Fussball
Der Langquaider „Doc“ kickt bei der WM

Alexander Röhrl (30) reist mit Deutschlands Ärzte-Nationalteam nach Mexiko. „Mediziner hauen sich mit allen Mitteln rein.“

01.06.2019 | Stand 16.09.2023, 5:42 Uhr

Alexander Röhrl (in schwarz) spielte schon zwei Ärzte-Weltmeisterschaften, im Bild nimmt er es mit Argentiniens Dottores auf. Foto: Röhrl

Das Tor hütet ein Doktor für plastische Chirurgie, in der Verteidigung steht ein Gynäkologe namens „Aufschneider“. Kalauer könnte man reißen, aber es ist keine Spaßtruppe – es handelt sich um die deutsche Fußball-Ärztemannschaft. Zu ihr zählt auch der Langquaider Bezirksliga-Kicker Dr. Alexander Röhrl. Ende Juni reist die Nationalelf zur WM nach Mexiko. „Wir wollen Weltmeister werden“, sagt „Doc“ Röhrl.

„Bei kickenden Ärzten geht’s am Flur zuerst auch um Fußball.“Alexander Röhrl

„Leidenschaft Fußball – von Ärzten empfohlen“: Den Leitspruch heften sich die Dottores ans Trikot. Röhrl, der aus Oberdeggenbach bei Schierling stammt, kann das nur unterstreichen: „Bei uns kickenden Ärzten geht’s am Flur auch zuerst um Fußball.“ Der 30-Jährige arbeitet am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Regensburg als Assistenzart für Unfallchirurgie und Orthopädie. „Die Nationalmannschaft“, sagt er, „ist ein hoch ambitioniertes Team. Da kann auch niemand verlieren, wir kämpfen mit allen Mitteln um den Erfolg.“

Mitspieler bis aus vierter Liga

Die Mitspieler haben Erfahrung bis in die vierte deutsche Liga. Bei den Doktoren Volker und Werner Krutsch scheinen Vereine wie 1. FC Nürnberg und VfB Stuttgart als Stationen auf, meist waren es die zweiten Mannschaften. „Das Schöne ist, dass der junge Mediziner neben einem Professor oder Chefarzt aufläuft. Am Platz gibt es keine Unterschiede“, erzählt der Langquaider Fußballer.

Ins Team rückte er durch zwei kickende Ärztekollegen. Mit Christopher Wittmann, der früher beim TSV Bad Abbach spielte, und Torwart Dr. Alexander Wiesenberg (BSC Woffenbach, FSV Prüfening) arbeitete Röhrl bei den Barmherzigen. „Vor zwei Jahren herrschte bei einem Turnier in Ingolstadt Engpass. Es gab ein paar Verletzte.“ Was auch Medizinern passieren kann. „Doc“ Röhrl half aus und gewann mit Deutschland diesen Transdanubia-Cup.

Nur wenig spät fuhr der Flügelspieler, der damals noch für den SV Ettenkofen kickte, mit zur WM 2017. „Leider haben wir es nicht ins Play-off geschafft. Am Ende blieb der neunte Platz unter 24 Nationalteams.“ Im Jahr 2013 war Deutschland Weltmeister geworden. Die Turniere sind nicht Jux und Tollerei – seit 2004 besteht ein offizieller internationaler Verband, gegründet im Stadion des FC Barcelona.

Dialektgemisch in Innsbruck

Studiert hat Alex Röhrl im benachbarten Ausland. „Ich habe mein Medizinstudium in Innsbruck gemacht.“ Zu seinem Berufswunsch kam er als Zivi und durch eine Rettungsdienstausbildung. In den Alpen gefiel es dem Freizeit-Mountainbiker prächtig. „Ich hatte viele österreichische Freunde. Das Gemisch im Studium aus Tirolern, Südtirolern und Deutschen gab schon einige tolle Dialekte“, lacht Röhrl.

