Sportmedizin
Stefan Schwarz tritt in Eders Fußstapfen

Für den 51-Jährigen war Olympia stets das Traumziel. In Pyeongchang fungierte er als Chef-Physiotherapeut des „Teams D“.

23.03.2018 | Stand 16.09.2023, 6:13 Uhr

Inmitten der Kollegenschar: Physiotherapeut Stefan Schwarz (Mitte) erlebte seine ersten Winterspiele. Foto: Julian Pfister

Donaustauf. Beim Massenstartrennen der Damen war er hautnah dabei, feuerte an, fieberte mit Laura Dahlmeier & Co., saugte die olympische Atmosphäre an der Biathlon-Stecke auf. „Ein tolles Erlebnis“ sei das gewesen, sagt Stefan Schwarz. Indes, es blieb der einzige Abstecher zu den Wettkampfstätten in Pyeongchang, denn der 51-Jährige hatte in der medizinischen Abteilung des deutschen Olympia-Teams buchstäblich alle Hände voll zu tun – und das beinahe rund um die Uhr. Schwarz trat als Chef-Physiotherapeut von „Team D“ in Südkorea in große Fußstapfen. Denn diese Funktion hatten bei vergangenen Spielen, zuletzt in Sotschi 2014 und in Rio de Janeiro 2016, Ursula und Klaus Eder inne.

Die Aufgabe bleibt damit sozusagen eine interne Angelegenheit, denn Schwarz ist – mit einer kleinen Unterbrechung – seit 25 Jahren als Physiotherapeut an Eders „Eden Reha“ in Donaustauf (Kreis Regensburg) tätig. Dass es sich um einen klassischen Erbhof handelt, streiten jedoch beide vehement ab. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hatte die Position nach Eders Rückzug Anfang 2017 öffentlich ausgeschrieben, Schwarz setzte sich unter 37 Bewerbern im Auswahlverfahren durch. „Ohne Vitamin B“, wie Eder unterstreicht. „Ich hab’ wahrscheinlich sehr glaubhaft vermitteln können, wie sehr ich für diese Aufgabe brenne. Und jetzt bin ich riesig dankbar, dass ich das erleben durfte“, sagt Stefan Schwarz.

Bei den Winterspielen in Pyeongchang gelangte der gebürtige Regensburger, der in Pielmühle aufgewachsen ist, nach vielen Umwegen an sein Traumziel. Denn das war Olympia, seit er es in jungen Jahren als Leistungsschwimmer bei der Regensburger Turnerschaft zwar bis in den Bayernkader schaffte, aber dort an seine sportlichen Leitungsgrenzen stieß. Auch beruflich ging er nicht den geraden Weg, liebäugelte lange mit einem Medizinstudium, versuchte sich kurz in Jura und Chemie, stellte aber fest: „Das ist nicht meins. Zu trocken, zu wenig Praxis.“

Sprungbrett zum DFB

Handfester war da schon die Ausbildung zum Physiotherapeuten, die er auf Klaus Eders Ratschlag hin in Berlin durchlief, ehe er 1993 ans „Eden Reha“ kam. „Hafen und Heimat“ sei die Reha-Klinik in Donaustauf für ihn, sagt Schwarz, und sie wurde zum Sprungbrett für den Vater von drei Kindern.

Seit 2007 arbeitete er als Physio für Juniorenteams des Deutschen Fußball-Bundes. Der damalige DFB-Sportdirektor Matthias Sammer hatte beschlossen, die medizinische Betreuung des Nachwuchsbereichs zu professionalisieren. Schwarz betreute die U18, U19, U20, reiste zu Turnieren und lernte so auch jene „goldene Generation“ um Jerome Boateng, Mesut Özil & Co. kennen, die 2009 bei der EM den U21-Titel holte und fünf Jahre später bei der WM in Brasilien triumphierte.

Nach internen Unstimmigkeiten verabschiedete sich Schwarz vom DFB und wandte sich Aufgaben im DOSB zu. Seit 2015 ist er Mitglied in dessen Lehrstab. Gleichzeitig arbeitet er im Wechsel mit Klaus Eder fürs Fedcup-Team im deutschen Damentennis. Als Einzelbetreuer der Stars erlebte er Highlights wie das Traditionsturnier in Wimbledon und schwärmt von der „einzigartigen Atmosphäre“ dort.

Vom heiligen Rasen ging’s nun weiter auf Schnee und Eis – zu den Winterspielen 2018. Natürlich konnte Schwarz dabei aus dem Erfahrungsschatz von Ursula und Klaus Eder schöpfen. „Da ist unheimlich viel Background da. Das gibt Sicherheit“, sagt er. Das „Team hinter dem Team“ erfordert eine ausgefeilte Logistik. Am 29. Januar reiste Schwarz voraus nach Südkorea, drei Tage vor der Eröffnung des Olympischen Dorfes. Die ersten deutschen Athleten trudelten am 3. Februar ein, da war „dank vieler helfender Hände“ (Schwarz) die medizinische Abteilung einsatzbereit. Es war auch ein Treffen alter Bekannter: Neun der insgesamt 23 DOSB-Physios bei diesen Spielen hat der 51-Jährige selbst mit ausgebildet.

Reiche Medaillenernte

„Es lief vom ersten Tag an alles glatt“, blickt Schwarz zurück. Zur guten Stimmung trug natürlich die reiche Medaillenernte des Teams in Fernost bei. Und als am Abschlussabend im Deutschen Haus von Pyeongchang Bilanz gezogen wurde, gab der Chef de Mission Dirk Schimmelpfennig bereits diese Losung aus: „Nach den Spielen ist vor den Spielen.“

Das gilt auch für Stefan Schwarz persönlich. Die Sommerspiele 2020 in Tokio sind sein nächstes Ziel. Das heißt für ihn als Chef-Physiotherapeuten: Ab Sommer 2019 laufen die Vorbereitungen wieder auf Hochtouren. Es gilt, Material zu bestellen, medizinische Geräte zu ordern, die Wünsche der Kollegen einzusammeln. Schwarz ist spätestens dann wieder in seinem Element: „Sport ist pure Emotion“, sagt er und fügt hinzu: „Als ehemaliger Sportler kann man vieles besser nachfühlen, was Athleten bewegt.“