Wohnungsbau
Stadtbau plant ein Zwillings-Hochhaus

Der Block in der Regensburger Alfons-Bayerer-Straße soll einen „Bruder“ bekommen. Etliche Anwohner sind entsetzt.

11.03.2017 | Stand 16.09.2023, 6:30 Uhr
Heinz Klein
Hermann Großner will vom Balkon aus seinen Ruhestand genießen. Das Vorhaben der Stadtbau, rechts neben dem Wohnblock einen etwas schlankeren Bruder zu bauen, trübt die Aussichten. −Foto: Klein

Das 14-stöckige Stadtbau-Hochhaus in der Alfons-Bayerer-Straße soll einen gleich hohen, aber etwas schlankeren Anbau bekommen. Die Nachricht machte Ende Dezember bei den Anwohnern in den Nachbarhäusern die Runde und sorgte für Ernüchterung bis hin zu blankem Entsetzen. Jahrelanger Baulärm und Staub, weniger Licht, mehr Enge, verstärkte Parkplatznot – das sind die Befürchtungen, die jedem der unmittelbaren Anwohner durch den Kopf gehen. Bald kursierten Unterschriftslisten, die sich schnell füllten und zusammen mit einem Widerspruch zum Beschluss Bebauungsplan 64 II gerade noch vor Ende der Einspruchsfrist Ende Januar den Stadtplanern auf den Tisch flatterten.

Dort sieht man die Geschichte aus anderem Blickwinkel.Der nahezu leere Wohnblock an der Ecke Alfons-Bayerer-Straße/Killermannstraße im Westenviertel soll demnächst energetisch saniert und auf den aktuellen Stand des Brandschutzes gebracht werden.Wenn dazu ein zweites Treppenhaus gebaut werden muss, dann könnte das doch gleich zusätzliche Wohneinheiten mit erschließen – so die Überlegung der Stadtbau.

Der 14-stöckige Solitär ragt aus einem großen Grundstück auf. Platz sei da noch genug, sagen die Planer. Wenn man eines von zwei Parkdecks durch eine Tiefgarage ersetzt, könnte sich ein zweiter, gleich hoher, aber etwas schlankerer Bau an den Wohnblock schmiegen. Zu den bestehenden knapp 60 Wohneinheiten kämen 44 neue dazu – alles nahezu gleich große Wohnungen mit 54 bis 56 Quadratmetern Wohnfläche. Sämtliche Wohnungen sollen aus Mitteln der Einkommenorientierten Förderung (EOF) unterstützt werden und als Sozialwohnungen eher einkommensschwächeren Mietern zur Verfügung stehen.

In Lücken Wohnraum schaffen

Nachverdichtung heißt das Zauberwort, das im quirlig wachsenden Regensburg in Baulücken oder großzügig bemessenen Umgriffen zusätzlichen Wohnraum schaffen soll. Und der ist begehrt, vor allem, wenn er halbwegs bezahlbar ist. Derzeit stehen 1800 Namen von Menschen mit Wohnberechtigungsschein auf den Antragslisten der Stadt. „Nur etwa 10 Prozent von ihnen haben eine reelle Chance, eine sozial geförderte Wohnung zu bekommen“, schildert Rolf Thym, Mitarbeiter der Pressestelle der Stadt, das Dilemma.

Den einen macht Wohnungsnot Kopfzerbrechen, anderen die Parkplatznot. Und die sehen Anwohner der Alfons-Bayerer-Straße heraufziehen, denn schon jetzt seien Parkplätze knapp – und das, obwohl der sanierungsbedürftige Wohnblock bis auf sechs noch bewohnte Einheiten leer steht. Zudem soll dem Ergänzungsbau eines von zwei Parkdecks mit jeweils 32 Parkplätzen weichen, allerdings durch eine Tiefgarage ersetzt werden. Wenn später beide Wohnblöcke mit dann insgesamt rund 100 Wohneinheiten wieder bezogen sind, könnte es wohl in der Tat knapp werden mit Parkplätzen. Zumal schon jetzt Anwohner von weiter weg zum „Fremdparken“ kommen und den Parkdruck erhöhen, klagen Anwohner.

Den Sommer am Balkon genießen?

Einer von ihnen ist Hermann Großner, der ebenfalls in einer Stadtbauwohnung rund 40 Meter von dem Sanierungsobjekt wohnt. Seit eineinhalb Jahren ist er im Ruhestand und genießt seitdem die freie Zeit gerne auf seinem Balkon. Die Aussicht, künftig über mehrere Jahre eine Großbaustelle vor der Nase zu haben, kann ihn nicht begeistern. Zudem er mit chronischem Asthma geplagt ist und vor allem die Staubbelastung fürchten würde.

Mehr Staub, mehr Lärm und dafür weniger Sonnenlicht – das kann keine Aussicht sein, die Anwohner begeistern könnte. Auch drüben auf der anderen Straßenseite sieht man sorgenvolle Gesichter. Margarete Sträußl beispielsweise hat von ihrem großen Wohnzimmerfenster das Hochhaus im Blick. Wenn es sich nun nahezu verdoppeln sollte, ist ein Teil der noch vorhandenen Fernsicht futsch. „Schön wäre das nicht“, sagt die Rentnerin, die zusammen mit ihrer Tochter Irmi ein bisschen weiter von der künftigen Baustelle entfernt wohnt, sich als autolose Städterin keine Parkplatzsorgen machen muss und zu den entspannteren Kritikern der Stadtbau zählt.

In ihrem Widerspruchsschreiben weisen die Anwohner auf die Verschattungsproblematik hin, von der fast alle Nachbarn betroffen wären. Auch ginge der Charakter dieses Stadtgebiets verloren. Die erweiterte und extrem hohe Bebauung würde die umliegende Bebauung regelrecht erschlagen und sei mit einer Quartierverträglichkeit nicht vereinbar. „Daher geht aus dem Bauvorhaben eine für uns unzumutbare Beeinflussung aus und es liegt eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme vor“, schreiben die Kritiker. Eine Antwort haben sie bisher noch nicht erhalten.

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