Kommunalpolitik
Naturfriedhof erhitzt die Gemüter

Der Naturfriedhof erhitzte die Gemüter bei der Bürgerversammlung für die Ortsteile Stefling, Untermainsbach und Hof am Regen.

10.11.2014 | Stand 16.09.2023, 7:12 Uhr
Karina Schwaiger
Ein Plastikherz mit der Aufschrift „Ich denk an Dich“ hängt an einem Baum im Friedwald in Heiligenberg Baden-Württemberg −Foto: Felix Kästle/dpa

Emotionsgeladen präsentierte sich die Bürgerversammlung für die Ortsteile Stefling und Untermainsbach in Hof am Regen in der Gastwirtschaft Stuber. Nach den obligatorischen Berichten von Bürgermeister Karl Bley über die allgemeine Situation der Kommune, Finanzen, Baumaßnahmen etc., hatten die zahlreichen Anwesenden Gelegenheit, dem Stadtoberhaupt auf den Zahn zu fühlen und Dampf abzulassen, wovon diese ausgiebigst Gebrauch machten.

Zur Versammlung eingefunden hatten sich zudem Jürgen Kölbl von der Schlosswald GmbH und Ferdinand Graf von Drechsel samt Sohn Karl, um dem Rathauschef bei den zu erwartenden Fragen und geäußerten Bedenken zu unterstützen. Die Gemüter erhitzen sich besonders deshalb, weil sich die Steflinger damit total überrumpelt fühlten. Wieso die Bürger beieiner Planung diesen Ausmaßesnicht schon viel früher einbezogen wurden, lautete der Vorwurf von Anton Huber aus Stefling. Schließlich sei hier ein Gebiet betroffen, so groß wie ganz Stefling. Zudem hätte Nittenau zwei Friedhöfe führte Thomas Kuttenberger an, warum also eine zusätzliche Bestattungsmöglichkeit schaffen, und „welche Kosten hierfür der Stadt entstehen werden“, wollte er wissen.

Ein ganz normales Bauvorhaben

Es sei ein ganz normales Bauvorhaben, dass der Stadtrat in öffentlicher Sitzung beschlossen habe; außerdem sei die Bevölkerung wiederholt via Medien und Info-Veranstaltungen über das Vorhaben informiert worden. Die Planungsunterlagen hätten im Rahmen der Bürgerbeteiligung im Rathaus zur Einsichtnahme ausgelegen. Kosten für den Naturfriedhof würden der Stadt außer den Verwaltungskosten keine entstehen, gegenteilig seien Einnahmen durch Gebühren zu erwarten. Mit dem Projekt hätte die Stadt einen mutigen Schritt gewagt, aber man wolle der neuen Bestattungskultu¨–es gebe bereits über 400 Naturfriedhöfe in Deutschland – Rechnung tragen. Nachdrücklich und wiederholt forderte ein Steflinger Bürger konkrete Antworten auf seine Frage nach den Zufahrten zu dem 22 Hektar großen Gebiet. Geplant sei die Hauptzufahrt von der Staatsstraße her, von Nittenau kommend, kurz vor dem Regenknie. Im Rahmen einer vom Staatlichen Bauamt geplanten Deckenerneuerung könnte hier gleich eine Abbiegespur installiert werden. Der Projektbetreiber, also die Schloßwald GmbH, sei vertraglich verpflichtet die Kosten dafür zu übernehmen. Zudem könne der Naturfriedhof aus Richtung Hof kommend und über Stefling angefahren werden. Parkplätze seien geplant bei der Hauptzufahrt und ein kleinerer Parkplatz am überdachten Verabschiedungsplatz. Sie befinden sich ganz im Süden des Areals am höchsten Punkt, bisher genutzt als Holzlagerplatz, erklärten Bley und Kölbl. Die Frage von Florian Doll nach dem Umfang der Bestattungsmöglichkeiten für die Urnen beantwortete Kölbl mit einer Rechenaufgabe: Bei ca. 200 Bäumen seien Urnenbestattungen möglich; maximal vier Urnen könnten bei den Gemeinschaftsbäumen Platz finden, oder alternativ auch nur zwei Urnen, falls dies von Paaren gewünscht werde. Bisher seien zwei Areale vorgesehen, sollte sich ein größerer Bedarf ergeben wäre eine Erweiterung möglich. Wenn eine Beisetzung nicht durchführbar sei, beispielsweise im Winter bei starkem Frost oder weil Angehörige nicht auffindbar sind, bestehe die Möglichkeit einer Zwischenlagerung der Urne, die Kosten hierfür werden als Bestandteil der Gebührenrechnung bereits zuvor mitgeteilt wie bei einem konventionellen Bestatter auch, erklärte Kölbl auf Nachfrage Rosmarie Störzers.

Kein Bestattungstourismus

Das Horrorszenarios eines regelrechten Bestattungstourismus, wie von den Anrainern befürchtet, teilten Kölbl und Graf von Drechsel nicht. Die Mehrzahl der Interessenten wählen ihren Begräbnisplatz schon zu Lebzeiten, gerade auch weil keine Angehörigen für die Grabpflege zur Verfügung stünden, Grabbesucher werde es also nicht in dem Umfang geben, wie man es von den Friedhöfen so gewohnt sei. Auch bei Beerdigungen sei nicht mit einer größeren Anzahl von Trauergästen zu rechnen, in der Regel fände die Trauerfeier bereits im Krematorium statt und nur die nächsten Angehörigen nähmen Abschied am Begräbnisort.

Darüber hinaus beschäftigte die Anwesenden das Problem der Wildschweinpopulation bzw. -bejagung in diesem Gebiet. Hier konnte Graf Drechsel beschwichtigen. Eine Bejagung im umfriedeten Gebiet sei zwar rechtlich nicht möglich, aber so ein kleines Stück spiele sowieso keine Rolle. Der Friedhof könnte lediglich als Durchgang von den Wildschweinen benutzt werden. Diese Aussage wurde mit einiger Skepsis von den Anwesenden aufgenommen, befindet sich doch im besagten Gebiet viel Eichenbewuchs und somit eine reich gedeckte Tafel für die Schwarzkittel. Wegen der befürchteten Brandgefahr konnte Jürgen Kölbl Entwarnung geben, eine friedhofsspezifische Satzung schreibe genau vor, was an den Urnenbegräbnisstellen gestattet sei und noch einige Tage nach der Beisetzung werden die Grabstellen überprüft.

Um die Finanzen der Stadt sorgte sich Anton Huber im Falle eines Ausstieges des Betreibers. Hier konnte Bley beruhigen, die Stadt sei durch entsprechende Verträge abgesichert. (tka)