Mit dem „Tor des Monats April“ in Bayern empfiehlt sich Röhrl auch für die Ärzte-WM:

Seinen Fußball-Mannschaften in der Heimat, TV Schierling (ab der B-Jugend), dann Ettenkofen, blieb er treu. „Ich habe für mich selbst trainiert oder mit anderen Studenten gekickt. Am Wochenende bin ich zu den Spielen nach Hause gefahren.“ Unvergessen bleibt ihm die Bezirksoberliga-Saison 2008/09 mit Schierling, die den Landesliga-Aufstieg brachte. Im letzten und entscheidenden Spiel gegen die SpVgg Lam erzielte der damalige Youngster den 3:2-Siegtreffer, die beiden anderen Tore machte Christian Brandl. „Die Erinnerung ist auch heute noch überragend.“

„Am Platz bin ich nicht Doktor, sondern Fußballer.“Alexander Röhrl

Wegen des Studiums in Innsbruck verzichtete Röhrl auf die Landesliga und wechselte nach Ettenkofen. Im Vorjahr erhielt er das Angebot aus Langquaid. „Ich kenne Kapitän Gerhard Dachs gut und er hat mich angesprochen.“ Mit 26 Einsätzen wurde er Stammkraft, die Saison selbst war „ein Drama. Wir waren mal ganz vorne, dann ging überhaupt nichts mehr. Zum Schluss haben wir uns wieder gefangen und vor dem Abstieg gerettet.“

In Langquaid trägt er den Spitznamen „Doc“. „Meine Mitspieler fragen bei kleineren Wehwehchen schon nach Tipps. Aber bei einer schlimmen Verletzung kann man am Platz auch nicht mehr machen als nötig.“ So konnte Röhrl die Erstversorgung leisten, als sich Keeper Slobodan Arsic im Herbst das Kreuzband riss. „Aber ich laufe da nicht als allwissender Arzt herum. Beim TSV und in der Ärztenationalelf bin ich Fußballer, kein Doktor.“ Im April gewann Röhrl die Wahl zum „Tor des Monats“ in Bayern. Die Auszeichnung erhielt er live im BR-Fernsehen. „Da geht’s wegen Schminken und Umbauten ganz schön rund, wenn der Zuschauer zu Hause Einspielerfilme sieht.“

Spieltermin versus Dienstplan

Abseits von Turnieren – „wir spielen auch gerne bei Benefizaktionen“ – können sich die Mediziner wegen ihrer unterschiedlichen Dienste nur selten treffen. Im März stand ein Trainingslager an. „Wir haben einen Kader von über 20 Mann, neue Spieler kommen meist über Mundpropaganda.“

In drei Jahren will Röhrl seine Facharzt-Ausbildung abschließen. „Es wird immer schwieriger, das Kicken und den Beruf unter einen Hut zu bringen.“ Schicht- und Wochenenddienste zerreißen die Tage des in Regensburger lebenden Laabertalers. „Wenn ich den Spielplan kriege, schaue ich so früh wie möglich, dass ich im Dienstplan freie Wochenenden eintrage. Aber mindestens einmal im Monat bin ich dran.“ Nachtschichten von 15.30 bis 8 Uhr am nächsten Morgen zehren. „Aber ich liebe meinen Job, den Kontakt mit den Patienten. Leider nimmt der Bürokratiewust immer mehr zu.“

Um mal alles abzustreifen, geht Röhrl nach der Arbeit gern zum Joggen. „Kurze, schnelle Einheiten, das haut alles raus.“ Auf dem Rasen wird er wegen seines Speeds und seiner Kondition geschätzt. Auf die Ärzte-WM freut er sich schon. „Am 27. Juni fliege ich mit meiner Freundin von Frankfurt nach Cancún.“ Chris Wittmann muss allerdings wegen Terminproblemen verzichten.

Das Ziel ist klar: „Die Krönung wäre der WM-Titel. Ich bin gespannt, wie die Mexikaner die WM aufziehen. Vor jedem Spiel wird die Deutschland-Hymne gespielt, das ist schon erhebend“, sagt Röhrl. Das Finale steigt am 6. Juli. Amtierender Weltmeister ist Großbritannien. Vielleicht finden die deutschen Ärzte das passende Rezept.

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