Veranstaltung zum Gedenktag
Auch im Kreis Schwandorf erleben viele Frauen Gewalt

01.12.2022 | Stand 15.09.2023, 2:41 Uhr
Friedrich Gluth
Die Kripo präsentierte aktuelle Zahlen zu häuslicher Gewalt. Im Landkreis Schwandorf haben die Delikte zugenommen. −Foto: Symbolbild: Maurizio Gamberini, dpa

Anlässlich des internationalen Gedenktags „Nein zu Gewalt an Frauen“ hatte Gleichstellungsbeauftragte Helga Forster zu einer Infoveranstaltung ins Mehrgenerationenhaus geladen. Mehr als zwanzig Partner wirkten mit.

Der voll besetzte Saal zeigte das Interesse an der Veranstaltung, an der, in alphabetischer Reihenfolge genannt, folgende Gruppierungen teilnahmen: Arbeitskreis gegen sexuellen Missbrauch, Amnesty International, Agentur für Arbeit, CSU, DGB, Die Grünen, Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Evangelische Gemeinde, Frauen helfen Frauen e.V., Freie Wähler, Lernende Region, Landratsamt mit Gesundheitsamt/Staatlich anerkannter Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen, ÖDP, Polizeipräsidium Oberpfalz, Sozialpsychiatrischer Dienst, SPD, VHS Schwandorf und VHS im Städtedreieck.

Die Augen nicht verschließen!

Gleichstellungsbeauftrage Forster wies darauf hin, dass auch in unserem Land täglich Frauen Gewalt erleben. Davor dürfe die Gesellschaft die Augen nicht verschließen. Viele Betroffene schämten sich, und es falle ihnen schwer, über das Erlebte zu reden. „Doch reden kann helfen“, sagte Forster. Und es gebe gerade auch im Landkreis Schwandorf viele Einrichtungen, die Frauen unterstützten, sich aus einer Gewaltsituation zu befreien. Sie leisteten auch sehr gute Präventionsarbeit.

Landrat Ebeling erinnerte daran, dass in Schwandorf dieser Gedenktag zum sechsten Mal begangen werde. Sein Dank galt allen, die diese Veranstaltung unterstützten, besonders Helga Forster, die federführend gewesen sei bei der Vorbereitung. Ebeling nannte Formen der Gewalt, wie psychische im Partnerschaftsbereich oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, und wünschte den Anwesenden neben interessanten Gesprächen auch die Nachdenklichkeit, die der Tag verdient habe.

Wackersdorf bot den idealen Veranstaltungsort

Wackersdorf habe, so Hausherr Bürgermeister Thomas Falter, das Mehrgenerationenhaus für diese Veranstaltung gern zur Verfügung gestellt, denn das Haus stehe für Diversität, Gleichberechtigung, eine gesunde Gesellschaft. Es sei Treffpunkt für alle, egal welchen Alters, egal welchen kulturellen und sozialen Hintergrundes. „Veranstaltungen wie heute“, betonte Falter, „brauchen wir solange, bis eine Frau zum Beispiel nach dem Feiern nachts auf dem Nachhauseweg zu ihrer Sicherheit kein Telefonat am Handy mehr vortäuschen muss.“

In Statements und szenischen Dialogen wurden anschließend diverse Formen und Auswirkungen von Gewalt dargestellt. Karina Pfeiffer, Jugendsozialarbeiterin der Mittelschule Oberviechtach und Mitglied im Arbeitskreis sexueller Missbrauch, die auch die Moderation übernommen hatte, wies darauf hin, dass laut UN jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen ist. Dies sind rund 12 Millionen Frauen.

Aktuelle Zahlen zum Thema häusliche Gewalt brachte Kriminalhauptkommissarin Corinna Wild vom Polizeipräsidium Oberpfalz mit. So gab es 2020 im Bereich des Präsidiums 1491 Fälle, im Jahr darauf waren es 86 Fälle (-5,8 %) weniger. Anders sieht die Entwicklung im Kreis Schwandorf aus. Hier stiegen die häuslichen Gewalttaten von 172 Fällen in 2020 um 63 Fälle (+36,6 %) auf 235 Fälle im Jahr 2021.

Kinder leiden anders als Erwachsene

Völlig anders als Erwachsene erleben Kinder Gewalt, wie Forster in Vertretung von Franz Klarner, dem Leiter der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern, anhand eines Textes aufzeigte, in dem eine junge Erwachsene über ihre Kindheitserfahrungen mit dem gewalttätigen Vater berichtet.

Die Wichtigkeit von Worten für die Gefühle von Menschen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, legte Veronika Kopf, Jugendsozialarbeiterin der Johanniter-Unfall-Hilfe an der Mittelschule Schwarzenfeld und langjähriges Mitglied im Arbeitskreis gegen sexuellen Missbrauch im Landkreis Schwandorf, dar.

Seelische und emotionale Gewalt sind unsichtbar. In einem szenischen Dialog machten sie Cornelia Büchl und Anneliese Brock von der Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen sichtbar. Wie häusliche Gewalt sich spiralförmig entwickeln kann, zeigte Jasmin Hummel vom Frauenhaus im Kreis Schwandorf. Claudia Averibou wies darauf hin, dass Frauen und Kinder als Geflüchtete besonders von Missbrauch und Ausbeutung bedroht sind. Mit aussagekräftigen Beispielen belegte Katja Ertl vom DGB die Tatsache, dass sexuelle Belästigung, Entwürdigung und Erniedrigung von Frauen am Arbeitsplatz keine Seltenheit sind.