Knochenjob
Das Profi-Jahr mit dem Horrorsturz

Der Kelheimer Jakob Roithmeier bestritt die erste Saison im Berufsradsport. Nach einem Unfall „feiere ich zwei Geburtstage“.

01.12.2017 | Stand 16.09.2023, 6:18 Uhr

Jakob Roithmeier (l.) hat seine erste Profi-Saison für den Rennstall „Wibatech Fuji 7R“ in den Beinen. In den vier, fünf Stunden dauernden Radrennen „geht man jedesmal ans Limit“, sagt er. Fotos: Marcel Lorenz/Roithmeier/Archiv

Für den Kelheimer Rennradsportler Jakob Roithmeier hat sich zu Beginn des Jahres ein Traum erfüllt. Mit 25 Jahren schaffte er den Sprung von den Amateuren ins Profilager. Als einziger deutscher Fahrer gehört er dem polnischen Kontinentalteam „Wibatech Fuji 7r“ an. Im Mai hätte seine Laufbahn zu Ende sein können. Nach einem Unfall landete der Kelheimer bewusstlos in einer Klinik. „Letztlich waren es keine schweren Verletzungen, dennoch feiere ich seitdem einen zweiten Geburtstag“, so Roithmeier.

„In dieser Liga wird ein komplett anderes Level gefahren.“Jakob Roithmeier

Nach einer kurzen Pause kämpfte sich der mittlerweile 26-Jährige durch und erfüllte seine Aufgaben in der neuen Radwelt. „In dieser Liga wird ein komplett anderes Level als im Amateurbereich gefahren“, erklärt der Neu-Profi. Während die Kriterien im Amateurbereich maximal 90 Minuten dauern, ist bei den Profis eine vier- bis fünfstündige Renndauer zu kalkulieren. „Und die zu bewältigenden Distanzen werden noch einen Tick zügiger gefahren“, so der Kelheimer. Besonders die letzte Rennstunde werde „exorbitant schnell“ geradelt.

Diese Umstellung sei ihm bei den überwiegend in Polen ausgetragenen Rennen anfangs schwer gefallen. Dennoch habe es rasch geklappt und der Kelheimer konnte seinen Anforderungen als „Wasserträger und Helfer“ im Team Wibatech gerecht werden. 40 Rennen absolvierte er für sein Team. „Als Amateur hatte ich teilweise mehr Einsätze, aber man muss auch den erhöhten Erholungsbedarf berücksichtigen.“

Als Wasserträger hart im Wind

Größere persönliche Erfolge stehen im Profitrikot nicht zu Buche. Dieser Umstand ist aber der Tatsache geschuldet, dass Roithmeier als Teamfahrer verpflichtet wurde und sich als solcher voll in den Dienst der Kapitäne stellt. „Ich werde niemals mehr als ein Helfer sein und komme mit dieser Rolle absolut klar. Profiradsport ist ein Mannschaftssport. Es wird zwar nur der Sieger gefeiert, aber ohne das Team sind Erfolge eben nicht möglich.“

Jakob Roithmeier ist kein verbissener Profi, wie er bei einer MZ-Testrunde auf der Kelheimer Race24-Strecke (Termin 2018: 14./15. Juli) zeigt:

Speziell die Bereitschaft, auf mögliche eigene Ansprüche zu verzichten und sich ausschließlich für die Mannschaft zu quälen, habe ihm den späten Einstieg ins Profigeschäft ermöglicht. Und hier müsse das Brot hart verdient werden, betont Roithmeier. Es seien eben auch die Fahrer von großer Bedeutung, die „über 200 Kilometer im Wind fahren oder Flaschen von hinten nach vorne fahren, während alle andere anderen im Feld auch schon am Klemmen sind“.

„Wenn alles aufgeht, bedanken sich die Topfahrer bei den Helfern.“Jakob Roithmeier

Nicht immer ist die schmerzhafte Kurbelei von Erfolg gekrönt. „Dann gibt es freilich die Situationen, da fragst du dich: Warum tust du dir das an? Aber es gibt eben auch die Momente, da geht alles auf und die Teamleitung und der Topfahrer bedanken sich für die Helferdienste.“ Aus den schönen Augenblicken könne man genügend Motivation ziehen, um immer weiter zu machen. Aber auch den Schattenseiten des Radsports gewinnt Roithmeier ihre positive Seiten ab.

Comeback mitten in der Saison

Nach dem schweren Trainingsunfall im Mai landete er bewusstlos im Krankenhaus. Nach 14 Tagen schien der Crash – eine Autofahrerin war mit dem Rennradler in einem Kreisverkehr kollidiert – verdaut. Doch es schlichen sich hartnäckige Knieprobleme ein, deren Ursache nach vielschichtigen Untersuchungen im Lendenwirbelbereich verortet wurden. „Es waren kleine Wehwehchen, die aber in diesem Leistungsbereich ausschlaggebend sind und man eben nicht ans Limit kommt.“

In diese Grenzbereiche müsse man immer gehen, um die Aufgaben zuverlässig erfüllen zu können. Es dauerte, ehe sich die täglichen Dehnübungen bezahlt machten und die Muskulatur wieder in den gewünschten Bahnen arbeitete. „Es war nicht einfach, mitten in der Saison den Weg zurückzufinden, aber das Bewältigen einer derartigen Hürde macht einen dann auch mental stärker für die Aufgaben.“

Gut aufgehoben fühlt sich der Profi in seinem Team allemal. Freundschaften wurden bereits geschlossen. „Kein Wunder, man verbringt mit den Jungs ja mehr Zeit als mit Freunden und der Familie zuhause.“ Die Teamsprache sei dank seiner Person Englisch, „wobei sich meine polnischen Sprachkenntnisse auch zwangsläufig verbessert haben“, lächelt der 26-Jährige. Mit Teammanager Wieslaw Ciasnocha kann sich Roithmeier auf Deutsch austauschen. Dieser Umstand mache vieles deutlich unkomplizierter.

Neben Reisen, Training, Wettkampf und Regeneration schafft sich der Radsportler mit dem Vorantreiben seines Lehramtsstudiums ein zweites berufliches Standbein. Beim Spagat zwischen Rennradsport und Studium könne er auf die volle Unterstützung seiner Familie und seiner Lebensgefährtin zählen. „Ohne diesen Rückhalt und das Verständnis könnte ich den professionellen Radsport nicht betreiben“, so Roithmeier, der auch im kommenden Jahr für Wibatech in die Pedale steigen wird und sich bereits auf die nächste Saison vorbereitet.

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