Digitalisierung „I-Kfz“ kann Behördengang nicht ersetzen
An- oder Ummeldungen vom heimischen PC aus? Der Gang zum Amt wird noch lange nötig sein, sagt das Schwandorfer Landratsamt.

Schwandorf.Der Besuch bei der Zulassungsstelle ist die unangefochtene Nummer eins bei den Behördengängen: Wer sein Auto an-, ab- oder ummeldet, der kommt an einem Besuch im Erdgeschoss des Landratsamts nicht vorbei. Das kann dann zur Halbtagesreise ausufern, wenn die Garage in einer der entfernteren Ecken des Landkreises steht und gerade kein Autohändler oder Verwandter zur Stelle ist, der einem die Amtshandlung abnimmt. Je nach Saison kann auch die Warteschlange lang sein. Und ist die Deckungskarte der Kfz-Versicherung zuhause liegengeblieben, muss man sich noch einen weiteren Tag freinehmen, um seinen neuen Boliden endlich in Betrieb nehmen zu dürfen.
Damit soll noch in diesem Jahr weitgehend Schluss sein, verspricht Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, der in der vergangenen Woche unter dem Beifall des Koalitionspartners SPD ein Gesetz auf den Weg gebracht hat, mit dem künftig die wichtigsten Formalitäten wie Erst- und Wiederzulassung, Umschreibungen oder Adressänderungen bequem vom heimischen PC aus erledigt werden können.
Automatisch genehmigt?
Für bestimmte Vorgänge werde es sogar eine „vollautomatisierte Antragsbearbeitung und -entscheidung“ geben, erklärte Scheuer. Die neuen Regeln seien eine „enorme Erleichterung für den Neu- und Gebrauchtwagenmarkt“. Bei aller Euphorie: Die Arbeit werde den Mitarbeitern der Kfz-Zulassung definitiv nicht ausgehen, sagt Hans Prechtl, Sprecher des Landkreises. Und auch die Pläne für den neuen Anbau des Landratsamts müssten nicht geändert werden, „weil es nicht zu einer räumlichen Einsparung kommen wird“, teilt Prechtl mit. Das Erdgeschoss des Anbaus aus glasverkleidetem Holz ist für die Kfz-Zulassung reserviert. Baubeginn ist in wenigen Wochen. Beim sogenannten „I-Kfz“ handele sich eher um ein zusätzliches Angebot an die Bürger, nicht um die Abschaffung des bisherigen Services.

Ein Großteil der Zulassungsvorgänge werde daher auch auf lange Sicht vor Ort bearbeitet werden müssen. Dass die Online-Bäume nicht in den Himmel wachsen, zeige sich schon am Beispiel jener Vorgänge, die man schon jetzt von zuhause aus erledigen könnte, nämlich Anträge auf Außerbetriebsetzung, auf Umschreibung auf einen anderen Halter bei gleichem Kennzeichen und auf Wohnsitzwechsel bei gleichem Kennzeichen. Nur 19 Mal hätten Bürger im vergangenen Jahr auf dieses Angebot zurückgegriffen – bei mehr als 104 000 Vorgängen insgesamt. Für die nächsten Jahre sei also auch bei optimistischster Einschätzung nicht zu erwarten, dass das Online-Angebot den Behördengang überflüssig machen werde. Auch der Datenschutz und der persönliche Kontakt, bei dem Unklarheiten an Ort und Stelle beseitigt werden können, spreche für die analoge Form der Kfz-Anmeldung.
Mensch statt Maschine gefragt
Franz Pfeffer, Stellvertretender Sprecher des Landkreises, ergänzt den Katalog der Vorbehalte: Vollmachten seien online nicht abbildbar. Eine solche brauchten aber Bürger oder Autohäuser, die stellvertretend für den Halter bei der Zulassungsstelle tätig würden – und das sei rund ein Drittel aller Vorgänge. Und die Bearbeitung durch einen Menschen statt einer Maschine sei auch bei Sonderfällen gefragt, seien es Zoll- und Überführungskennzeichen – oder auch die recht beliebten Nostalgiekennzeichen. Deren Auswahl ist im Landkreis Schwandorf besonders groß: Mit den Kennzeichen, die mit „BUL“, „NAB“, „NEN“ „OVI“ oder „ROD“ beginnen, gibt es gleich fünf Alternativen zum seit 1972 allgemein geltenden „SAD“. Immerhin 5,4 Prozent der rund 160 000 zugelassenen Fahrzeuge, also 8623 Autos, Motorräder, Lkw oder Traktoren, tragen eines dieser Zeichen.
Die Kennzeichen erinnern an die Altlandkreise
Zu witzigen bis vielsagenden Wortspielen wie im Nachbarlandkreis Cham (CHA-OT, CHA-OS, CHA-RM) regt keines der Alternativkennzeichen an, sieht man vielleicht vom „ROD-EO“ ab. Doch das ehemalige Rodinger Nummernschild, das bis 1972 für den Raum Nittenau maßgeblich war, spielt in der Statistik ohnehin nur die Exotenrolle. Gerade einmal sieben Fahrzeuge mit dieser Kennung rollen durch den Landkreis. Dem naheliegendsten Wortspiel wurde bald nach der Umstellung 2013 der Garaus gemacht: „BUL-LE“ war so begehrt, dass das bayerische Innenministerium als Dienstherr der Polizei das Landratsamt „dringend bat“, die Kombination aus dem Verkehr zu ziehen. Dabei soll es ausgerechnet ein Polizeibeamter gewesen sein, der sich damals das Kennzeichen „BUL-LE 1“ reservieren ließ.
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