Forst soll Gewerbegebiet weichen
LBV-Experte: „Historisch alter Wald“ in Teublitz saugt sich wieder voll

31.12.2022 | Stand 15.09.2023, 2:14 Uhr
In diesen kleinen, flachen Quelltümpeln tummeln sich im glasklaren Wasser auch im Winter Wasserkäfer. Die Aufnahme entstand im Februar 2021, nach drei Tagen unter Minus zehn Grad Celsius. −Foto: Christian Stierstorfer

Um die Ausweisung eines Industrie- und Gewerbegebiet am Autobahnanschluss ist es still geworden. Ungeachtet dessen hat LBV-Waldexperte Christian Stierstorfer im Wald, der für das Projekt geopfert werden müsste, nach dem Rechten gesehen.

„Ich wollte prüfen, ob sich nach den ergiebigen Niederschlägen der zurückliegenden Tage die Quelltümpel wieder füllen“, beschreibt der Biologe seine Motivation. Die Tümpel seien nach dem Rekordsommer 2022 bis vor kurzem noch immer ohne Wasser gewesen. „Dies zeigt, wie tiefgehend im wahrsten Sinne des Wortes die Trockenheit war“, konstatiert Stierstorfer. Nun aber kämen die Grundwasserzüge am Fuße des Schwarzen Berges der Oberfläche wieder nahe, so dass sich die Tümpel wieder befüllten.

Wasser der Tümpel hat annähernd Trinkwasserqualität

Bemerkenswert an diesen Quelltümpeln ist laut Stierstorfer, dass sie selbst bei tagelangem, strengen Frost nicht zufrieren. Der Grund: Sie würden von Grundwasser aus frostfreien Schichten gespeist. Das kühle Nass in diesen Tümpeln habe annähernd Trinkwasserqualität, wie eine Analyse aus dem Jahr 2021 belege.

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Die Wälder am Fuße des Schwarzen Berges sind, so berichtet Stierstorfer weiter, wichtige Quellgebiete für die Teublitzer Fischteiche. Zudem seien sie im Waldfunktionsplan als „bedeutsam für den regionalen Klimaschutz“ kartiert. Umso bedauerlicher sei es, dass die Pläne für das Gewerbegebiet trotz des Urteils des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) München vor rund einem Jahr erneut vorangetrieben würden. Die vom VGH reklamierten Konzept-Mängel sollen geheilt werden. Diese Arbeiten nehmen aber Zeit in Anspruch. Allerdings sollen im Juni 2023, so hat der Mann vom LBV in Erfahrung gebracht, neue Pläne öffentlich ausgelegt werden.

Stierstorfer: Knallhart und unbeirrt „Weiter so“

Das Gewerbegebiet Teublitz sei damit ein Paradebeispiel, dass trotz der bedrückenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Klimakrise und Artensterben vor Ort „knallhart und unbeirrt“ die Devise ,Weiter-So‘ gelte, kritisiert Stierstorfer.

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Bei seinen vielfachen Streifzügen durch den bedrohten Wald hat er bemerkenswerten Artenreichtum dokumentiert. Die These, bei dem Wald handle es sich um einen „Monokulturbestand von geringem ökologischem Wert“, sei längst widerlegt. So seien zum Beispiel Waldschnepfen, verschiedene Fledermausarten, zahlreiche Amphibien und seltene Insekten im Zuge von Untersuchungen nachgewiesen worden.

Ein besonderes Beispiel ist laut Stierstorfer der Dunkelblaue Laufkäfer, von dem er am 27. Dezember in vermoderndem Totholz zwei Exemplare entdeckte. Die Anwesenheit dieser Art (zusammen mit weiteren Arten) belege, dass es sich bei dem Gebiet um einen „historisch alten Wald" handle.

Das bedeute nicht, dass dort viele alte Bäume stünden, aber: Der Wald bestehe seit Jahrhunderten und sei in der Vergangenheit wohl nie vollständig gerodet worden. Genau dies aber drohe, wenn sich die Stadt mit ihren Plänen letztlich doch behaupte.