Streit vor Gericht
Salmonellen: Labor verweigert Auskunft

Bakterien-Alarm in einem Lebensmittellabor im Kreis Schwandorf: Der Laborleiter versucht, den Auftraggeber zu verschweigen.

04.05.2021 | Stand 16.09.2023, 3:12 Uhr
Reinhold Willfurth
Erst ein Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs zwang ein Fachlabor, den Auftraggeber für eine kontaminierte Lebensmittelprobe zu nennen. −Foto: Arno Burgi/picture alliance / dpa

Ein Lebensmittelbetrieb lässt Rohware für die Produktion von Teewurst in einem Vertragslabor aus der Region auf einen Befall durch Krankheitserreger untersuchen. Das Labor wird fündig – weigert sich aber gegenüber der Schwandorfer Aufsichtsbehörde, seinen Auftraggeber zu nennen. Zwei Gerichtsbeschlüsse sorgen jetzt für klare Verhältnisse.

Im Juni 2020 sei das Labor von dem Kunden beauftragt worden, Proben einer Rohstoffmischung zur Herstellung von Teewurst auf Salmonellen zu untersuchen, teilt Markus Eichenseher, Sprecher des Verwaltungsgerichts Regensburg, auf Anfrage mit. Die Laboranalyse vom 1. Juli 2020 habe ergeben, dass eine von insgesamt neun Proben positiv auf Salmonellen getestet wurde. Das hatte Konsequenzen.

Der gleiche Salmonellentyp wütete in Thüringen

Wie es das Gesetz verlangt, meldete das Labor den Befund zunächst an das Bundesamt für Risikobewertung (BfR), um den Salmonellentyp festzustellen. Das BfR übermittelte den Befund dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Das BVL wiederum meldete dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) am 22. September, dass das Bakterium identisch sei mit einem Salmonellentyp, der 2019 für einen größeren lokalen Ausbruch mit mehreren erkrankten Personen in Thüringen gesorgt habe.

Krankheitserreger: Infektionsherde:
Die stäbchenförmigen Bakterien verursachen beim Menschen meist spontan ausheilende Durchfallerkrankungen. Allerdings können bei Risikogruppen wie Säuglingen, Kleinkindern, alten Menschen, HIV-Patienten und immungeschwächten Patienten schwere Erkrankungen hervorgerufen werden. In Deutschland gehören Salmonellosen zu den meldepflichtigen Erkrankungen des Infektionsschutzgesetzes.Infektionen mit Salmonellen sind möglich durch Unsauberkeit im Lebensmittelbereich, durch die Ausscheidungen von erkrankten, aber auch klinisch gesund erscheinenden infizierten Menschen und Tieren, durch verunreinigtes Oberflächenwasser und abgestandenes Wasser, durch unhygienisch aufgetautes Geflügel sowie durch rohe Eier, die von mit Salmonellen infiziertem Geflügel stammen.

Am 24. September 2020 teilte das Labor das Ergebnis seiner Analyse auch demSchwandorfer Veterinäramtim Landratsamt mit. Auch über die Herkunft des Rohstoffs für die Teewurst des Herstellers gab das Labor Auskunft. Den Hersteller und damit seinen Auftraggeber aber verschwieg das Labor gegenüber dem Landratsamt. Die Behörde habe keinen Anspruch darauf. Außerdem habe der Auftraggeber zivilrechtlich verboten, Auskünfte über seine Identität zu liefern.

Landratsamt wehrt sich vor Gericht gegen Labor

Die Behörde ließ sich das nicht bieten. Binnen einer Woche sollte der Laborleiter seiner Auskunftspflicht nachkommen, teilte das Landratsamt am 5. Oktober unter Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 5000 Euro mit. Das Labor reichte zehn Tage später eine Klage gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Beschlusses vor dem Verwaltungsgericht Regensburg ein. Man sei nicht verpflichtet, den Auftraggeber zu nennen, vor allem weil es sich um ein Vorprodukt handele, das zur Prüfung der Freigabe an das Labor eingesandt worden sei, hieß es zur Begründung.

Damit kam der Laborleiter vor Gericht nicht durch. Es sei nicht hinnehmbar, dass durch die Belastung von Lebensmitteln mit Keimen lebensbedrohliche Krankheiten beim Verbraucher entstehen könnten, begründete das Landratsamt vor Gericht sein Vorgehen. Die Richter bestätigten diese Rechtsauffassung am 2. November 2020 in seinem Beschluss. Gerade in diesem Fall bestehe der Verdacht, dass die Teewurst-Rohmischung in einem Zusammenhang mit einem Salmonellen-Ausbruch in Thüringen stehe. Das Labor sei verpflichtet, bei einem Verdacht auf Gesundheitsgefährdung die zuständige Behörde von dem Zeitpunkt und dem Ergebnis der Analyse, der angewandten Analysenmethode und dem Auftraggeber der Analyse sofort zu unterrichten, heißt es weiter in dem Beschluss der Regensburger Richter.

Auch die Obersten Richter geben der Behörde Recht

Der Laborleiter ließ nicht locker und legte Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München ein. Doch auch die obersten bayerischen Richter schlossen sich in ihrem Beschluss vom 8. März diesen Jahres der Meinung des Landratsamts an. Es sei davon auszugehen gewesen, dass das Produkt ohne weitere Zwischenschritte in den Verkehr gebracht werden solle, teilte VGH-Sprecher Andreas Spiegel auf Anfrage mit. Das Labor habe auch nicht vorgetragen, dass die Rohstoffmischung im weiteren Herstellungsprozess noch erhitzt werden sollte, was zu einer Abtötung der Salmonellen hätte führen können.

Landratsamt nennt das Unternehmen nicht

Die Entscheidung in der Hauptsache fällt noch, doch der Tenor des Beschlusses listet in 73 Einzelpunkten auf, warum das Labor wohl nicht darum herumkommen wird, das Landratsamt Schwandorf über die Identität des Lebensmittelbetriebs zu unterrichten. Das Landratsamt Schwandorf wiederum weigert sich seinerseits, den Namen bekannt zu geben. Hans Prechtl, Sprecher des Landratsamts, begründete dies auf Anfrage mit dem Datenschutz an, wie er etwa auch für Betriebe gelte, in denen Corona-Fälle aufgetreten seien.

Anmerkung der Redaktion.: In einer früheren Version dieses Artikels wurde der Lebensmittelbetrieb, der seinen Namen nicht genannt haben will, dem Landkreis Schwandorf zugeschrieben. Das sei unrichtig, teilte das Landratsamt nach mehrmaliger Nachfrage am Dienstag mit. Vielmehr habe das Labor seinen Sitz im Landkreis Schwandorf.

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