Experten-Interview
Was gilt bei Erster Hilfe am Kind?

Eine Regensburger Expertin gibt Tipps, wie Menschen vorgehen sollen, wenn sie sich mit solchen Notfällen konfrontiert sehen.

17.09.2021 | Stand 16.09.2023, 0:39 Uhr
Bei Notfällen mit Kindern gelten besondere Regeln. −Foto: André Baumgarten

Fast 1,9 Millionen Kinder müssen jährlich wegen einer Unfallverletzung ärztlich versorgt werden. Viele Eltern sind unsicher, wie sie als Ersthelfer handeln sollten, weiß Sonja Schäffer, Leiterin der Erste-Hilfe-Ausbildung.

Was ist der Unterschied zur Ersten Hilfe am Erwachsenen?

Es gibt anatomische und physiologische Unterschiede. Zu den anatomischen zählt, dass ein Säugling oder ein Kleinkind zum Beispiel durch die Nase atmet. Ein Erwachsener kann bei einer Nasenverstopfung durch den Mund atmen, das kann ein Kleinkind nicht. Eine verstopfte Nase führt somit schnell zu einem erhöhten Atemwiderstand. Auch die Zunge eines Kleinkindes ist größer und füllt mehr Mundraum aus. Bei Bewusstlosigkeit kann das dazu führen, dass die Atemwege verlegt werden und es dadurch zu einem Sauerstoffmangel kommt. Außerdem haben Kleinkinder unterhalb des Kehlkopfes eine Engstelle. Erwachsene haben diese oberhalb. Durch diese Besonderheit kann es schnell zum Ersticken durch Fremdkörper kommen. Je kleiner die Kinder sind, desto schlechter verkraften sie einen Blutverlust. Schockzeichen wie Blässe treten erst später auf, weswegen man die Gefahr häufig unterschätzt. Kleinkinder und Säuglinge kühlen auch schneller aus als Erwachsene, durch das fehlende Körperzittern wird eine Unterkühlung oft zu spät bemerkt. Aus psychologischer Sicht reagiert ein Kind oft ganz anders auf einen Notfall.

Auf welche Vorfälle müssen Eltern vorbereitet sein?

Man sollte immer darauf gefasst sein, dass ein Kind einen Fremdkörper verschluckt, was zur Erstickung führen kann. Auch auf Vergiftungen sollte man vorbereitet sein, falls ein Kind zum Beispiel mal an ein Putzmittel kommt. Häufig passieren auch traumatologische Unfälle durch Stürze.

Was sind Alarm-Zeichen bei Kindern?

Auf klassische Alarm-Zeichen wie Weinen, Schreien oder Äußerungen des Kindes sollte man immer achten. Veränderungen die man sehen kann: Zum Beispiel ein roter Kopf bei Hitzeeinwirkungen , bläuliche Verfärbung der Lippen bei Sauerstoffmangel.

Wie können sich Eltern weiterbilden?

Ich würde allen Eltern einen Erste-Hilfe-am-Kind-Kurs empfehlen. Bei diesem Kurs erlernen sie Handlungshilfen und Empfehlungen, so dass sie bei Verletzungen und plötzlichen Erkrankungen angemessen handeln können. Man sollte mögliche Gefahrenquellen im Vorfeld ausschließen, beispielsweise Kleinteile bei Spielzeug, Erdnüsse auf dem Wohnzimmertisch, heiße Herdplatte. Nutzen sie Informationsangebote und Präventionsmöglichkeiten, wie zum Beispiel Treppenschutzgitter.

Wie soll man vorgehen, wenn es zum Ernstfall kommt?

Man sollte versuchen, ruhig und besonnen zu handeln. Lieber einmal zu viel den Notruf wählen, anstatt die Situation zu unterschätzen.