Wirtschaft
Aus für das Hansa-Werk Burglengenfeld

Die Oras Group verlegt die Produktion von Sanitärarmaturen auf andere Standorte. 170 Beschäftigte verlieren ihren Job.

14.02.2019 | Stand 16.09.2023, 5:46 Uhr

Das Burglengenfelder Hansa-Werk aus der Vogelperspektive. Seit der Übernahme durch die finnische Oras-Group 2013 hatte es immer wieder Spekulationen gegeben, der Standort könnte auf der Kippe stehen. Nun scheinen sich die schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten. Foto: Oras Group.

Die bittere Nachricht wird der Belegschaft am Donnerstag pünktlich zum Schichtwechsel um 14 Uhr aufgetischt. Ingenieur Kari Lehtinen, seit Jahresanfang Präsident und CEO der Oras Group, tritt vor die Beschäftigten des Hansa-Werks in der Dieselstraße und erklärt, der Standort habe keine Zukunft mehr. „Die Produktion wird eingestellt!“, ist seine deprimierende Botschaft. Die Arbeiter nehmen es, so berichtet ein Betroffener, ohne große Empörung zur Kenntnis; viele hatten die Entscheidung offenbar schon erwartet. Vielleicht bleibt es aber auch nur deshalb relativ ruhig, weil der Schock zu tief in die Glieder gefahren ist. Viele kämpfen mit den Tränen.

Wenig später klingelt das Telefon bei Bürgermeister Thomas Gesche. Hansa-Betriebsleiter Hans-Peter Wittmann teilt dem Rathauschef mit, was im finnischen Rauma (Firmensitz) beschlossen worden ist. 170 Arbeitsplätze gehen in Burglengenfeld verloren. Gesche trifft die Information zwar nicht wie aus heiterem Himmel, geschockt ist er trotzdem.

„Zu geringe Auslastung“

Gegen 15 Uhr veröffentlicht die Oras Group, die „Hansa“ 2013 übernommen hat, auf ihrer Homepage eine längere Pressemitteilung. Darin heißt es, zur „Steigerung seiner Wettbewerbsfähigkeit“ verfolge das Unternehmen „effiziente Umstrukturierungen“. Im Zuge dieser „Optimierungsmaßnahmen“ seien die Aufgabe des Werks in Burglengenfeld sowie die Verlagerung der Produktion geplant. Hierdurch ließen sich eine optimale Kapazitätsauslastung sowie eine verbesserte Kostenstruktur erreichen und die Innovations-, Produktions- und Qualitätskompetenz in Europa sichern.

„Vor dem Hintergrund einer ineffizienten Auslastung müssen wir unser Produktionsvolumen auf möglichst wenige Standorte konzentrieren“, erklärt Kari Lehtinen. Dies trage auch dazu bei, die Komplexität in der internen Logistik zu reduzieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Die Werke Kralovice (Tschechische Republik), Olesno (Polen) und Rauma (Finnland), die ebenfalls zur Ora Group gehören, sind von der Planung nicht betroffen.

Gewerkschaft nicht informiert

Bürgermeister Gesche gibt sich keinen Illusionen hin. Gleichwohl will er für Hansa in Burglengenfeld kämpfen. Für Freitag hat er einen Gesprächstermin mit Landrat Thomas Ebeling vereinbart, am Montag soll es ein Treffen mit dem IG-Metall-Bevollmächtigten Jürgen Scholz und dem Hansa-Betriebsrat geben. Außerdem versuchte Gesche noch am Donnerstag, Kontakt zum finnischen Management herzustellen.

Der Gewerkschafter Scholz wurde, wie er auf Anfrage unseres Medienhauses bestätigte, von der Ankündigung der Betriebsschließung „kalt erwischt“. Am Abend verfügte er noch über keinerlei Hintergrundinformationen, die zu der Entscheidung geführt hatten. Scholz bedauert, dass es die Verantwortlichen von der Oras Group nicht für nötig befanden, auch die Gewerkschaft in Kenntnis zu setzen.

Geplant sind nun eine außerordentliche Betriebsversammlung und ein „runder Tisch“ mit Vertretern der Politik. Die Gewerkschaft sei fest entschlossen, Druck auf die Konzernspitze auszuüben, sagte Scholz. Es bestehe der begründete Verdacht, dass es schlicht am Willen gefehlt habe, eine Idee zur Rettung des Standorts Burglengenfeld zu entwickeln.

Angesagte Investitionen blieben aus

Unterdessen berichtete ein Hansa-Mitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden möchte, er und viele seine Kollegen hätten mit der Hiobsbotschaft schon gerechnet. Verschiedene Dinge im Betrieb hätten darauf schließen lassen, dass „die Finnen“ Burglengenfeld fallenlassen wollten. Angekündigte Investitionen seien nicht umgesetzt worden. Ferner habe sich herumgesprochen, dass der Standort im Städtedreieck unter allen, die zum Konzern gehören, der teuerste gewesen sei.

Vom Verlauf dieser Verhandlungen dürfte auch abhängen, wann das Licht in den Hallen an der Dieselstraße ausgeht. Ziel der Finnen sei es, den Schalter „as soon as possible“ zu drücken. Die Oras Group hat in ihrer Pressemitteilung zugesagt, mit den Arbeitnehmervertretern „verantwortungsvolle Lösungen suchen zu wollen“, was in den Ohren der Arbeiter zynisch klingen mag. Ein Hansa-Werker indes, der schon länger unter dem belastenden Betriebsklima litt, erklärte dem MZ-Reporter, er fühle sich keineswegs niedergeschlagen, sondern sogar erleichtert. „Jetzt weiß ich, dass ich mir was anderes überlegen muss!“

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