SPD Ein Zuwachs, der sich nicht auszahlt
Marianne Schieder kann mehr Wähler mobilisieren, doch der Effekt verpufft. Die Abgeordnete überrascht die Oppositionsrolle.

Schwandorf. Die Stimme hörbar angekratzt, die Stimmung mehr als frustriert – Marianne Schieder brachte es im Gespräch am Wahlabend auf den Punkt: „Das Ergebnis ist kein Grund zur Freude!“ Auch wenn sie über den guten sechsten Listenplatz auf der SPD-Landesliste abgesichert ist und wieder im Bundestag sitzen wird.
Vor allem das Auswachsen der rechten AfD hat ihr den Spaß an einem Wahlabend genommen, an dem sie sich mit ihren Wahlhelfern traf, um in trauter Runde die Ergebnisse zu begutachten. Doch, wie sie sagte, sei nur ein „bissl Freude“ geblieben von großen Erwartungshaltungen der Genossen zur Bundestagswahl.
Nicht schlecht abgeschnitten
Dabei hat die SPD-Direktkandidatin persönlich nicht schlecht abgeschnitten. Dass sie im Vergleich zum Urnengang vor vier Jahren bei den Erststimmen das Ergebnis beinahe halten konnte, darf sie sich angesichts des historisch schlechten Ergebnisses der SPD bei dieser Bundestagswahl durchaus auf ihre Fahnen schreiben. Und auch bei den Zweitstimmen hielten sich die Verluste mit etwas über drei Prozentpunkte noch in einem überschaubaren Rahmen. In absoluten Zahlen hat Schieder sogar zusätzliche Wähler für sich als Direktkandidatin mobilisieren können. Im Jahr 2013 konnte sie 34 714 Erststimmen auf sich verbuchen – an diesem Wahlsonntag waren es fast 4000 mehr.
Der Trend wird auch durch etliche Einzelergebnisse gestützt: In ihrem Heimatort Wernberg-Köblitz beispielsweise konnte die SPD-Bundestagsabgeordnete bei den Erststimmen um über zwölf Prozentpunkte auf 47,83 Prozent zulegen und distanzierte CSU-Kandidaten Karl Holmeier deutlich. Auch sonst machte die Abgeordnete hier vor allem im ländlichen Raum im Landkreisnorden Boden gut – 6,75 Prozentpunkte in der Gemeinde Altendorf, rund sechs in Niedermurach, knapp 4,8 Prozentpunkte in Neukirchen-Balbini. In den größeren Städten gab es dagegen meist Einbußen: rund vier Prozentpunkte etwa in Schwandorf, Teublitz oder Maxhütte-Haidhof.
Sehen Sie mehr: Das sagen die Abgeordneten Marianne Schieder und Karl Holmeier zum Ausgang der Bundestagswahl:
Zumindest in Landkreis Schwandorf hat es die AfD nicht geschafft, zweitstärkste Kraft in der politischen Landschaft zu werden – hier hat die SPD um rund 1,7 Prozentpunkte noch die Nase vorn. Im Landkreis Cham und im Gefolge auch dem gesamten Wahlkreis Schwandorf-Cham hat die Rechtspartei die SPD dagegen überholt. Warum das so ist, müsse man genau analysieren, sagt die alte und neue Bundestagsabgeordnete. „Ich weiß nicht, woran es gelegen hat“, gibt sie zu. Auch in den ländlichen Gebieten des Landkreises Schwandorf habe die AfD viele Stimmen bekommen, wie es im Landkreis Cham wohl ebenso gewesen sei, sagt Schieder.
Eine Analyse zeigt allerdings: Das Erstarken der AfD ist nicht allein ein Phänomen ländlicher Regionen. Zwar hat die Rechtspartei hier ihre besten Ergebnisse eingefahren – zum Beispiel ausgerechnet in Stadlern, wo auch Marianne Schieder ihr bestes Zweitstimmenergebnis verbuchte. Doch sie lieferte eben auch in Städten wie Schwandorf oder Maxhütte-Haidhof zweistellige Ergebnisse ab, die deutlich näher an 20 als an zehn Prozent liegen.
Den massiven Stimmengewinn dieser Partei, die kein Wahlprogramm habe und nur Angst in der Bevölkerung verbreite und auf angebliche Sündenböcke zeige, könne sie nicht verstehen, sagte Schieder am Wahlabend. Die AfD mache keinen Hehl daraus, wo sie stehe und was sie vorhabe – und ernte trotzdem viele Wählerstimmen. „Das ist eine große Herausforderung“, sagt sie mit Blick auf die Arbeit und Zusammenarbeit im nächsten Deutschen Bundestag.
So reagierten die Kandidaten auf die Ergebnisse der Bundestagswahl:
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Ein schwacher Trost ist es da, dass nicht die Rechtspopulisten von der AfD, sondern die eigenen Genossen die Opposition anführen wollen. Die Ankündigung der eigenen Parteispitze, keine erneute große Koalition anzustreben, sondern in jedem Fall in die Opposition gehen zu wolle, hat Marianne Schieder nämlich nach eigenen Worten durchaus überrascht. Ihrer Auffassung nach hätte man erst warten sollen, wie die Ergebnisse im Einzelnen ausschauen, und sehen, ob die große Koalition abgewählt ist und nicht voreilige Schlüsse ziehen. „Man muss doch erst einmal sehen, ob eine Regierungsbildung möglich ist“, so Marianne Schieder verwundert. So bleibe ja nur noch die „Jamaika-Koalition“ aus Union, FDP und den Grünen.
Bundestagsarbeit wird „schwierig“
Marianne Schieder erinnert daran, dass man auch als Juniorpartner in der großen Koalition einiges erreicht habe – vom Mindestlohn über die Mietpreisbremse bis zur Rente mit 63. Deshalb rätselt sie nach wie vor, warum die SPD so schlecht abgeschnitten hat. Möglicherweise liege es auch daran, dass man eigene Erfolge schlecht verkauft habe. Die CSU etwa habe den Mindestlohn erst bekämpft und dann als eigenen Erfolg verbucht. Sie sehe in jedem Fall eine „schwierige Arbeit“ im auf die Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag zukommen – gegen die Regierungspolitik auf der einen und die AfD auf der anderen Seite.
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