Natur Schwandorf
Vögel fressen Mistelbeeren im Winter

Durch das Fehlen regelmäßiger Obstbaumschnitte kann sich die Mistel in Baumkronen verbreiten, sagt der Bund Naturschutz.

23.12.2021 | Stand 15.09.2023, 22:17 Uhr
Mistelbeeren sind süß und klebrig. −Foto: Michael Bangerter

In den kahlen Baumkronen sieht man jetzt grüne, rätselhafte Kugeln, nämlich Misteln. Zu Weihnachten wird die immergrüne Pflanze gerne zur Dekoration verwendet, aber auch in der Medizin findet sie erfolgreich Anwendung. Für Vögel ist die Mistel eine wichtige Nahrungsquelle im Winter. Im Haus aufgehängt, sollen Misteln vor bösen Geistern und Feuer schützen. Einst galten Misteln als Zeichen der Götter und Symbol von Weisheit und Frieden.

„Heute dürfen Misteln für den Eigengebrauch gepflückt werden. Aber nur in kleinen Mengen und außerhalb von Schutz- und Privatflächen auf öffentlich zugänglichen Bereichen. Der Baum darf dabei nicht beschädigt werden. Wer sie verkaufen möchte, benötigt eine Genehmigung“, erklärt Klaus Pöhler, Vorsitzender der Bund-Naturschutz (BN)-Kreisgruppe Schwandorf.

Sie werden auch für ihre heilende Wirkung geschätzt und in der Medizin für alternative und ergänzende Therapien eingesetzt. Die Pflanzeninhaltsstoffe, insbesondere das Mistellektin und das Viscotoxin, wirken positiv auf das Immunsystem und werden seit einigen Jahren in der Krebstherapie verwendet. 2003 wurde sie deshalb sogar zur Heilpflanze des Jahres gekürt.

Misteln wachsen auf Bäumen, die Pflanze bohrt ihre Wurzeln in die Leitungsbahnen der Bäume und entzieht ihnen so Wasser und gelöste Nährsalze. Trotzdem kann sie selbst Fotosynthese betreiben und somit einen Teil ihrer Nahrung herstellen. Mit zunehmender Größe und Alter entzieht sie ihrer Wirtspflanze immer mehr Nährstoffe, sodass die Astbereiche oberhalb des Mistelbusches nicht mehr ausreichend versorgt werden können und dürr werden.

Die Mistel braucht einen Baum zum Überleben

Aber: „Ohne Baum kann die Mistel nicht überleben. Aus diesem Grund hat die bis zu 70 Jahre alt werdende Pflanze auch kein Interesse daran, ihre Wirte großflächig zu töten“, so Oskar Deichner, Biologe beim BN. Die weißen Mistelbeeren reifen im Winter und werden nahezu ausschließlich durch Vögel verbreitet, welche die Beeren im Ganzen schlucken, wodurch der Samen unverletzt bleibt und im Kot wieder ausgeschieden wird. Bei Vögeln, die nur das Fruchtfleisch fressen, bleibt der Samen am Schnabel kleben.

Die nährstoffreichen Beeren sind damit eine attraktive Winternahrung für zahlreiche Vogelarten. Seit einigen Jahren ist ein vermehrtes Auftreten an Kiefern und Streuobstbeständen erkennbar, was auf die Klimaerwärmung zurückgeführt wird. Streuobstbestände sind aufgrund ihrer Artenvielfalt von hoher ökologischer Bedeutung. Das stellenweise massive Auftreten von Misteln an alten Apfelbäumen ist jedoch die Folge einer Überalterung der Obstbestände und fehlender Pflege durch regelmäßige Obstbaumschnitte.

Grund ist der hohe Arbeitsaufwand und das Wegbrechen von landwirtschaftlichen Betrieben und Obstbauern. „Umso wichtiger sind daher bessere staatliche Förderprogramme für die artenreichen Streuobstwiesen, die ja glücklicherweise mit der Unterzeichnung des auch vom BN mitverhandelten Streuobstpaktes Mitte Oktober in die Wege geleitet wurden. Außerdem brauchen wir Neupflanzungen junger Bäume und engagierte Bürger, die sich für die Obstbaumgürtel einsetzen“, so Deichner.