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Der Radsportprofi mit dem „Doppelherz“

Der Burglengenfelder Wolfgang Brandl sammelt Material für Kollegen aus ärmeren Staaten. Der Erfolg ist überwältigend.

27.10.2017 | Stand 16.09.2023, 6:27 Uhr

Wolfgang Brandl beim Start zur Etappe Vuelta Independencia Nacional Republica Dominicana 2017. Der Burglengenfelder Radprofi ist auf der ganzen Welt unterwegs. 2016 fuhr er auf fünf Kontinenten über 60 Rennen. Die Hälfte des Jahres verbringt er in Südamerika (Ecuador). Foto: W. Brandl

Dass Radprofis ein großes Herz haben, liegt schon in der Natur der Sache. Was sie sportlich im Sattel leisten, ist mit enormem Trainingsaufwand verbunden und setzt eine grandiose Kondition mit einer besonders robusten „Pumpe“ voraus.Wolfgang Brandl (31)weiß als professioneller Radsportler ein Lied davon zu singen, hat aber auch ein großes Herz im übertragenen Sinn. Er engagiert sich sozial, indem er talentierte Sportler, die aus ärmeren Verhältnissen stammen und deshalb massive Materialprobleme haben, unterstützt.

Mit einer aufwendigen Spendenaktion sammelt er Fahrradteile, spezielle Kleidung und Helme, um sie zum Beispiel nach Afrika oder Südamerika zu verfrachten und dort zu verteilen. Der Mittelbayerischen erzählte der gebürtige Burglengenfelder, der schon immer gerne am Zweirad Rennen fuhr (als Jugendlicher am Mountainbike),aber erst vor zwei Jahren im Straßenradsport ins Profigeschäft eingestiegen ist, die Hintergründe.

Es fehlte an einfachsten Teilen

Sie wären schon froh, wenn sie über einfachste Dinge wie Fahrradmantel und Schläuche jederzeit verfügen könnten. Doch selbst diese Kleinigkeiten sind in Cessays Heimat Mangelware; geht etwas kaputt, müssen stundenlange Fahrten in Kauf genommen werden. Im Wettbewerb genügt ein winziges Loch, und der Traum, wenigstens ins Ziel zu kommen, ist geplatzt.

Mit diesem Video bedankt sich Brandl auf Instagram für die Spenden:

Im erwähnten Rennen scheiden vier von sechs Fahrern der Gambianischen Mannschaft schon nach der ersten Etappe aus, einen Tag später müssen auch die letzten die Segel streichen, weil ihre Rädern den Strapazen der 180 Kilometer langen Tour nicht mitmachten. Brandl knüpfte Kontakt zu Cessay und verstand sich mit ihm auf Anhieb prächtig.

„Schnell wurden wir Freunde und tauschten uns aus, wie der Radsport und das Leben im jeweiligen Land aussieht“, berichtet der Burglengenfelder. Die Verbindung ist bis heute nicht abgerissen. „Täglich berichtet Sarjo von seinem Training.“ In Deutschland, da ist sich Brandl sicher, hätte er rasch einen Profivertrag in der Tasche, doch in Gambia ist er weit davon entfernt. „Eine funktionierende Struktur gibt es nicht, Förderungen sind Wunschgedanken.“

Wolfgang Brandl bittet auch auf Facebook um Unterstützung:

Deswegen fasste sichWolfgang Brandlein Herz und organisierte eine Spendenaktion für Gambia und Senegal. Aus der ganzen Region Burglengenfeld sammelte er Fahrradteile, spezielle Kleidung und was man als Radrennfahrer sonst noch braucht. Tatkräftig unterstützt wurde er, wie er betont, vom Abteilungsleiter des ATSV Kallmünz Triathlon, Patrick Enders.

Der rief seine Mitglieder dazu auf, ihre Schränke zu durchforsten und zu überlegen, auf was sie verzichten könnten, anderen aber noch nützlich sein könnte. Auch über das Internet und sozialen Medien schlug die Aktion schnell Wellen; aus ganz Deutschland trafen bei Brandl Pakete ein. Das Resultat ist gut am großen Foto oben zu erkennen.

Im Interview mit MZ-Autor Thomas Rieke beschreibt Wolfgang Brandl seine Karriere – und verrät, was es mit seiner Liebe zu Ecuador auf sich hat.

Aktuell gibt es laut Brandl zwei Sendungen mit Spenden. Die erste ging mit ihm per Flugzeug nach Ecuador, das für den Burglengenfelder (der Liebe wegen) zur zweiten Heimat geworden ist. Zwei größere Pakete erwartet er noch; alles zusammen will er dann persönlich an Sportler übergeben. Das ist ihm sehr wichtig, denn so geht er sicher, dass die Artikel wirklich ankommen; und zweitens hat er direkten Einfluss auf eine möglichst sinnvolle Verteilung.

Die zweite Sendung ist kürzlich mithilfe von Brandls Bekannten Gerd Hofmeister von Hamburg aus nach Dakar (Senegal) verschifft worden. Dort werden die Waren von Sarjo Cessay abgeholt und nach Gambia transportiert. Die Frachtkosten von rund 1200 Euro hat Brandl aus eigener Tasche bezahlt; er hofft aber für weitere Aktionen auch diesbezüglich auf Unterstützung.

„Vielleicht wird jemand aufmerksam, der das Ganze gut findet, aber keine Radteile abtreten kann – und sich stattdessen an der Finanzierung des Transports beteiligt.“ Die nächste Fracht ist bereits in Vorbereitung. Brandl hat eine Firma am Haken, die einen Container auf die Reise schickt, in dem für ein paar Fahrradteile aus Germany noch Platz ist.

Und Sarjo Cessay? 2018 möchte der junge Mann mit seinem Nationalteam erneut an der Tour de Senegal teilnehmen. Doch dann sollen kein „Platten“ und kein Defekt an der Schaltung zur Aufgabe zwingen. Ziel wird es mindestens sein, das Ziel zu erreichen.

Mehr von Wolfgang Brandl erfahren Sie auf seinerInstagramseite.

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