Links oben Schiedsrichter sind auch nur Menschen
Eine Studie weist nach: Mit den Geisterspielen schwindet der Heimvorteil, weil die Referees zu gerechteren Urteilen kommen.

Regensburg.Historiker mögen dereinst ergründen, was die Pandemie alles mit uns angestellt hat. Aber natürlich sind der Trend zu Homeoffice, Vereinsamung und Übergewicht nur Randaspekte unseres endlichen Daseins. Unsere Existenz definiert sich nun mal primär über den professionell betriebenen Fußballsport. Zu diesem liegt endlich belastbares Zahlenmaterial vor. Die Schlussfolgerungen sind mindestens spektakulär zu nennen. Sie stellen den Fußball auf den Kopf.
Ein Forscher der spanischen Universität Alicante hat in einer Arbeit, die dem dort ansässigen Profiklub Hercules alle Ehre macht, 230 000 Spiele unter die Lupe genommen. Und siehe da: Seit das Virus die Stadien leer fegt, ist der Heimvorteil so gut wie dahin. Lag die Quote der Heimsiege vor dem Lockdown noch bei 45 Prozent, sank sie bei den Geisterspielen auf 41 Prozent und rauschte gleichsam in den Keller.
Carlos Cueva, so heißt der Gelehrte, verortet die Gründe dafür jedoch nicht unmittelbar auf den leeren Rängen. Die naheliegende Erklärung, wonach der tobende Mob auf den Tribünen mit seiner Lautstärke Adrenalin, Testosteron oder sonstige Stoffe in den Athletenkörper pumpt und damit der Heimmannschaft auf die Sprünge hilft, schließt er aus. Vielmehr seien es die Schiedsrichter, die ohne die „Einflüsterungen“ von außen zu gerechteren Urteilen kommen. Sie pfeifen mehr Fouls der Heimelf, bedenken den Gastgeber großzügiger mit Gelben und Roten Karten.
Ja, Schiedsrichter sind eben auch nur Menschen. Und allzu menschlich ist es, seinem Umfeld gefallen zu wollen. Ein umstrittener Elfmeterpfiff zugunsten der Hausherren stößt in aller Regel auf den ungeteilten Beifall des heimischen Publikums.
Traditionalisten müssen sich dennoch nicht grämen. Der Heimvorteil mag schwinden, aber die ehernen Wahrheiten des Fußballs haben Bestand. Der Ball ist rund. Der nächste Gegner ist immer der schwerste. Und Meister wird sowieso der FC Bayern.
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