Architektur
Auch im Altbau ist vieles möglich

Ein Pfreimder Siedlungshaus verwandelte sich bei der Sanierung in ein modernes, funktionales und großzügiges Einfamilienhaus.

11.04.2015 | Stand 16.09.2023, 7:08 Uhr

Die neu angebauten Elemente sind mit Lärchenholz verschalt und heben sich so vom Bestand, dessen Außenwände verputzt sind, ab.

-Auf Neuland begibt sich der ArchitkektOurbus in diesem Jahr mit einem Objekt in Pfreimd. Denn eine derart grundlegende und aufwändige Sanierung eines Einfamilienhauses konnten die Teilnehmer bei den vergangenen acht Fahrten noch nicht erleben. Das klassische Siedlungshaus aus den 1950er Jahren mit einst zwei kleinen Wohnungen haben Architekt Konrad Kraus und Bauherrin Sabine Messerer in ein großzügiges, lichtdurchflutetes Einfamilienhaus mit einer Reihe moderner Extras verwandelt. Dabei ist es gelungen, alle Vorstellungen der Bauherrin umzusetzen.

Wie war die Ausgangslage? Das Haus des Großvaters der Bauherrin aus dem Jahr 1959 hatte auf zwei Etagen (E + D) zwei abgeschlossene Einheiten mit insgesamt 135 Quadratmeter. Die Wohnungen waren erschlossen über ein zentrales Treppenhaus, an einen Flur schlossen sich im Erd- und Obergeschoss jeweils rechts und links die kleinen Zimmer an.

Betritt der Besucher das Haus von Sabine Messerer heute, ist das kaum mehr vorstellbar. „Das statische Gerüst des Hauses ist geblieben, aber alle Trennwände, die für die Statik nicht erforderlich waren, wurden bei der Sanierung entfernt“, erläutert Konrad Kraus. Die Außenwände blieben bis zur Traufe erhalten, der Dachstuhl ist, mit breiteren Gauben, komplett neu aufgebaut. Auch die Fensteröffnungen wurden stark modifiziert – nach Süden und Westen deutlich vergrößert, nach Norden und Osten verkleinert.

Helles Treppenhaus an neuer Stelle

Vom neuen Eingangsbereich mit Windfang und Zugang zur Doppelgarage gelangt man über einige Stufen in den offenen Wohnbereich mit Esstisch, frei stehender Küche und Wohnbereich. Die Treppe ins Obergeschoss ist ins Zentrum des Hauses gerückt. Eine frei tragende, geradläufige Faltwerktreppe aus Eichenholz verbindet nun beide Etagen. Dachflächenfenster sorgen auf Firsthöhe für viel Licht im zweigeschossigen Treppenbereich.

Im Erdgeschoss wurde der Bestand in südöstlicher Richtung um einen Wintergarten in Holzbauweise erweitert, was dem Bereich Kochen, Essen, Wohnen noch mehr Luft und Licht verschafft. Dazu trägt auch die großzügige Terrasse bei, die den Wohnraum zum Garten mit altem Baumbestand hin öffnet. Ein Büro bzw. Gästezimmer, eine Gästetoilette mit Ganzglasdusche sowie ein begehbarer Schuh- und Taschenschrank komplettieren das untere Stockwerk.

Im Obergeschoss befinden sich das Schlafzimmer, ein begehbarer Kleiderschrank, ein Bad mit integrierter Sauna, eine Toilette sowie eine kleine Kaffeebar für den Start in den Tag. Schnell erzählt - aber beim Rundgang stechen eine Vielzahl von Details ins Auge. Da ist zunächst einmal die schiere Höhe der Räume. Der Spitzboden wurde geöffnet, was das Obergeschoss auf 5,50 Meter lichtet. Das Schlafzimmer erweitert ein überdachter Südwest-Balkon, Holz-Schiebe-Elemente fungieren als Beschattung und Sichtschutz. Vom Schlafzimmer gelangt man durch den begehbaren Kleiderschrank ins großzügige Badezimmer. Auf einem Podest, das mit Kieselmosaik belegt ist, stehen Wanne und Dusche. Über der frei stehenden Sundeck-Badewanne wurde mithilfe zahlreicher LED-Lämpchen ein Sternenhimmel gestaltet. Integrierte Deckenbeleuchtungen sowie indirekte Beleuchtungsschienen entlang der Flure und Dachbalken auf LED-Basis setzen im ganzen Haus Akzente.

41 Quadratmeter neue Wohnfläche

Auf Fliesen wurde bei der Gestaltung der Bäder und Toiletten bewusst verzichtet, Böden und Wände stattdessen mit Spachteltechnik gestaltet. Ins große Badezimmer ist eine Sauna integriert. Eine Außenterrasse an der Nordostseite ist direkt vom Bad- bzw. Saunabereich aus begehbar, eine Treppe führt von der Terrasse hinunter in den Garten. Die Terrassen und Balkone haben eine Fläche von 51 Quadratmeter, die Wohnfläche ist von 135 auf 176 Quadratmeter gewachsen.

Auch energetisch ist das Einfamilienhaus von Sabine Messerer komplett überholt. Die Außenwände sind mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen und verputzt bzw. mit einer Schalung aus Lärchenvollholz verkleidet. „Die Hülle entspricht einem KfW-70-Haus“, sagt Architekt Konrad Kraus. Die energetische Versorgung erfolgt über eine Luft-Wärmepumpe mit Solarkollektoren. Im gesamten Wohnbereich wurde eine Fußbodenheizung eingebaut. Zwischen Ess- und Wohnraum gibt es einen Eck-Kaminofen.

„Den Siedlungshaus-Charakter zu erhalten und dennoch alle modernen Funktionen zu integrieren“ war die Intention von Konrad Kraus. Für Bauherrin Sabine Messerer ist das gelungen, der Geist des Großvaters sei noch spürbar. Dass mit demselben finanziellen Aufwand auch ein Neubau möglich gewesen wäre, steht außer Frage. Dennoch war das für die Bauherrin zu keiner Zeit eine echte Alternative. „Den Altbau zu sanieren, das würde ich in jedem Fall wieder so machen.“