Bogenschießen
Bogenschießen ist viel mehr als einfach loslassen

11.06.2022 | Stand 15.09.2023, 4:45 Uhr
Dagmar Fuhrmann
Die MZ-Reporterin Dagmar Fuhrmann griff zum Bogen. −Foto: Fuhrmann

Auf die Atmung kommt es beim Schießen an, klar. Viel entscheidender ist aber die Spannung – das hat MZ-Reporterin Dagmar Fuhrmann im Training bei den Bogenschützen Neumarkt erfahren dürfen.

Schon beim vierten Schuss spürt man, dass es da irgendwelche Muskeln zwischen den Rippen geben muss, von deren Existenz man bisher noch gar nichts wusste. Nur vier Mal den Bogen gespannt und schon zwickt es irgendwo im Oberkörper.

Einblicke ins Bogenschießen

Die Bogenschützen Neumarkt haben der MZ-Reporterin die Gelegenheit gegeben, einen kleinen Einblick in den Bogensport zu nehmen und ein paar Schüsse auf eine Anfängerscheibe abzugeben.

Die Vorsitzende des Vereins, Andrea Lerzer, kennt selbstverständlich alle Vorurteile, die den Bogensport begleiten. Manche Eltern denken, wenn ihre Kinder keine Lust zum Schwimmen, Laufen oder auf Ballsportarten haben, dann sollten sie wenigstens zum Bogenschießen gehen, damit sie irgendeinen Sport machen, so ihre Erfahrung.

Anfänger merken aber schnell, dass Bogenschießen ein höchst anspruchsvoller Sport ist und es alles andere als einfach ist, den Bogen zu spannen und wieder loszulassen.

Verbindung zwischen Körper und Geist

Es geht um die Verbindung zwischen Körper und Geist und es geht sehr viel um Spannung. Und es geht vor allen Dingen darum, die richtige Bewegung immer reproduzieren zu können. Dieser eigentlich harmlos klingende Anspruch bekommt eine andere Dimension, wenn man weiß, „dass noch kein Mensch auf der Welt je die maximale Ringzahl geschossen hat.“

Unter den Schützen, die an diesem Nachmittag auf der Anlage in der Habersmühle Bogen um Bogen spannen und die Pfeile losschicken, befinden sich neben den Fortgeschrittenen auch Norbert Hirsch und Robert Dütsch.

Anfänger an den Bögen

Die beiden haben gerade erst den Anfängerkurs absolviert und schießen seit einer Woche mit einem Leihbogen. Norbert Dütsch betreibt bereits eine andere Sportart, die sich von ihrem Wesen her mit Bogenschießen entfernt vergleichen lässt. Er spielt Billard, auch da gehe es darum, die immer gleichen Bewegungen abrufen zu können. Beide Sportarten hätten viel mit dem Kopf zu tun.

Ebenso wie Norbert Hirsch sitzen beide den ganzen Tag am Schreibtisch und sehen den Bogensport an der frischen Luft als den perfekten Ausgleich an. Dütsch hat sich nach einem Schnupperkurs in der Arbeit für den Bogensport entschieden.

„Außerdem trifft man hier in der Habersmühle immer nette Menschen.“ Beide haben sich entschieden, Mitglied zu werden und weiter zu trainieren. Irgendwann werden sie sich sicher ihr eigenes Equipment anschaffen und von Schuss zu Schuss besser werden.

Die Anfängerscheibe in zehn Metern Entfernung treffen sie bereits sicher. Ein einziger Schuss sei bisher daneben gegangen, seit er den Anfängerkurs absolviert hat, freut sich „Jungschütze“ Norbert Hirsch.

Wenn die beiden dann irgendwann ihre insgesamt 500 bis 1000 Schüsse absolviert haben, kann man sie allmählich zu den Fortgeschrittenen unter den Bogenschützen zählen, und irgendwann haben sie dann vielleicht die Fähigkeit in der zweiten Mannschaft der Neumarkter in der Regionalliga oder sogar in der ersten Mannschaft in der Bundesliga mitzuschießen.

Beim Gespräch Andrea Lerzer kommt die Sprache immer wieder auf das Thema „Spannung“. Um erfolgreich zu schießen, brauchen sowohl der Körper als auch der Geist eine gewisse Spannung.

Der Körper, um den doch erheblichen Kräften des Bogens beim Entspannen der Sehne standzuhalten und der Geist, um das Ziel zu fokussieren. Daher hat man es als Bogenschütze vor allem mit sich selbst zu tun – und das ist die größte Herausforderung.

Der Kopf könne einem dabei ganz schön in die Quere kommen. In dem Moment, in dem man anfängt, darüber nachzudenken, ob man beispielsweise beim Schießen den Atem anhalten solle, sei es vorbei und es klappe meistens nichts mehr.

Bogenschießen ist keine Frage des Alters oder des Gesundheitszustandes. Und so trainieren in der Habersmühle Zehnjährige und ein über 80-Jähriger. Insgesamt verfügt der Verein über 50 aktive Schützen, sie trainieren zwei- bis dreimal in der Woche, im Sommer draußen und im Winter in der Halle.

Sieben Kilometer gegangen

Wer übrigens denkt, dass man sich beim Bogenschießen nicht viel bewegt, der wird ebenfalls eines Besseren belehrt. Da die Pfeile nicht von alleine zurückkommen, müssen sie geholt werden. Und so läuft man in einem Wettkampf immerhin sieben Kilometer, die Scheiben sind schließlich 60 Meter entfernt und man bewegt drei Tonnen Gewicht.

Pfeile, die daneben gegangen sind, werden von allen Schützen gemeinsam gesucht, natürlich herrscht in diesem Moment aus Sicherheitsgründen absolutes Schießverbot. Außerdem kostet ein Pfeil ungefähr 30 Euro, den gibt man nicht einfach auf.

Und natürlich müssen auch die ersten beiden Pfeile, den die Reporterin abgeschossen hat, gesucht werden. Einer ist spektakulär in einer Baumrinde gelandet, der andere irgendwo. Beim dritten und vierten Schuss war der Reporterin klar, dass man durch das Visier des Bogens schauen muss, und die Pfeile trafen immerhin das große Styropor- Viereck.