Geschichte
Ausstellung zeigt 112 Jahre Kino in Schwandorf

08.06.2022 | Stand 15.09.2023, 4:54 Uhr
Dietmar Zwick
Gerhard Gruber (4.v. r.) untermalte den Film mit Klaviermusik. Leinwand-Lyriker Ralph Turnheim (2. v. l.) tat dies mit drei verschiedenen Text-Versionen. −Foto: Dietmar Zwick

„Komm wir gehen ins Kino“, lautete einst der Werbespruch in einer Zeit, als die bewegten Bilder noch wenig Konkurrenz hatten. Am Donnerstag wurden die Gäste im ehemaligen „Metropol“-Kino (vormals Blumen Heinz) in die Zeit der Anfänge zurückversetzt.

Gefeiert wurden an diesem Abend „111+1 Jahre“ Kinogeschichte in Schwandorf. Schwandorfs 2. Bürgermeister Andreas Wopperer (CSU) wies bei der Begrüßung darauf hin, dass heute Fernsehgeräte mit 75- oder 85-Zoll-Bildschirmen in den Wohnzimmern stünden und das Angebot von Netflix und Co. oder die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender genutzt werden könnten. „Wer braucht da noch Kino?“, fragte Wopperer und gab sogleich die Antwort darauf.

Früher gab es gleich mehrere Kinos in Schwandorf

Im Kino ziehe die Handlung auf der großen Leinwand die Besucher in ihren Bann. Hier könne man in besonderer Umgebung für zwei oder drei Stunden in eine andere Welt eintauchen. Zudem sei das Filmerlebnis emotional intensiver und nachhaltiger als anderswo. „Wir brauchen Kino auch heute noch, um damit ein wirkliches Filmerlebnis genießen zu können“, betonte Wopperer. Er erinnerte an die Zeiten, in denen in Schwandorf mehrere Kinos gleichzeitig geöffnet hatten. Heute gebe es nur noch eines, das „Lichtwerk“, das neben Blockbustern auch Filme abseits des Mainstreams zeige. „Darüber sind wir als Stadt froh. Kino hat auch heute noch eine Zukunft“, sagte Wopperer.

Stadtarchivar Josef Fischer ließ die Schwandorfer Kino-Geschichte Revue passieren. Bereits 1905 gastierten nach seinen Worten in der heutigen Friedrich-Ebert-Straße kinematografische Veranstaltungen. 1909 konnten sich die Bürger mehrere Wochen lang über das „Kaiser-Panorama“ freuen. Die ersten Filme, die in Schwandorf liefen, waren laut Fischer Stummfilme mit Klavier-Begleitung.

1918 wurden drei Kinos parallel betrieben

In den nächsten Jahren folgten dann die „Kammerlichtspiele“, 1916 sei mit den „Kloster-Lichtspielen“ ein großes Kino hinzugekommen. Der Konkurrenzkampf war eröffnet. 1918 gab es drei Kinos, die parallel in Schwandorf betrieben wurden. Im Kino „Post“ gab es zu dieser Zeit 250 Sitzplätze, ebenso in den „Kloster-Lichtspielen“. Das Kino im katholischen Vereinshaus habe sogar Platz für 360 Kinobesucher geboten, informierte Fischer.

Die „Rialto Lichtspiele“ entstanden 1945 in der ehemaligen Turnhalle auf dem Hubmannwöhrl. Am 25. Januar 1946 lief dann in allen Filmtheatern in Bayern die Dokumentation „Die Todesmühlen“, in der die Verbrechen der Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern aufgezeigt wurden.

Das ehemalige „Metropol“- Kino wurde 1952 mit dem deutschen Heimatfilm „Tausend rote Rosen blühen“ eröffnet. 28 Jahre zuvor waren an gleicher Stelle die „Pfälzer Lichtspiele“ an den Start gegangen. Die letzte Vorstellung in den „Kloster-Lichtspielen“ fand laut Fischer am 1. November 1966 mit dem Film „Der Ruf der Wälder“ statt.

Die „Ostmark-Lichtspiele“, später umbenannt in „Union-“ und schließlich in „Lichtwerk-Kino“, sei das letzte noch existierende Lichtspielhaus in Schwandorf. Dieses Kino könne auf eine über 80-jährige Geschichte zurückblicken und habe 2020 einen Förderpreis des Film- und Fernsehfonds Bayern gewonnen, schloss Stadtarchivar Josef Fischer.

„Lichtwerk“ wurde zu Programm- und Filmkunstkino ausgebaut

„Lichtwerk“-Geschäftsführer Frederik Hohrath gab einen Ausblick in die Zukunft und dankte Eigentümer Karl-Heinz Saur dafür, dass das „Lichtwerk“ zum Programm- und Filmkunstkino ausgebaut werden konnte. Nach der Renovierung beider Säle sollten im Herbst Klassiker wie „Spartacus“ oder „Vom Winde verweht“ gezeigt werden. Hohrath versprach, in den nächsten Jahren weiter ein anspruchsvolles Programm zu bieten und den Kinostandort Schwandorf weiterzuentwickeln.

Im Anschluss an die offizielle Feier wurde der erste Frankenstein-Film aus dem Jahr 1910 gezeigt. Gerhard Gruber untermalte den Stummfilm mit Klaviermusik, Leinwand-Lyriker Ralph Turnheim hatte drei verschiedene Versionen parat, den Film mit Text zu hinterlegen. Eine Ausstellung im ehemaligen „Metropol“-Kino erinnert im Juni an 112 Jahre Schwandorfer Kino- und Kulturgeschichte. Sie ist samstags und sonntags jeweils von 14 bis 17 Uhr geöffnet.