Gastgewerbe
Jeder Achte hat Gastro-Branche verlassen

Die Gewerkschaft fordert bessere Arbeitsbedingungen in Hotels und Gaststätten – auch im Landkreis Schwandorf.

13.07.2021 | Stand 16.09.2023, 1:49 Uhr
Die Personalnot im Gastgewerbe hat sich durch Corona verschärft. −Foto: Matthias Bein/picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Supermarktkasse statt Biertheke: Im Zuge der Corona-Pandemie verzeichnen die Hotels und Gaststätten im Kreis Schwandorf eine dramatische Abwanderung von Fachkräften. Innerhalb des vergangenen Jahres haben im Landkreis rund 200 Köche, Servicekräfte und Hotelangestellte dem Gastgewerbe den Rücken gekehrt – das ist jeder achte Beschäftigte der Branche, wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) laut Pressemitteilung unter Berufung auf jüngste Zahlen der Arbeitsagentur mitteilt.

Angesichts weiterer Lockdowns bis in den Mai hinein dürfte sich der Personal-Schwund bis heute nochmals zugespitzt haben, befürchtet Rainer Reißfelder, Geschäftsführer der NGG-Region Oberpfalz. „Viele Menschen schätzen es, nach langen Entbehrungen endlich wieder essen zu gehen oder zu reisen. Aber ausgerechnet in der Sommersaison fehlt einem Großteil der Betriebe schlicht das Personal, um die Gäste bewirten zu können“, so Reißfelder. Für die Lage macht der Gewerkschafter insbesondere die Einkommenseinbußen durch die Kurzarbeit verantwortlich: „Gastro- und Hotel-Beschäftigte arbeiten sowieso meist zu geringen Löhnen. Wenn es dann nur noch das deutlich niedrigere Kurzarbeitergeld gibt, wissen viele nicht, wie sie über die Runden kommen sollen.“

Wenn die gut ausgebildeten Fachkräfte in Anwalts- oder Arztpraxen die Büroorganisation übernehmen oder in Supermärkten zwei Euro mehr pro Stunde verdienen, als in Hotels und Gaststätten, dürfe es niemanden überraschen, dass sich die Menschen neu orientierten. „Schon vor Corona stand das Gastgewerbe nicht gerade für rosige Arbeitsbedingungen. Unbezahlte Überstunden, ein rauer Umgangston und eine hohe Abbruchquote unter Azubis sind nur einige strukturelle Probleme. Die Unternehmen haben es über Jahre versäumt, die Arbeit attraktiver zu machen. Das rächt sich jetzt“, kritisiert Reißfelder.

Wirte und Hoteliers hätten nun die Chance, die Branche neu aufzustellen. Zwar seien viele Firmen nach wie vor schwer durch die Pandemie getroffen. Doch wer künftig überhaupt noch Fachleute gewinnen wolle, müsse jetzt umdenken und sich zu armutsfesten Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen bekennen. Dazu seien Tarifverträge unverzichtbar, sagt Reißfelder:

Die Gewerkschaft NGG verweist zudem auf die umfassenden Finanzhilfen des Staates für angeschlagene Betriebe.