Städtepartnerschaft
Nittenau arbeitet mit polnischen Freunden Geschichte auf

06.08.2022 | Stand 15.09.2023, 4:08 Uhr
Die Zeit beim Besuch in Nittenau war fast zu kurz für Elisabeth Bauer, Bürgermeister Grzegorz Cichy, Bürgermeister Benjamin Boml, Krzystof Woitusik, Ewa Oleksy-Baranowska, Franz Probst und Hans Hien (v. l.) −Foto: Barbara Dudkowski

Die Freundschaft zwischen Proszowice, einer Stadt in der Woiwodschaft Kleinpolen, und Nittenau wurde durch eine Begegnung auf kommunaler Ebene aufgefrischt und vertieft.

Wie Johann Hien, Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Städtepartnerschaften berichtet, gab es dabei ein erstes persönliches Kennenlernen der beiden Bürgermeister Grzegorz Cichy und Benjamin Boml.

Am Mittwoch, 27. Juli , war eine Delegation aus Proszowice, einem Vorort von Krakau, mit Bürgermeister Grzegorz Cichy, dem Vorsitzenden des Stadtrats Krzystof Woitusik, Marketingleiterin Ewa Oleksy-Baranowska, und Deutschlehrerin Anna Szanca-Trzeciak nach Nittenau gekommen. Zuvor waren sie bereits in ihrer Partnerstadt Fichtenberg in Baden-Württemberg zu Besuch. Auf dem Rückweg nach Proszowice besuchten die Delegation auch in Nittenau. Vorausgegangen waren bereits mehrere Begegnungen in Proszowice und Nittenau.

Im neuen Sitzungssaal wurden sie von Bürgermeister Benjamin Boml im Beisein von Stadt- und Kreisrätin Elisabeth Bauer, der Dolmetscherin Barbara Dudkowski und Hans Hien begrüßt. Gemeinsam wurden die Imagefilme „Oberpfälzer Seenland“, „Landkreis Schwandorf“ und „Stadt Nittenau“ angeschaut. Bürgermeister Cichy sagte, dass er vor der Fahrt im Internet über Nittenau recherchiert habe und dabei eine ähnliche Struktur festgestellt habe.

Einige Parallelen gefunden

Proszowice sei ländlich und etwa 25 Kilometer von der Großstadt Krakau entfernt, es gebe Gemüseanbau, Industrie und Gewerbe, außerdem viele Gastarbeiter aus Rumänien und der Ukraine. Die derzeitige Zahl von mehr als 1500 Flüchtlingen aus der Ukraine sei eine große Herausforderung bei 6000 Einwohnern in der Stadt und 10.000 auf dem Umland.

Der Vorsitzende des Stadtrats Krzystof Woitusik war sehr beeindruckt über die Aufarbeitung der Vergangenheit, insbesondere durch die Nittenauer Kommune und die Bürger. In Proszowice sei das erst in den letzten Jahren publik geworden. Einerseits durch den Unterricht von Franz Probst im Gymnasium in Proszowice und andererseits durch die bisherigen Begegnungen in Nittenau und Proszowice. „Das finde ich sehr gut“, sagte er.

Hans Hien zeigte den beiden Bürgermeistern und Gästen einen Bericht mit vielen Fotos vom letzten Besuch in Proszowice, bei dem der Schule das Kreuz übergeben wurde. Hien meinte: „Ich würde mir sehr wünschen, dass viele den müßigen und unsinnigen Tod von Menschen durch Begegnungen und Austausch mit Leben, Vergebung und Freundschaft erfüllen. Da ist nicht nur grenzübergreifende Solidarität geboten.“

Dann ging es nach Bodenstein, wo Zygmunt Marzec als Zwangsarbeiter beschäftigt war. Die Gruppe fuhr direkt zum jetzigen Wohnhaus der Familie Probst, das damals noch Wirtshaus war. In der Gaststube, in der Franz Probst die Geschichte erzählte, wie es zu der Denunziation gekommen ist, sind noch die originalen Sitzbänke erhalten, das Telefon nicht mehr.

Nicht weit davon entfernt, nach dem Richtberg mitten im Wald, wo Zygmund Marzec am 12. November 1942 ermordet wurde, stieg die Gruppe aus. Die hiesige Bevölkerung wurde damals von der Hinrichtung ausgeschlossen. Nur die Zwangsarbeiter aus der Region mussten zusehen.

An diesem Ort, wo ein Gedenkstein steht, wurde die Geschichte nochmals aufgerollt. Franz Probst zeichnete die Ereignisse vom Aufstellen eines Holzkreuzes durch Mathias Stadler bis zur Einweihung des Gedenksteines nach. Bürgermeister Grzegorz Cichy hatte einen wunderschönen Kranz und Krzystof Woitusik ein Grablicht mitgebracht.

Chichy legte den Kranz am Gedenkstein nieder, verneigte sich und betete das „Vater unser“ auf Polnisch. Es herrschte absolute Stille.

Einladung zum Gegenbesuch

Es ging weiter ins Regental-Gymnasium, wo Schulleiter Oberstudiendirektor Frank Fiedler viele Fragen beantwortete. „2018 hat eine Klasse aus Proszowice das Regentalgymnasium besucht, dabei wurde zum Gegenbesuch eingeladen“, sagte Hien. Fiedler sagte, er stehe dem ganz aufgeschlossen gegenüber. Noch ein kurzes Gemeinschaftsbild und schon ging es zurück zum Storchenturm und Marktplatz ins Stadt-Café zu Kaffee, Eis und Kuchen.

Die Zeit war viel zu kurz. Aber neun Stunden Fahrt bis nach Proszowice geboten den Gästen, sich zu verabschieden. Bürgermeister Cichy hat die Nittenauer mit ihrem Bürgermeister ganz offiziell zu einem Gegenbesuch eingeladen.

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