Musik in der Kirche
Selbstgemachte Orgel für St. Barbara

Die Hausorgel von Gerhard Hoffmann zog in die Pfarrkirche in Maxhütte um. Die Königin der Instrumente war sein Lebenswerk.

22.03.2022 | Stand 15.09.2023, 6:32 Uhr
Norbert Wanner
Gerhard Hoffmann spielte oft an seinem Instrument. Im vergangenen Jahr ist er verstorben. −Foto: Margret Hoffmann

Das Menschen sich ein Leben lang einem Hobby widmen, ist nicht ungewöhnlich. Manchmal entsteht daraus sogar ein Lebenswerk. In Maxhütte ist das einem Elektroingenieur gelungen – und zwar an einer Orgel. Einem Instrument, das nicht nur Mozart als das Königliche bezeichnete. Ein Blick auf die Hochempore der katholischen Stadtpfarrkirche St. Barbara beweist das Schaffen des Erbauers Gerhard Hoffmann. Dort steht seit einiger Zeit etwas Neues: Die Hoffmann-Orgel, benannt nach ihrem Erbauer, der im vergangenen Jahr verstarb. Wer Hoffmann kannte, der kannte einen ungewöhnlichen Menschen, dessen Beruf Berufung war.

Bis zum Ende seines Lebens hatte die Maximilianshütte, genauer gesagt das ehemalige Eisenwerk, in dem der Ingenieur Betriebsleiter des Elektrobetriebs war, in Hoffmanns Herzen einen festen Platz. Er war von Technik fasziniert. So akribisch und intensiv er die Elektrik des Eisenwerkes plante und managte, so detailversessen widmete er sich über fünf Jahrzehnte dem Bau seines Hausinstrumentes. Orgel und Eisenwerk, das passte zusammen.

Die Orgel „sein“ Instrument

Hoffmanns Frau Marget weiß um das besondere Verhältnis ihres Mannes zu dem Instrument. Der erste Gang ihres verstorbenen Gatten nach der Arbeit führte an die Orgel. Er setzte sich eine halbe Stunde an sein Instrument, um zu entspannen. Das Wort „sein“ ist dabei nicht übertrieben. Bis auf einige Pfeifen der alten Teublitzer Orgel, die 1990 abgebaut worden war und Hoffmann erwarb, gibt es keine Schnitzerei und keine Verzierung, die nicht von ihm selbst hergestellt wurde.

Beigebracht hat er sich das Orgelspiel autodidaktisch, erzählt Marget Hoffmann. Als elfjähriger sei er nach Maxhütte gekommen, als er mit seiner Mutter aus Schlesien fliehen musste. Schnell fehlte dem musikalischen Kind der regelmäßige Klavierunterricht. So klopfte er kurzerhand, selbst evangelisch, an der evangelischen Kirche an und fragte, ob er Organist werden könne. Das war der Beginn einer langen Beziehung zum Instrument: Hoffmann blieb 70 Jahre lang Organist.

Doch zunächst führte in das Studium der Elektrotechnik nach Berlin, wo er auch Margret 1963 heiratete. Schon während des Studiums kaufte der angehende Ingenieur Literatur zum Bau von Orgeln und in der Küche der Berliner Wohnung entstanden die ersten hölzernen Pfeifen. Nach dem Studium fand Hoffmann seine erste Anstellung ebenfalls in Berlin, bei der AEG. 1964 erhielt er ein Stellenangebot aus Maxhütte-Haidhof – damit nahm das Orgelprojekt weiter Fahrt auf. Ihr Mann, erzählt Margret Hoffmann, war ein Kurzschläfer, der mit vier, höchstens fünf Stunden auskam und die übrigen freien Stunden meist dem Orgelbau widmete.

Pfeifengießen – eine Kunst

Herausforderung:Ergebnis:
Zur Überlassung der Orgel an die Pfarrei St. Barbara kam es, nachdem Michael Lutz, Mitglied der Kirchenverwaltung, zufällig von der Orgel erfuhr. So konnte die Hoffnung der Familie, dass die Orgel nicht verstummen möge, umgesetzt werden. Probleme machte allerdings der Transport. Das Instrument verfügt über 15 Register und über 800 Pfeifen, samt elektrischer Windmaschine. Selbst als die Orgel größtenteils zerlegt war, blieb zwischen Orgel und Hoffmannscher Terrassentür nur ein Zentimeter Luft..Pfarrer Steffen Brinkmann betonte in seiner Ansprache zur Orgelweihe das gute Verhältnis zur evangelischen Gemeinde und die bewusste Einladung von Pfarrerin Hanna Stahl. So sei das Instrument auch eine Orgel für die evangelische Gemeinde. Pfarrerin Stahl erinnerte daran, dass Orgelbau und -musik zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit zählen. Und sie blickte auf das Zitat Luthers, das die Orgel schmückt: „Musica ist das beste Labsal einem betrübten Herzen, dadurch das Herze wieder zufrieden, erfrischt und erquickt wird.“

Die schmolz er in der Lehrlingswerkstatt des Eisenwerks, dem heutigen Berufsbildungszentrum, und stellte zusammen mit Blei die richtige Legierung her, da je nach Verhältnis dieser beiden Metalle die Klangfarbe mitbestimmt wird. Schließlich folgte der Guss. Wer sich im Internet ansieht, wie metallene Orgelpfeifen entstehen, der kann zu dieser Leistung eines Laien nur sagen: Chapeau!

Auch der diplomierte Kirchenmusiker Christian Bolz, der berufener Mund von St. Barbara, lobt Klang und Dynamik des Instruments. So steht nun in der Pfarrkirche ein Zeichen der Verbundenheit aller Christen, die Orgel eines evangelischen Organisten in einer katholischen Pfarrkirche.