Erziehung
„KiKo“ will mehr mit Praktikern reden

Die vom Landtag eingerichtete „Kinderkommission“ sah sich am Montag im Gerhardinger-Haus um und nahm neue Anregungen mit.

05.07.2016 | Stand 16.09.2023, 6:50 Uhr
Wo sich Gelegenheit bot, nutzten die Abgeordneten Tanja Schorer-Dremel und Alexander Flierl freie Zeit für Gespräche, wie hier mit Erzieherin Bettina Hösl und einer jungen Dame aus dem Kindergarten. −Foto: ggo

„KiKo“ ist kein Begriff aus der japanischen Sprache, sondern die Abkürzung für „Kinderkommission“. Neben dem Deutschen Bundestag ist der Bayerische Landtag die einzige Volksvertretung aller Bundesländer, die mit Beschluss vom 14. Juli 2014 eine eigenständige Kommission für die Dauer der Wahlperiode 2013-2018 eingesetzt hat. Sie besteht aus vier Abgeordneten von CSU, SPD, Freie Wähler und dem Bündnis90/Die Grünen.

Die Vorsitzende, Tanja Schorer-Dremel (CSU) stattete am Montag auf Einladung des Stimmkreisabgeordneten Alexander Flierl dem Gerhardinger-Haus in Neunburg einen Besuch ab. Hier informierte sie sich zunächst über die drei Einrichtungen von der Krippe, über den Kindergarten und bis zum Hort. Am Nachmittag stand zudem noch ein Arbeitsgespräch mit Schulleitern, Kindergartenleitern und weiteren geladenen Gästen an.

Ein „Familienzentrum der Stadt“

Einen herzlichen Empfang bereiteten die Schulschwestern des Neunburger Gerhardinger-Hauses den beiden Landtagsabgeordneten und Landrat Thomas Ebeling. Extra aus München angereist waren dazu Provinzvikarin Schwester Sibylle Pröll und Schwester Gabriele Lober. Bürgermeister Martin Birner sprach vom Gerhardinger-Haus als „dem Familienzentrum der Stadt“, durch die Verbindung von Krippe, Kindergarten und Kinderhort. Er stellte heraus, dass die Stadt, nicht zuletzt durch ihr familienfreundliches Konzept die Zahl der Arbeitsplätze von 3300 auf 4000 steigern konnte. „Familienfreundlichkeit ist der Teil der Philosophie unserer Stadtentwicklung und die Kinderbetreuung gehört dazu“, betonte Birner.

Schwester Gabriele Lober erläuterte der Vorsitzenden, dass das Kloster in Neunburg das Geburtshaus der „armen Schulschwestern“ seit der Gründung 1833 sei. Schön mehr als 100 Jahre werde hier ein Kindergarten betrieben, der Hort wurde vor 13 Jahren und die Krippe vor rund zehn Jahren eingerichtet. Damals war den sinkenden Zahlen der Auszubildenden in der Hauswirtschaft Rechnung getragen und die vorgesehene Berufsschule geschlossen worden. Die beiden neuen Einrichtungen hätten sich seither gut entwickelt, betonte Lober. Allerdings ergäbe sich ein Problem daraus, dass die Betreuung im Hort kostenpflichtig sei und damit in Konkurrenz zur kostenfreien Betreuung in der offenen Ganztagsschule stehe. „Wenn sich zu viele um zu wenige Kinder streiten, bekommen wir ein Problem“, ließ die Ökonomin des Ordens wissen.

Die Leiterin der pädagogischen Einrichtungen in Neunburg, Schwester Christine Gindhart, übernahm die Führung durch das Haus. Derzeit würden im Hort rund 60 Kinder betreut, unter ihnen auch Flüchtlingskinder. Besonderes Letzteres verlange viel Flexibilität, da ein häufiger Wechsel stattfinde. 119 Kinder würden im Kindergarten zu äußerst günstigen Zeiten betreut, unter anderem bis 17.30 Uhr. Für die Eltern bestehe die Möglichkeit, Betreuung im Viertelstunden-Takt zuzubuchen. An Personal stünden dem Haus 22 Mitarbeiter allein im pädagogischen Bereich zu Verfügung. Was derzeit fehle, seien aber Mitarbeiter in der Nachmittagsbetreuung. Der große Vorteil sei die lückenlose Betreuung von der Krippe bis zum Hort.

In die Ausstattung viel investiert

Bei dem Rundgang konnten sich die Besucher davon überzeugen, dass der Orden viel Geld in die Sanierung und Ausstattung der großzügigen Räumlichkeiten investiert hat. MdL Tanja Schorer-Dremel zeigte sich begeistert von der Einrichtung und sah sie als „notwendige Ergänzung für den heutigen Lebensalltag“. Ebenso erkannte sie den Spagat, den die Träger zwischen Hort und offener Ganztagsschule zu bewältigen hätten. Darin sah sie durchaus einen Ansatz für eine Intervention durch die Kommission. Für sie stand fest: „Man muss den Verantwortlichen vor Ort überlassen, zu entscheiden, was das Beste ist.“

Zum Auftakt des Fachgespräches unterstrich Alexander Flierl noch einmal die Vorreiterrolle, die Bayern mit der „KiKo“ beschritten habe, leider ohne Abgeordnete aus der Oberpfalz. Die geladenen Gäste nahmen kein Blatt vor den Mund und äußerten offen die Probleme, die sie im Schul- oder Kindergartenalltag beschäftigten. Das reichte von der Schulhofgestaltung der Gerhardinger-Grundschule in Schwandorf über die zu strenge Reglementierung von Klassenstärken – gerade im ländlichen Raum – bis hin zu Problemen mit der Inklusion und der Unterstützung durch einen Schulpsychologen oder das Ausfüllen von 15 Seiten umfassenden Antragsformularen, um Zuschüsse für die Betreuung der Flüchtlingskinder zu erhalten.

Schorer-Dremel ließ die Themen akribisch aufnehmen und konnte den einen oder anderen Tipp aus ihrer Praxis als ehemalige Rektorin vermitteln. Ihr Fazit: „Ich habe bei meinen Besuchen gelernt, dass wir mehr mit den Praktikern sprechen müssen.“