Bandbreite ist groß: Malerei, Musik, Tanz, Keramik, Glas, Schmuck, Papierkunst, Hutmode, Filzarbeiten und Porzellan. Zudem gibt es in der Ladenstraße mehrere Architekten und Raumplaner. Ein bunter Gastronomie-Mix hat sich entwickelt, der von gutbürgerlicher deutscher Küche über vietnamesische und Curry-Wurst-Spezialitäten bis hin zu Kuchen reicht.

„Im Gegensatz zur Stadt sind die Mieten noch bezahlbar.“Dagmar Reinecke vom Kunsthaus Kuss

Dem aufmerksamen Betrachter fallen vereinzelte Leerstände auf. Genau auf die haben es die Künstler abgesehen. „Es wäre toll, wenn sich weitere Künstler hier ansiedeln würden“, betont Reinecke und empfiehlt Interessierten, sich einen Laden zu teilen, falls man Mietkosten scheue. „Untereinander muss es natürlich passen“, räumt sie ein. Dann biete das Viertel viele Vorteile. „Im Gegensatz zur Stadt sind die Mieten noch bezahlbar“, wirbt sie. Die breiten Bürgersteige laden zum Flanieren ein und alles sei sehr lichtdurchflutet. Von der Gemeinschaft, die sich entwickelt habe, ganz zu schweigen.

Über die Brücke wie in Florenz

Renate Wegmann träumt davon, dass sich in Stadtamhof ein Künstlerviertel wie in Florenz etablieren könnte, in das die Menschen gezielt über die Brücke strömen, um den Flair zu erleben. Viele Touristen laufen ohnehin schon durch das Viertel. Von den Tagestouristen, die am Dultplatz parken sowie von den Reisenden auf den Kreuzfahrtschiffen profitieren die Künstler. Mit den Bustouristen sei es schwieriger. „Sie werden in Gruppen in die Altstadt geführt“, erzählt sie. Wenn sie zum Bus zurücklaufen, seien sie meist schon satt an Eindrücken. „Dann lassen sie unsere Werke links liegen.“

Irmisch-Hergert plant, dass sich alteingesessene Vereinsmitglieder und die noch neuen Künstler im Viertel an einen Tisch setzen und gemeinsam Ideen entwickeln, wie sich Stadtamhof weiter beleben lasse. Schon jetzt gibt es Überlegungen, ob ein gemeinsamer Flyer sinnvoll wäre oder andere Werbeaktionen. Es sind weitere Veranstaltungen denkbar und man will sich externe Ratschläge von der Stadt, der IHK und dem Tourismusverband holen. Der Verein selbst plant im September wieder das Weinfest. „Die Musik steht schon“, sagt Irmisch-Hergert.

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