Gesundheit
Notarzt-Engpass an den Feiertagen

Mediziner schlagen Alarm: An Weihnachten und Silvester ist teils nur ein einziger Notarzt im Raum Schwandorf unterwegs.

21.12.2018 | Stand 16.09.2023, 5:49 Uhr

Dr. Michael Heidrich ist an den Feiertagen als Notarzt unterwegs – in einem größeren Bezirk als ihm lieb ist. Foto: fu

Eigentlich könnten die Menschen in der Region Schwandorf beruhigt Weihnachten und Silvester feiern. Wenn dort bislang etwas wirklich Schlimmes passierte, war der Notarzt binnen Minuten zur Stelle. In den letzten 18 Jahren war dies meistens Dr. Michael Heidrich. Auch in diesem Jahr bereitet sich der Leitende Notarzt wieder auf den Dienst an den Feiertagen vor – „für mich eine Ehrensache“. Allerdings könnte es passieren, dass der erfahrene Notfallmediziner gerade mit einem Unfall im fernen Sulzbach-Rosenberg oder einem Herzinfarkt in Hirschau beschäftigt ist, wenn er zu einem Notfall in seinem Stammbezirk gerufen wird. Und dann könnte aus dem Not- ein Ernstfall werden, befürchtet der Mediziner.

„Also bitte an den Feiertagen lieber nicht ernsthaft krank werden.“Dr. Michael Heidrich

Dr. Heidrich muss notgedrungen in einem Gebiet einspringen, dem an den Feiertagen die Notärzte ausgegangen sind. Das Gebiet ist so groß, dass es zu Engpässen kommen könnte, sollten die Einsatzorte für den Einzelkämpfer im Notdienst weit auseinanderliegen, zu weit vielleicht für einen effektiven Notdienst. „Also bitte an den Feiertagen lieber nicht ernsthaft krank werden“, lautet Heidrichs Rat für die Menschen in der Region. Natürlich weiß er: Herzinfarkte, Schlaganfälle und schwere Unfälle halten sich nicht an die Feiertagsruhe. „Manchmal ist es sehr ruhig, ich bin aber auch schon zu zehn Einsätzen in einer Schicht gefahren“, berichtet Heidrich aus seiner Feiertags-Praxis.

Der Feiertags-Dienstplan ist „ausgedünnt wie noch nie“

Auch Mediziner arbeiten halt nicht gerne an Weihnachten, und im Gegensatz zu den Ärzten im Bereitschaftsdienst, die für die kleineren Blessuren zuständig sind, ist der Notarztdienst nicht verpflichtend. So ausgedünnt wie in diesem Jahr aber hat Dr. Heidrich den Dienst in der Mittleren Oberpfalz noch nie erlebt. Der Schwandorfer Mediziner beklagt, dass er sich am Heiligen Abend zum Beispiel um Schwerkranke und Verletzte im Stadtgebiet von Sulzbach-Rosenberg (rund 20 000 Einwohner) kümmern muss. Dort fällt – Stand Freitagnachmittag – der Notdienst vom 23. morgens bis zum 24. Dezember abends aus. Heidrich muss laut Dienstplan auch in Hirschau, Nabburg, Pfreimd oder Wernberg einspringen. Er könne nur hoffen, dass es vergleichsweise ruhige Feiertage werden.

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB), beauftragt mit der Notfallversorgung im Freistaat, setzt darauf, dass sich kurzfristig noch Ärzte finden, die den Notfalldienst übernehmen. „Erfreulicherweise können so in der Regel noch letzte Lücken geschlossen werden“, teilt eine Sprecherin der KVB auf Anfrage der Mittelbayerischen mit. Die Dienste an Weihnachten und Neujahr seien jedes Jahr schwierig zu besetzen. Derzeit würden die Dienstpläne an den Oberpfälzer Standorten „noch von unseren Kolleginnen und Kollegen vor Ort erstellt“. Doch „in jedem Fall“ sei die notärztliche Versorgung „zu jeder Zeit sichergestellt“. Im Bedarfsfall werde der Nachbar-Notarzt oder der Rettungshubschrauber durch die Integrierte Leitstelle (ILS) alarmiert. Über möglicherweise nicht besetzte Dienste würden der regional zuständige Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung und die ILS informiert.

„Wir dürfen das machen, was übrig bleibt.“Dr. Michael Heidrich

Denn die bisherigen Erfahrungen und der Dienstplan für Januar zeigten eine deutliche Tendenz zugunsten der Krankenhaus-Mediziner: Diese würden in erster Linie für die Tagdienste unter der Woche eingeteilt. Der Stammtruppe blieben dann tendenziell nur die unbeliebten Nacht- und Wochenenddienste. Den Vorwurf, dass die alteingesessenen Ärzte im neuen Dienstplan benachteiligt werden, ließ die KVB auf Anfrage unkommentiert. So bleibt es laut Dienstplan dabei, dass die Klinikärzte im neuen Jahr jeweils am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag in den Notarztwagen steigen. „Wir dürfen das machen, was übrig bleibt“, so Dr. Michael Heidrich.

Standort des Notarztwagens ist das Krankenhaus St. Barbara – für das eingespielte Notärzteteam aus Schwandorf wegen der vielen Übergaben ein weiteres Handicap. Bislang, so Dr. Heidrich, habe eine Notarztschicht jeweils eine Woche gedauert, ein Zeitraum, auf den sich die Notfallmediziner hätten einrichten können.

Unruhige Zeiten am Jahresende

Für ihn und seine Kollegen stehe das Wohl ihrer Patienten im Vordergrund, sagt Dr. Heidrich. Wenn er plötzlich fünfmal so viele potenzielle Patienten zu betreuen habe als normal, dann werde ihm unbehaglich zumute. Auf ruhige Feiertage, bei dem auch mal Zeit für die Familie bleibt, stellt sich Heidrich jedenfalls nicht ein. Nicht zu beneiden seien auch die Disponenten der Integrierten Leitstelle in Amberg. Sie müssen die Einsätze für sämtliche lebensbedrohlichen Notfälle in der Region koordinieren und bestellen. Auf die von der KVB vorgeschlagenen, in Weiden und Regensburg stationierten Rettungshubschrauber könne sich das Rettungswesen in den kommenden Tagen nicht verlassen. Weil das Wetter schlecht werde, blieben die Helikopter am Boden, weiß Heidrich.

Und noch etwas setzt den Notfallmedizinern zu.Die Reform des ärztlichen Bereitschaftsdienstesbringt mit sich, dass ein Arzt teilweise die beiden Landkreise Schwandorf und Cham alleine betreuen muss, etwa nachts. Es kommt dann immer öfter vor, dass für leichtere Fälle, die der zuständige Bereitschaftsarzt nicht zeitig behandeln könne, der Notarzt gerufen werde, dessen Aufgabe es eigentlich ist, sich um die echten Notfälle zu kümmern.

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