Söder in Neunburg
Bayerischer Gemeindetag fordert Lösungen in der Krise

12.10.2022 | Stand 15.09.2023, 3:17 Uhr
Sie waren bei der Landesversammlung des Bayerischen Gemeindetags in Neunburg anwesend: Ministerpräsident Markus Söder (Mitte), Uwe Brandl, der Präsident des Bayerischen Gemeindetags (l.), und Bürgermeister Martin Birner. −Foto: Stefanie Kraus

Inflation, steigende Energiepreise, neue Flüchtlinge: Die Krisen, denen sich der Freistaat derzeit stellen muss, waren das zentrale Thema auf der Landesversammlung des Bayerischen Gemeindetags, der sich gestern in Neunburg traf. Das Gremium fordert Lösungen und Unterstützung von Bund und Ländern, damit die Kommunen die aus den Krisen resultierenden Belastungen langfristig stemmen können.



Auch Ministerpräsident Markus Söder war zur Freude des Hausherrn, Bürgermeister Martin Birner (beide CSU) in die Pfalzgrafenstadt gekommen, um vor den rund 180 versammelten Bürgermeistern und Ehrengästen zu sprechen und sich in das Goldene Buch der Stadt Neunburg einzutragen. „Dieses Jahrzehnt stellt uns dauernd vor Herausforderungen“, stellte Söder gleich zu Beginn seiner Rede fest. Die Corona-Pandemie sei quasi über Nacht gekommen und habe die Kommunen vor enorme Aufgaben gestellt.

130000 Leben in der Pandemie gerettet

Doch durch die gemeinsame Arbeit sei es Schätzungen von Experten zufolge gelungen, etwa 130000 Leben zu retten. „Jetzt leben wir in einer anderen Zeit“, sagte Söder. Jeder habe die Möglichkeit, sich durch Impfung, das Tragen einer Maske und Tests zu schützen. „Es wird kein einfacher Winter, aber ein anderer Winter, als wir ihn schon erlebt haben“, versprach er. Eine weitere Herausforderung für Bayerns Kommunen würden die neuen Geflüchteten darstellen. „Die finanziellen Zusagen des Bundes dazu müssen eingelöst werden“, so Söder. Gänzlich offenen Grenzen ohne jegliche Kontrollen, wie sie derzeit von anderen Politikern gefordert würden, halte er in diesen Zeiten hingegen für das falsche Signal. „Wir bleiben solidarisch, aber wir müssen es vernünftig organisieren.“

Auch beim Thema Gas sei der Freistaat noch nicht über den Berg. Söder forderte, die Kernenergie solange weiter zu betreiben, bis die Krise überstanden sei. Gleichzeitig müsse in einer neuen Kraftanstrengung der Ausbau erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Auch die Ertüchtigung der Wassersysteme müsse in diesem Zusammenhang stärker forciert werden. Kurz schnitt Söder die Themen digitale Transformation und Ausbau der Infrastruktur, Ganztagsbetreuung und die Schaffung von neuem Wohnraum in Bayern an, blieb jedoch in den Ausführungen zu den einzelnen Punkten aber eher vage.

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Deutlichere Worte fand hingegen der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, Uwe Brandl (CSU). Bayerns Kommunen hätten sich in der Krise als stabiler Fels in der Brandung erwiesen – und damit als Garant für ein funktionierendes Gemeinwesen. „Damit das so bleibt, brauchen wir Rahmenbedingungen, die krisenangepasste Reaktionen zulassen“, so Brandl. Und er wurde direkt: „Ich sage es hier ganz deutlich und unverblümt. Das Zusammentreffen mehrere Krisen ist ein Brandbeschleuniger zunehmender Unzufriedenheit und Radikalisierung in der Gesellschaft. Die Energiekostenentwicklung und das zögerliche Gegensteuern sind für ein akzeptanzbasiertes politisches Gemeinwesen nahezu unverdauliche Kost.“

Parallel höre man laut Brandl, dass über die Balkanrouten wieder neue Flüchtlingsströme nach Bayern kämen. „Natürlich stecken hinter diesen Fluchtbewegungen menschliche Schicksale, aber eben auch Menschen, um die wir uns dauerhaft kümmern müssen“, sagte er. „Unterbringung, Ernährung, medizinische Versorgung, Bildung – und wer trägt die Folgekosten? Die Politik fordere ich auf, mehr Mut zum Nein aufzubringen. Nein zu neuen Leistungsansprüchen, nein zu neuen Aufgaben, nein zu unbegrenztem Zuzug und unbegrenzten Sozialleistungen“, so Brandl. Um die Energieproduktion weiter sicherzustellen, müsse man nach der Überzeugung des Präsidenten bestehende Kernkraftwerke weiter betreiben, zumindest, bis die Krise überwunden sei. „Wirtschaft und Bürger brauchen endlich Sicherheit und nicht dieses unsägliche, monatelange Rumgeeiere.“

Ganztagsbetreuung nicht garantiert

Auch zur Umsetzung des Betreuungsanspruchs hatte der Präsident des Bayerischen Gemeindetags eine klare Haltung: „Der Staat kann so viel Geld nehmen und übers Land streuen, wir werden es schlicht nicht schaffen, den Betreuungsanspruch sicherzustellen.“ Bis 2026 hätten die Kommunen aller Voraussicht nach nicht genügend Betreuer, Stand heute rechne man mit 10000 fehlenden Fachkräften für die Ganztagsbetreuung. „Wo sollen die herkommen? Die können wir uns nicht einfach schnitzen“, sagte er.

Als letzten Aufgabenpunkt nannte Brandl die Sicherstellung von Trinkwasser. „Wir müssen lernen, in diesem Bereich aus dem Kirchturmkreis herauszugehen.“ So müssten etwa Notverbundsysteme mit Nachbarn geschaffen werden. Auch in Bereichen wie Sturzflutmanagement und der Nutzung von Regenereignissen gäbe es noch viel Potenzial zu nutzen.